Große Versprechen beim Investitionsgipfel
Große Versprechen beim Investitionsgipfel
Unternehmen bekennen sich zum Standort, fordern aber Reformen ein – Merz sieht „Signal für einen Stimmungswechsel“
Eine Initiative von gut 60 führenden deutschen Unternehmen hat im Kanzleramt in den kommenden Jahren 631 Mrd. Euro an Investitionen in den heimischen Standort versprochen. Im Gegenzug werden von der Bundesregierung rasche Reformen verlangt. Kanzler Friedrich Merz lobt den Vorstoß – doch es gibt auch Kritik.
Von Andreas Heitker, Berlin
Die Bundesregierung erhält bei ihrem Versuch, wieder mehr private Investitionen in Deutschland zu mobilisieren, Rückenwind von der branchenübergreifenden Initiative „Made for Germany“, zu der aktuell 61 der größten heimischen Konzerne gehören. Sie kündigten am Montag bei einem Gipfel im Bundeskanzleramt an, bis 2028 in Deutschland 631 Mrd. Euro investieren zu wollen. Die Summe umfasse sowohl bereits geplante als auch neue Kapitalinvestitionen, Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie Zusagen internationaler Investoren, hieß es.
Der Anteil wirklich neuer Projekte blieb unklar. Die Initiative sprach von deinem dreistelligen Milliardenbetrag an Neuinvestitionen. Für Bundeskanzler Friedrich Merz, der neben seinem Finanzminister Lars Klingbeil und seiner Wirtschaftsministerin Katherina Reiche an dem Gipfel teilnahm, war die Ankündigung dennoch ein „sehr kraftvolles Signal für einen Stimmungswechsel“. Der CDU-Chef sprach nach dem Treffen von der größten Investitionsinitiative der letzten Jahrzehnte in Deutschland. Er kündigte in Berlin an, sich in etwa einem halben Jahr wieder mit der Initiative zu einem Austausch treffen zu wollen.
Strukturreformen eingefordert
Die Unternehmer betonten die Attraktivität des deutschen Wirtschaftsstandortes, nachdem dieser zuletzt monatelang im Fokus der Kritik gestanden hatte. Auch internationale Kapitalgeber glaubten inzwischen fest an die Zukunftsfähigkeit des Landes, hieß es nun aber. Im Gegenzug forderten die Unternehmer von der Bundesregierung aber bessere Rahmenbedingungen ein. Nach den Gesprächen im Kanzleramt sei er aber zuversichtlich, dass die Koalition auch „mutige Strukturreformen“ angehe, betonte Siemens-CEO Roland Busch, einer der „Made for Germany“-Initiatoren.
Die Initiative präsentierte in Berlin Dutzende von „Leuchtturmprojekten“ ihrer Investitionsoffensive. Diese würden nicht nur Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaft voranbringen, sondern auch „eine positive Wirkung auf die Gesellschaft entfalten“, hieß es optimistisch.
Ökonomen kritisch
Ökonomen lobten zwar die Initiative der Großkonzerne, betonten aber auch den starken Werbecharakter der Aktion. Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts Clemens Fuest sprach von einem „guten Anschub für die Wirtschaft“, doch zweifelt er an der Nachhaltigkeit des Engagements: „Ist das jetzt nur ein Strohfeuer, das mit Staatsschulden finanziert wird, oder kommen da wirklich dauerhaft mehr Investitionen?“ Unklar sei zudem, ob es sich bei den Ankündigungen „wirklich um zusätzliche Investitionen“ handele, so Fuest.
Mittelstand nicht beachtet
Jens Boysen-Hogrefe, stellvertretender Leiter der Konjunkturforschung im Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW), kritisierte zudem, dass nur große Konzerne im Kanzleramt vertreten sind. „Zentral ist, dass der Staat den Impuls mitnimmt und sich weiter auf den Weg macht, die Standortqualität für Investitionen zu verbessern – auch gerade für Unternehmen, die nicht mit am Tisch sitzen.“ Für den Standort seien aber die vielen kleinen und mittleren Unternehmen wichtiger, die nicht am Tisch gesessen hätten.
Auch FDP-Chef Christian Dürr äußerte sich skeptisch und sprach von einer „wirtschaftspolitischen Kurzsichtigkeit“, dass ausgerechnet der Mittelstand im Kanzleramt fehlte. Wer die wirtschaftliche Lage im Land ernsthaft verbessern wolle, dürfe nicht nur für ein paar schöne Bilder über die Investitionen einiger großer Unternehmen sprechen, monierte er.