Handelsstreit

EU bereit zu Milliarden-Einkäufen in den USA

EU-Chefunterhändler Maroš Šefčovič bringt in einem Interview 50 Mrd. Euro umfassende Einkäufe von LNG-Gas und Soja in den USA ins Gespräch, um für Bewegung im Zollstreit zu sorgen.

EU bereit zu Milliarden-Einkäufen in den USA

EU bereit zu Milliarden-Einkäufen in USA

Chefunterhändler bringt im Zollstreit 50 Mrd. Euro schwere Importe ins Gespräch

fed Frankfurt

Die EU bemüht sich darum, Bewegung in die Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten zu bringen. Der Chefunterhändler, EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič, hat in einem Interview der „Financial Times“ die Bereitschaft bekräftigt, dass die Europäische Union mehr Waren aus den Vereinigten Staaten importiert − auch um das US-Handelsbilanzdefizit gegenüber Europa zu reduzieren. Dieses Minus, das bezogen auf den Warenverkehr in den vergangenen Jahren zwischen 150 Mrd. und 200 Mrd. Euro lag, wird von der US-Administration häufig in den Mittelpunkt gerückt, wenn es um die Rechtfertigung von Strafzöllen geht.

Rechnung mit Dienstleistungen

Gegenüber seinen Ansprechpartnern auf amerikanischer Seite, nämlich dem Handelsbeauftragten Jamieson Greer und Handelsminister Howard Lutnick, rechne er gerne vor, dass das Handelsbilanzdefizit auf 50 Mrd. Euro sinke, wenn die Dienstleistungsexporte amerikanischer Unternehmen in die Europäische Union mitberücksichtigt werden, also vor allem die Dienstleistungen der Tech-Riesen. „Wenn das Defizit 50 Mrd. Euro beträgt, können wir dieses Problem meiner Meinung nach sehr schnell durch den Kauf von Flüssiggas, landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Sojabohnen oder in anderen Bereichen lösen“, wird Šefčovič von der „Financial Times“ zitiert.

Kein offizielles Angebot

Ein Sprecher der EU-Kommission war am Freitag bemüht, klarzustellen, dass die EU kein offizielles Angebot für 50 Mrd. Euro schwere Käufe auf den Tisch gelegt habe. Vielmehr gehe es lediglich darum, der Gegenseite zu signalisieren, dass die EU erhebliche Spielräume sehe, um zu einer Verhandlungslösung im Zollstreit zu kommen − denn das sei nach wie vor oberstes Ziel. Dazu zähle zum einen die von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen vorgetragene Offerte, gegenseitig komplett auf Zölle zu verzichten − das so genannte Zero-for-zero-Angebot, aber eben auch die Ankündigung von großvolumigen Einkäufen amerikanischer Waren.

Experten zweifeln Zahlen an

Experten hatten in den vergangenen Wochen Zweifel zum Ausdruck gebracht, ob die EU tatsächlich durch die Steigerung der Käufe von US-Waren das Handelsbilanzdefizit tatsächlich signifikant verringern könne. So gehen Fachleute davon aus, dass der Bedarf Europas an LNG-Gas nicht über ein Volumen von 10 Mrd. Euro hinausreichen würde.

Der EU-Handelskommissar deutete im Interview an, dass es „gewisse Fortschritte“ in den Verhandlungen gebe. Der Sprecher der EU-Kommission wollte dazu keine Stellung nehmen. Die EU-Behörde werde zu gegebener Zeit über Fortschritte berichten, aber die Verhandlungen nicht täglich kommentieren.

Noch knapp 70 Tage

US-Präsident Donald Trump hatte Anfang April einen zusätzlichen Mindestzoll von 10% für fast alle Staaten der Welt und darüber hinaus sogenannte reziproke Zölle für einzelne Handelspartner angekündigt, darunter 20% für die Europäische Union. Gut eine Woche später folgte die Kehrtwende gegenüber der EU. Beide Partner nahmen sich vor, binnen 90 Tagen eine Lösung auf dem Verhandlungsweg zu finden. Nun sind noch knapp 70 Tage Zeit, um zu einem Ergebnis zu kommen.

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