Konjunktur

Ende der deutschen Export-Herrlichkeit

Zuletzt hatten die Ausfuhren der deutschen Unternehmen nur noch dank höherer Preise zugelegt – auch damit ist es vorbei: Die Exporte gingen im August deutlich zurück. Die Industrie steht vor einem schwierigen Herbst.

Ende der deutschen Export-Herrlichkeit

rec Frankfurt

Die Erfolgsserie der deutschen Exporteure ist gerissen. Im August gingen ihre Umsätze im Außenhandel dem Statistischen Bundesamt (Destatis) zufolge um 1,2% zum Vormonat zurück. Seit Mai 2020 hatten sie 15 Monate am Stück Zuwächse verzeichnet. Gravierende Engpässe bei Rohstoffen und Vorprodukten sowie anhaltende Logistikprobleme schlagen somit nun auch auf den deutschen Außenhandel durch, der bislang – anders als im Zuge der Weltfinanzkrise 2008/09 – als Treiber der konjunkturellen Erholung gilt. Die Industrie stellt sich auf schwierige Herbstmonate ein.

Bereits in den vergangenen Monaten hatte sich das Exportgeschäft abgeschwächt. Zuletzt legten die Ausfuhren nur noch dem Wert nach zu, nicht aber hinsichtlich des Gütervolumens. Die Exportserie hielt also nur, weil die Exporteure höhere Preise durchsetzen konnten. Trotzdem hatten von Reuters befragte Ökonomen im Durchschnitt mit einem weiteren Plus von 0,5% gerechnet. „Nun scheint auch der Exportmotor ins Stocken zu geraten“, konstatierte Alexander Krüger, Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe.

Die Aussichten für den Rest des Jahres sind durchwachsen. Noch Ende September schienen steigende Exporterwartungen darauf hinzudeuten, dass sich die Stimmung wieder aufhellt. Das Ifo-Institut bemerkte, die Exportindustrie zeige sich „überraschend robust gegenüber der Beschaffungskrise bei Rohstoffen und Vorprodukten“. Nahezu alle Branchen, allen voran die Autoindustrie, rechneten auf Sicht der nächsten drei Monate mit steigenden Auslandsumsätzen. Auch aus dem Welthandel kommen grundsätzlich ermutigende Signale: Die Welthandelsorganisation (WTO) hat jüngst ihre Prognose für den weltweiten Warenverkehr für dieses und das kommende Jahr nach oben geschraubt. Den WTO-Ökonomen zufolge gibt es Anzeichen, dass sich die Lieferkettenprobleme nicht weiter verschärfen (siehe BZ vom 5. Oktober).

Im Kontrast dazu steht die Entwicklung bei den Auftragseingängen. Im verarbeitenden Gewerbe gingen laut Destatis im August 9,5% weniger Bestellungen aus dem Ausland ein. Dabei sticht der Einbruch um –15,2% bei Bestellungen von außerhalb der Eurozone heraus. Zudem stellen sich deutsche Unternehmen mit Auslandsgeschäft laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) mehrheitlich darauf ein, dass sich die Lieferkettenprobleme bis ins nächste Jahr ziehen werden.

Merklich zurückhaltend fiel nach den Exportzahlen für August die Reaktion des Industrieverbands BDI aus. „Die deutsche Wirtschaft muss sich auf einen schwierigen Herbst einstellen“, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. „Probleme in globalen Lieferketten, hohe Logistikkosten und ungeklärte Handelsstreitigkeiten verdunkeln den Konjunkturhimmel und haben in der Folge massive Auswirkungen auf die Exporte.“ Die Lage bleibe angespannt, hieß es beim Außenhandelsverband BGA. Deka-Volkswirt Andreas Scheuerle wies einmal mehr darauf hin, dass die Exportherrlichkeit schon seit Monaten mit Vorsicht zu genießen ist: „Die preisbereinigte Ausfuhr sank seit Februar nahezu ununterbrochen.“

Insgesamt setzten die Exporteure im August Waren im Wert von 104,4 Mrd. Euro ab. Verglichen mit August 2020 ist das eine Zunahme von 14,4%. Dabei wuchsen die Ausfuhren zum wichtigsten Exportkunden USA um 22,4% auf 9,4 Mrd. Euro, während die Ausfuhren nach China um 4,4% auf 7,6 Mrd. Euro zulegten. Das Auslandsgeschäft mit den EU-Ländern legte 15,7% auf 55,7 Mrd. Euro zu.