Konjunktur

Hohe Inflation wird zur Last für deutsche Wirtschaft

Die hohe Inflation in Deutschland droht sich immer mehr zu verfestigen – mit womöglich weitreichenden negativen Folgen für die Wirtschaft. Der Druck auf die EZB nimmt immer mehr zu.

Hohe Inflation wird zur Last für deutsche Wirtschaft

ms Frankfurt

Die hohe Inflation in Deutschland droht sich immer mehr zu verfestigen – mit womöglich weitreichenden negativen Folgen für die Wirtschaft. Das Statistische Bundesamt berichtete am Montag, dass die Erzeugerpreise als Frühindikator für die Inflation im Januar mit 25% so stark zugelegt haben wie nie seit 1949. Die Bundesbank prognostizierte zugleich zunehmenden Lohndruck in Deutschland. Und der Industrieverband BDI warnte vor der Abwanderung von Unternehmen wegen der hohen Energiepreise.

Die Inflation in Deutschland ist 2021 rasant angestiegen und hat auch Anfang 2022 nach oben überrascht – mit 5,1% gemessen am EU-Maßstab­ (HVPI). Lange Zeit wurde das nicht zuletzt von der Europäischen Zentralbank (EZB) als vorübergehend abgetan. Aber selbst die EZB hat dieses Bild inzwischen revidiert und steuert nun auf eine raschere Zinswende zu. Am Donnerstag treffen sich die Euro-Hüter erstmals seit langer Zeit wieder persönlich zu einem informellen Treffen (vgl. BZ vom 19. Februar). Auch die Politik in Deutschland steht unter großem Druck, für Entlastung zu sorgen.

Das Rekordhoch bei den Erzeugerpreisen im Januar zeugt nun von einem anhaltend extrem hohen Preisdruck auf den den Verbraucherpreisen vorgelagerten Stufen. Von Reuters befragte Ökonomen waren davon ausgegangen, dass der Wert auf dem Dezember-Niveau von 24,2% verharrt. Erneut verteuerte sich vor allem Energie erheblich, aber auch viele andere Güter kosteten deutlich mehr als noch vor einem Jahr. „Der Druck in der Inflationspipeline bleibt hoch“, sagte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. Die Commerzbank geht nun davon aus, dass sich die Teuerungsrate in Deutschland bis in den Herbst um die 5% bewegen wird. Im Jahresschnitt könnten es so mehr als 4% werden.

Die Bundesbank erklärte in ihrem am Montag veröffentlichten Monatsbericht Februar unterdessen, dass sich die Arbeitnehmer wegen der hohen Inflation einen größeren Schluck aus der Lohnpulle gönnen könnten. In der diesjährigen Tarifrunde für rund 8 Millionen Beschäftigte könne es „zu spürbar stärkeren Lohnabschlüssen“ kommen. Insbesondere bei einer einsetzenden Lohn-Preis-Spirale droht sich die aktuell sehr hohe Inflation dauerhaft zu verfestigen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund mahnt Bundesbankchef Joachim Nagel eine rasche Normalisierung der Geldpolitik an. Die EZB strebt mittelfristig 2% Inflation an.

Die deutsche Industrie rechnet auch zukünftig mit einer steigenden Belastung durch hohe Strom- und Gaspreise. „Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht“, sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm am Montag. „Die Lage ist so ernst, dass selbst standorttreue mittelständische Unternehmen aus diversen Branchen über eine Verlagerung ins Ausland nachdenken müssen.“ Der BDI stützt sich auf eine aktuelle Umfrage, an der 418 mittelständische Unternehmen verschiedener Größen, Regionen und industrieller Branchen teilnahmen. Demnach sehen in den gestiegenen Energiepreisen 65% eine starke und 23% sogar eine existenzielle Herausforderung.