Geringere Lkw-Dichte signalisiert Produktionsschwäche
Lkw-Zählung signalisiert Produktionsflaute
Verkehr sinkt um 0,8 Prozent – Deutschland Nummer 2 im europäischen Straßengüterverkehr
ba Frankfurt
Zur Jahresmitte waren wieder etwas weniger Lkw auf den deutschen Autobahnen unterwegs. Zusammen mit den schwächelnden Auftragseingängen und Industrieumsätzen lässt das auf eine rückläufige Produktion schließen. Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) waren kalender- und saisonbereinigt 0,8% weniger mautpflichtige Lastkraftwagen mit mindestens vier Achsen auf Bundesautobahnen unterwegs. Im Vergleich zum Vorjahr melden die Statistiker einen kalenderbereinigten Rückgang um 1,1%. Experten haben trotz sich aufhellender Stimmungsindikatoren schon mit dem zweiten Quartal abgeschlossen: Es wird nicht an den unerwartet guten Jahresstart anschließen können, als das BIP um 0,4% zugelegt hatte.
Negatives Signal
Da wirtschaftliche Aktivität Verkehrsleistungen erzeugt und benötigt, wie die Statistiker betonen, besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Lkw-Maut-Fahrleistungsindex und Indizes zur wirtschaftlichen Aktivität − vor allem mit der Industrieproduktion. Da die Lkw-Maut-Fahrleistungsdaten etwa einen Monat früher verfügbar sind als die zur Produktion, gelten sie als ein Vorbote für den Konjunkturverlauf.
Stimmungsindikatoren wie das Ifo-Geschäftsklima, der Einkaufsmanagerindex (PMI) oder die Konjunkturerwartungen von ZEW und Sentix hatten jüngst die Hoffnung auf eine Erholung der größten Euro-Volkswirtschaft geschürt. Die US-Zölle hängen aber wie ein Damoklesschwert über der hiesigen Wirtschaft. US-Präsident Donald Trump hat die Verhandlungsfrist für die EU auf den 1. August verschoben.
Im Mai hatten die harten Daten noch kein eindeutiges Konjunkturbild gezeigt: Die Produktion stieg um 1,2% im Monatsvergleich – ein krasser Widerspruch zu den Industrieumsätzen, die 1,1% nachgaben, wie Andreas Scheuerle von der DekaBank schreibt. Die Auftragseingänge zeigten sich nach einem guten Vormonat schwach – sie gaben um 1,4% nach. Ohne die volatilen Großaufträge kamein noch größeres Minus von 3,1% heraus. Dabei zeigte sich das Ausland bestellfreudig, die Inlandsbestellungen erwiesen sich als noch geringer als während des Coronoa-Lockdowns. Bautätigkeit und Exporte gingen ebenfalls zurück. Aus dem zweiten Umsatzminus der Einzelhändler lässt sich die anhaltende Kaufzurückhaltung der Verbraucher ablesen.
Ifo warnt vor Vertrauensverlust
Neben der US-Handelspolitik würde die Konjunktur auch gedämpft, wenn die Bundesregierung Privathaushalte und Teile der Wirtschaft von der Senkung der Stromsteuer ausnimmt – wenn auch nur in begrenztem Umfang, wie das Ifo Institut berechnet hat. „Kommt die Stromsteuersenkung für die privaten Haushalte nicht, fällt eine Entlastung von gut 5 Mrd. Euro weg, die nach unserer Schätzung die BIP-Wachstumsrate in diesem und im kommenden Jahr um insgesamt 0,1 Prozentpunkte senken wird“, sagt Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Schwerer zu beziffern seien die Wachstumseinbußen, die sich aus dem verspielten Vertrauen ergeben.
Dass sich die Stimmung bei Verbrauchern und Unternehmern zuletzt verbessert hat und ihre Unsicherheit gesunken ist, dürfte auch mit der Hoffnung auf eine zeitnahe Umsetzung der im Koalitionsvertrag angekündigten Maßnahmen verbunden gewesen sein. „Werden diese Erwartungen enttäuscht und nimmt die Unsicherheit wieder zu, werden Haushalte und Unternehmen ihre Konsum- und Investitionsausgaben aufschieben“, so Wollmershäuser. Das dürfte die Konjunkturerholung zusätzlich dämpfen.
Nummer 2 im Straßengüterverkehr
Aus dem 2024 kaum veränderten Straßengüterverkehr lässt sich wenig herauslesen. Deutschland stand mit 281 Mrd. Tonnenkilometern bzw. 15% des EU-Gesamtvolumens nach Polen an Nummer zwei in Europa. Das europäische Statistikamt Eurostat weist für Spitzenreiter Polen insgesamt 368 Mrd. Tonnenkilometer aus, das entspricht 20% der Gesamtleistung.
Darauf folgen Spanien mit 272 Mrd. Tonnenkilometern (15%), Frankreich mit 174 Mrd. Tonnenkilometern (9%) und Italien mit 153 Mrd. Tonnenkilometern (8%). Damit decken diese fünf Länder 67% des gesamten Straßengüterverkehrs der EU ab. „Unter den kleineren Volkswirtschaften verzeichneten auch Tschechien (70 Mrd. Tonnenkilometer), Rumänien (67 Mrd. Tonnenkilometer), Litauen (66 Mrd. Tonnenkilometer) und die Niederlande (63 Mrd. Tonnenkilometer) bemerkenswerte Mengen“, betonten die Luxemburger Statistiker. In der gesamten EU legte der Straßengüterverkehr 2024 um 0,6% zum Vorjahr auf 1.869 Mrd. Tonnenkilometer zu. Im Jahr zuvor hatte sich noch ein Rückgang um 3,2% ergeben.
Die wichtigste Gütergruppe nach Tonnenkilometern, die 2024 auf der Straße befördert wurden, war „Lebensmittel, Getränke und Tabakwaren“ mit 312,2 Mrd. Tonnenkilometern. Unter Tonnenkilometer versteht man die Beförderung einer Tonne Güter (einschließlich Verpackung und Leergewicht intermodaler Transporteinheiten) mit einem bestimmten Verkehrsträger (Straße, Schiene, Luft, See, Binnenwasserstraßen, Pipeline usw.) über eine Entfernung über einen Kilometer.