Konjunktur

Industrie produziert nur unwesentlich weniger

Die deutsche Industrie startet mit nur einem schmalen Produktionsminus ins Schlussquartal. Die energieintensiven Branchen bremsen die Industrie, das milde Wetter verleiht dem Bau Schwung, und die Energiesparappelle zeigen Wirkung.

Industrie produziert nur unwesentlich weniger

ba Frankfurt

Die deutsche Industrie hat die Produktion im Oktober wesentlich weniger stark gedrosselt als erwartet. Ökonomen halten es daher nicht für ausgeschlossen, dass die Industrie im laufenden vierten Quartal positiv überraschen könnte und vor allem die globale Nachfrageschwäche und der maue Privatkonsum die Wirtschaft bremsen. Die Rezession gilt dennoch weiterhin nicht als abgesagt. Die Produktionsdaten reihen sich ein in die Riege der Konjunkturindikatoren, die als Indiz gelten, dass der Abschwung weniger ausgeprägt ausfallen dürfte als zeitweise befürchtet.

Laut vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) produzierten Industrie, Bau und Energieversorger saison- und kalenderbereinigt im Oktober 0,1% weniger als im Vormonat. Ökonomen hatten einen Rückgang von 0,6% prognostiziert. Zudem fiel der Zuwachs im September mit 1,1% kräftiger aus als zunächst mit 0,6% gemeldet. Im Vergleich zum Vorjahr blieb der Output unverändert.

„Die Industrieproduktion ist schwach ins vierte Quartal gestartet, wobei auch Brückentagseffekte eine gewisse Rolle gespielt haben dürften“, kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium. Der Ausblick auf die Industriekonjunktur in den kommenden Monaten bleibe angesichts einer spürbar unterkühlten Stimmung in den Unternehmen und einer verhaltenen Nachfrage eingetrübt. Als positives Signal für die Wirtschaft werten Ökonomen, dass die Gefahr einer Gasmangellage wesentlich geringer geworden ist. Allerdings dürften „die kräftigen Zinserhöhungen vieler Notenbanken – inklusive der EZB – die Weltwirtschaft merklich bremsen und damit auch die deutsche Wirtschaft in der ersten Hälfte des kommenden Jahres schrumpfen lassen“, mahnte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen.

Die Industrie im engeren Sinne drosselte den Output im Oktober um 0,4% zum Vormonat. Ökonomen führen dies vor allem auf die energieintensiven Wirtschaftszweige zu­rück. Diese meldeten laut Wirtschaftsministerium „zum Teil deutliche Rückgänge: chemische Erzeugnisse −6,8%, Kokerei und Mineralölverarbeitung −6,1%, Papier und Pappe −4,9% sowie Metallerzeugung und -bearbeitung −1,9%. Nach fünf Monaten mit Rückgängen gab es bei Glas, Glaswaren und Keramik ein Plus von 2,9%. Die beiden gewichtigen Bereiche Kfz und Kfz-Teile sowie Maschinenbau kürzten die Produktion um 2,1% bzw. 1,5%. In den energieintensiven Industriezweigen insgesamt ist die Produktion im Monatsvergleich um 3,6% und zum Vorjahr um 12,6% gesunken. Die Produzenten von Konsumgütern, die die Kaufzurückhaltung der unter der hohen Inflation leidenden Verbraucher spüren, drosselten den Output um 1,9%. Von Vorleistungsgütern wurden 1,8% weniger gefertigt, während die Hersteller von Investitionsgütern 1,4% mehr fertigten.

Das Wachstum der Baubranche von 4,2% führt das Wirtschaftsministerium auf die vergleichsweise milde Witterung im Oktober zurück. „Der bemerkenswerte Rückgang im Energiebereich kann vermutlich auf die Energiesparanstrengungen von Wirtschaft und privaten Haushalten zurückgeführt werden“, erklärte das Ministerium die um 7,6% geringere Energieerzeugung.

Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, erwartet, dass die nachlassenden Lieferkettenprobleme die Produktion der kommenden Monate stärker beeinflussen werden als die hohen Energiepreise: „Wird in den kommenden Monaten der Auftragsbestand abgearbeitet, dürfte die Industrieproduktion zulegen – aufgrund der Belastungen in den energieintensiven Bereichen allerdings nicht so stark, wie der Auftragsbestand für sich genommen eigentlich impliziert.“ Allerdings, so mahnt ING-Chefökonom Carsten Brzeski, verheiße der Auftragsrückgang seit Jahresbeginn um fast 15% in Kombination mit den seit Sommer wieder höheren Lagerbeständen für die künftige Produktion nichts Gutes.