EZB-Untersuchung

Einfluss der Märkte auf die US-Konjunktur nimmt ab

Sinkende Aktienkurse dämpfen den Konsum und die Investitionen. Dadurch verschlechtern sie auch die Konjunktur. Doch in Phasen mit Überbewertungen – wie derzeit – fällt dieser Effekt geringer aus.

Einfluss der Märkte auf die US-Konjunktur nimmt ab

Sinkender Einfluss der Finanzmärkte

Geringere Effekte auf die Konjunktur wegen hoher Bewertungen

mpi Frankfurt

Empirische Analysen zeigen, dass sich die Finanzkonditionen schwächer auf die wirtschaftliche Aktivität auswirken, wenn die Aktienmärkte hoch bewertet sind. Die EZB hat in einer Studie die aktuelle Lage in den USA untersucht. Die Autoren stellen fest, dass sich die Finanzkonditionen in den Vereinigten Staaten seit Ende Februar verschärft haben. Hauptursache dafür ist die gestiegene Unsicherheit durch die Zollpolitik des US-Präsidenten und die dadurch höhere Wahrscheinlichkeit eines konjunkturellen Einbruchs in den USA. In der Folge haben sich Investoren von risikoreichen Anlagen getrennt.

Eine solche Entwicklung wirkt sich negativ auf die Konjunktur aus. „Die Aktienmärkte spielen eine wichtige Rolle bei der Entscheidungsfindung von Haushalten und Unternehmen“, schreiben die EZB-Autoren. Niedrigere Aktienkurse wirken sich auf die Altersvorsorge der Arbeitnehmer in den USA aus, die einen gewichtigen Anteil ihrer späteren Rente über Investments an den Kapitalmärkten decken. Schlechtere Kurse können daher zu einer höheren Sparrate und damit einem geringeren Konsum führen. „Für börsennotierte Unternehmen können niedrigere Aktienkurse die Kosten für die Eigenkapitalfinanzierung erhöhen, sodass es für sie schwieriger wird, zu investieren und zu expandieren.“

Deutlich über dem Schnitt

Die US-Aktienkurse sind jedoch nach Ansicht der Studienautoren weiterhin auf einem Niveau, das Bedenken hinsichtlich einer Überbewertung aufkommen lässt. Deshalb verglichen sie die Lage mit den historischen Durchschnitten. Das zyklusbereinigte Kurs-Gewinn-Verhältnis (CAPE) beim S&P 500 ist nach den Kursrückgängen von 36 auf 34 gefallen. Dies ist zwar weit vom Allzeithoch von 44 entfernt, liegt jedoch deutlich über dem langjährigen Schnitt. Genau gesagt liegt es weiterhin über dem 75. Perzentil. Das bedeutet, dass über 75% aller historischen Werte unter dem jetzigen Niveau liegen.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die negativen Auswirkungen einer Straffung der Finanzkonditionen auf die US-Konjunktur deutlich schwächer ausfallen, wenn die Aktienmärkte über dem 75. Perzentil liegen, obwohl diese Schätzungen mit erheblicher Unsicherheit behaftet sind“, heißt es in der EZB-Studie.

Kontext berücksichtigen

Weshalb dies so ist, haben die Autoren nicht wissenschaftlich untersucht. Sie stellen jedoch Mutmaßungen an. So könnte dies daran liegen, dass in Zeiten mit Überbewertungen, Kursrückgänge verstärkt einkommensstarke Haushalte treffen. Diese reagieren wegen ihrer guten finanziellen Situation bei Konsumentscheidungen weniger sensitiv auf Marktbewegungen. Ein anderer Grund könnte sein, dass eine Handvoll Firmen die Kurse beim S&P 500 dominiert. Die Kursentwicklung des Indexes sei daher für die Gesamtwirtschaft nicht repräsentativ.

Den Notenbankern raten die Studienautoren, die Entwicklung der Finanzkonditionen nicht automatisiert in ihre Modelle und Entscheidungen einfließen zu lassen. Vielmehr brauche es eine Analyse des wirtschaftlichen Kontexts. Nur so können die Signale für die Konjunktur und damit auch die Inflation richtig eingeordnet werden.