Bund und Länder verweigern Lagebild zu öffentlichen Defiziten
Bund und Länder verweigern Lagebild zu öffentlichen Defiziten
Stabilitätsrat tagt ohne Zahlen – Scharfe Kritik des Beirats
wf Berlin
Der Stabilitätsrat von Bund und Ländern hat turnusgemäß getagt, aber erneut keine Vorausschätzung für die deutschen Staatsfinanzen vorgelegt. Damit konnte das Gremium auch nicht prüfen, ob die Grenzen für das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit gemäß den EU-Vorgaben eingehalten werden. Der unabhängige Beirat des Stabilitätsrats kritisiert dies mit deutlichen Worten.
Seit 2023 ist die nationalen Überwachung von Staatsfinanzen und Schuldenregeln demnach faktisch ausgesetzt. Der Stabilitätsrat aus den Finanzministern von Bund und Ländern komme seiner Aufgabe nicht mehr regelgerecht nach, moniert der Beirat. Der Beirat umfasst neun Personen unter Vorsitz des Ökonomen Thies Büttner, darunter fünf Wissenschaftler sowie Vertreter aus Rentenversicherung, Landkreistag und Bundesbank. Der Beirat war etabliert worden, um als unabhängiges Gremium den Stabilitätsrat zu kontrollieren.
Etat-Beschluss Ende Juni
Bund und Länder wollen ihre Stellungnahme zu den EU-Fiskalregeln nachholen, sobald die Voraussetzungen vorlägen, kündigten sie in Berlin an. Am 24. Juni will das Bundeskabinett den Etat 2025 sowie den Finanzplan bis 2029 und das Errichtungsgesetz für das Infrastruktur-Sondervermögen beschließen. Der Beirat fordert indessen eine Vorausschätzung der Staatsfinanzen auch bei unsicherer fiskalischer Entwicklung ein. Wegen der vorgezogenen Bundestagswahl hatte Deutschland in Brüssel mehr Zeit erwirkt, um den sogenannten finanzpolitisch-strukturellen Plan nach dem Stabilitätspakt vorlegen zu können. Einig sind sich Bund und Länder, dass die nationale Ausweichklausel für Verteidigungsausgaben aktiviert werden soll. Damit werden Verteidigungsausgaben bei der Defizitberechnung ausgeklammert.
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) sagte, Bund und Länder seien sich einig, mit Krediten aus dem Infrastruktur-Sondervermögen Investitionen anzukurbeln. Mit Blick auf die Steuerentlastung von Unternehmen warnte Nordrhein-Westfalens Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) den Bund, die Finanzierung dürfe nicht zu Lasten von Ländern und Kommunen gehen.