Ampelkoalition

Große Ambitionen am Finanzmarkt

Start-ups und digitale Finanzdienstleister finden bei der neuen Ampelkoalition offene Türen für ihre Belange. Das neue Bündnis will auch den Kapitalmarkt stärker für die Altersvorsorge nutzen.

Große Ambitionen am Finanzmarkt

wf Berlin

Deutschland soll der führende Standort für Start-ups in Europa werden. Dies hat sich die neue Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP ihrem Koalitionsvertrag zufolge vorgenommen. Dazu werde der staatliche Zukunftsfonds den Wagniskapitalmarkt auch für institutionelle Investoren öffnen, versprechen die Ampelkoalitionäre. Die deutsche Finanzierungslandschaft soll über eine „flexible Modulausgestaltung“ gezielt ergänzt werden. Börsengänge und Kapitalerhöhungen sollen gerade auch für Wachstumsunternehmen und kleine und mittlere Unternehmen (KMU) erleichtert werden. Dafür will die Ampel Aktien mit unterschiedlichen Stimmrechten – Dual Class Shares – ermöglichen.

Bahn frei für Fintechs

Ein fast ebenso gestecktes Ziel formuliert die Ampel für digitale Finanzdienstleister. Auch für Fintechs, Insurtechs, Plattformen, NeoBroker und „alle weiteren Ideengeber“ soll Deutschland einer der führenden Standorte in Europa werden. Die Koalitionäre betonen Chancen neuer Technologien wie Blockchain. Für die Risiken wollen sie einen „angemessenen regulatorischen Rahmen“ schaffen. Fintechs können sich auf „effektive und zügige Genehmigungsverfahren“ freuen, wenn die Ampel Wort hält. Damit digitale Finanzdienstleistungen medienbruchfrei, also komplett digital funktionieren, will die neue Regierung einen neuen Rechtsrahmen schaffen. Die Option zur Emission elektronischer Wertpapiere, die in der vergangenen Legislaturperiode für Schuldverschreibungen eingeführt worden war, soll wie bisher schon geplant auf Aktien ausgeweitet werden.

Verstetigen will das Dreierbündnis die Strategie für nachhaltige Finanzierung. Der Sustainable-Finance-Beirat soll „als unabhängiges und effektives Gremium“ fortgeführt werden. Auch hier besteht der Anspruch, Deutschland „zum führenden Standort nachhaltiger Finanzierung“ zu machen und dabei dem „Leitbild der Finanzstabilität“ zu folgen. Nicht risikogerechte Eigenkapitalregeln lehnt die Koalition ab.

Enger reguliert werden sollen Schattenbanken. Den Hochfrequenzhandel will die Ampel durch „geeignete Marktregeln“ begrenzen. Nicht vorgesehen ist es, die provisionsbasierte Finanzberatung zu verbieten. Darüber war spekuliert worden. Die Reform der Finanzaufsicht BaFin soll vorangetrieben werden. Die Aufsicht über die freien Finanzvermittler wird nach diesem Koalitionsvertrag bei den Ländern bleiben. Dies gilt auch weitgehend für die Geldwäscheaufsicht, die nur bei „besonders finanzmarktnahen Verpflichteten“ auf die BaFin übertragen wird.

Schwung für Kapitaldeckung

Einen Schub für den Finanzmarkt könnten die Pläne in der Altersvorsorge auslösen. Die neue Ampelkoalition hat sich auf den Einstieg in die Kapitaldeckung bei der gesetzlichen Rentenversicherung verständigt. Die neue Aktienrente soll dafür als dauerhafter Fonds etabliert werden. Verwaltet wird das Vermögen den Plänen zufolge „professionell und seriös“ von einer unabhängigen öffentlich-rechtlichen Stelle.

Die Aktienrente ist ein Projekt der FDP. Ein Teil der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung soll in den Aufbau kapitalgedeckter Altersvorsorge fließen. Das Modell gilt Experten zufolge in der Aufbauzeit als sehr teuer, weil Beiträge in der Rentenkasse zur Zahlung im Umlagesystem an die aktuellen Rentner fehlen. Laut Koalitionsvertrag erhält die Deutsche Rentenversicherung bereits 2022 einen Kapitalstock von 10 Mrd. Euro aus Haushaltsmitteln, deren Finanzierung allerdings offen bleibt. Sie soll ihre Reserven reguliert am Kapitalmarkt anlegen können.

Die betriebliche Altersvorsorge soll ebenfalls gestärkt werde, indem sie für Anlageformen mit höheren Renditen geöffnet wird. In der privaten Altersvorsorge will die Ampel das bisherige System grundlegend reformieren. „Wir werden dazu das Angebot eines öffentlich verantworteten Fonds mit einem effektiven und kostengünstigen Angebot mit Abwahlmöglichkeit prüfen“, heißt es im Koalitionsvertrag. Geprüft werden soll auch die gesetzliche Anerkennung privater Anlageprodukte mit höheren Renditen als Riester. Untere Einkommensgruppen sollen über Anreize gefördert werden, in die Produkte einzusteigen. Für laufende Riester-Verträge gilt ein Bestandsschutz. Den Sparerpauschbetrag will die Ampel auf 1000 Euro (für Paare 2000 Euro) erhöhen.

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