Konjunktur

Einzelhandel verzeichnet sattes Minus

Der private Konsum hat die deutsche Wirtschaft zuletzt angetrieben und gilt auch perspektivisch als wichtige Konjunkturstütze. Neue Einzelhandelsdaten dämpfen nun zumindest ein wenig die Zuversicht.

Einzelhandel verzeichnet sattes Minus

ms Frankfurt

Die Einzelhändler in Deutschland haben im Juli einen unerwarteten Umsatzeinbruch erlitten. Ihre Einnahmen fielen preisbereinigt um 5,1% niedriger aus als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Dienstag mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem leichten Rückgang um 0,9% gerechnet. Destatis selbst relativierte das starke Minus zwar mit Verweis auf den dank Corona-Lockerungen umsatzstarken Juni. Trotzdem könnten die Zahlen Konjunktursorgen nähren – zumal der private Konsum bislang und perspektivisch als wichtige Stütze gilt.

In den vergangenen Wochen sind zunehmend Befürchtungen über ei­ne deutliche Verlangsamung der Wirt­schaftsaktivität in Deutschland und Euroland insgesamt aufgekommen. Grund dafür sind zum einen die wieder steigenden Corona-Infektionszahlen sowie die Probleme in den globalen Lieferketten, etwa bei Halbleitern für die Autoindustrie. Das trifft insbesondere die deutsche Wirtschaft hart. Hinzu kommt, dass Chinas Wirtschaft als globale Konjunkturlokomotive an Schwung verliert.

Der Konsum steht dabei nun im besonderen Fokus, weil vor allem die steigende Konsumlust die deutsche Wirtschaft im Frühjahr angetrieben hatte und der private Verbrauch als Hoffnungsträger gilt. Im zweiten Quartal hatten die privaten Haushalte 3,2% mehr ausgegeben als im ersten Quartal. Das lag insbesondere an den seit Mai zunehmenden Lockerungen der Corona-Eindämmungsmaßnahmen. Die Haushalte trugen damit entscheidend zum Wachstum von 1,6% im zweiten Quartal bei.

Die neuen Einzelhandelsdaten dämpfen nun ein wenig die Zuversicht. „Nach zwei fetten Monaten haben die Verbraucher nun den Fuß vom Gaspedal genommen“, sagte Alexander Krüger, Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe. Im Juni hatten die deutschen Einzelhändler bei ihren Umsätzen noch ein kräftiges Wachstum von 4,5% und im Mai von 4,6% verzeichnet. Destatis selbst hob in seiner Mitteilung aber hervor, dass beim Vormonatsvergleich zu beachten sei, „dass der Juni 2021 aufgrund der bundesweit damals noch sinkenden Corona-Inzidenz und der Aufhebung der ,Bundesnotbremse‘ ein umsatzstarker Monat war“.

Trotzdem überwiegt bislang die Hoffnung, dass der Konsum auch im dritten Quartal und danach zum Wachstum beitragen wird. Die Hoffnung gründet sich unter anderem auf die Tatsache, dass sich in der Coronakrise viel Konsum aufgestaut hat. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) etwa schätzt, dass der Konsum 2020 um 100 bis 150 Mrd. Euro niedriger ausgefallen ist, als es ohne Pandemie der Fall gewesen wäre. Zu­gleich spricht die anhaltende Erholung am Arbeitsmarkt dafür, dass der Konsum die Konjunktur weiter stützen wird. Als Belastung könnte sich dagegen erweisen, dass die Inflation stark anzieht und längst etwaige Lohnsteigerungen mehr als aufzehrt.

Die Kauflaune der Deutschen hat sich zuletzt weiter eingetrübt. Wie das Nürnberger GfK-Institut vergangene Woche mitgeteilt hatte, sank der entsprechende Konsumklimaindex von –0,4 Punkten im August auf –1,2 Punkte im September.

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