EZB-Analyse

Inflation wird für Staats­haushalte in der EU zur Last

Für viele Unternehmen und Privatpersonen ist die Inflation ein finanzielles Problem. Doch auch die hoch verschuldeten Staatshaushalte in der Eurozone werden mittelfristig von der hohen Teuerungsrate nicht profitieren, wie eine EZB-Studie nahelegt.

Inflation wird für Staats­haushalte in der EU zur Last

mpi/ms Frankfurt

Die derzeit hohe Inflation im Euroraum wird den Staatshaushalten mehr schaden als nützen. Zu diesem Schluss kommt die Europäische Zentralbank (EZB) in einer am Montag veröffentlichten Analyse. Im Allgemeinen gilt eine höhere Inflation eigentlich als nützlich für den Fiskus – zumindest in der kurzen Frist. Zum einen sinkt durch die Teuerung der Wert der bestehenden Staatsverschuldung. Zum anderen führt sie durch die sogenannte kalte Progression zu höheren Steuereinnahmen.

Bei der kalten Progression steigt der persönliche Steuersatz durch die Lohnsteigerung in einem solchen Maße, dass trotz der Gehaltserhöhung netto nicht mehr übrig bleibt. Allein 2022 führte dieser Effekt bereinigt um die geringeren steuerlichen Beschäftigungsanreize in Deutschland zu Mehreinnahmen für den Fiskus von 9,3 Mrd. Euro, wie das Münchner Ifo-Institut berechnet hat (vgl. BZ vom 11. Februar).

In der derzeitigen Situation besteht aber laut EZB die Gefahr, dass die hohe Inflation für den Fiskus mehr negative als positive Auswirkungen hat. Dies hängt laut den Autoren der Analyse vor allem damit zusammen, dass die Teuerungsrate maßgeblich durch hohe Energiepreise getrieben wurde und nicht etwa durch steigende Konsumausgaben oder Lohnzuwächse. Während die letztgenannten Punkte zu höheren Steuereinnahmen führen, ist bei den steigenden Energiepreisen das Gegenteil der Fall. Die höheren Produktionskosten für Unternehmen führen zu geringeren wirtschaftlichen Aktivitäten der Betriebe – was in der Konsequenz zu einem geringerem Steueraufkommen führt. Des weiteren belasten die im Zuge der Energiekrise verabschiedeten Maßnahmen wie die Gaspreisbremse die Staatshaushalte.

Die Euro-Fiskalpolitik war zuletzt bei immer mehr Notenbankern in die Kritik geraten. Sie zeigen sich besorgt, dass eine allzu expansive Fiskalpolitik den Inflationsdruck verstärken könnte, was noch deutlichere Zinserhöhungen erfordern würde. Nach der bislang letzten Zinssitzung Anfang Februar hatte der EZB-Rat sogar explizit angemahnt, dass es vor dem Hintergrund der Entspannung in der Energiekrise jetzt zentral sei, die staatlichen Maßnahmen „rasch“ und „auf koordinierte Weise“ zurückzufahren.

In dieser Debatte steht nicht zuletzt Deutschland im Fokus. Auch die Bundesregierung hat in der Krise beispiellose Maßnahmen ergriffen und insbesondere im September 2022 einen 200 Mrd. Euro umfassenden Abwehrschirm („Doppelwumms“) gegen die hohen Energiekosten aufgelegt. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte zum Jahreswechsel im Interview der Börsen-Zeitung Kritik zurückgewiesen, dass diese Hilfen inflationär wirkten (vgl. BZ vom 31.12.2022). Eine Reihe von Ökonomen sieht das aber anders. Auch die EZB-Analyse weist darauf hin, dass das Auslaufen der Maßnahmen die Inflation 2024 und 2025 anheizen wird.

Unter dem Strich dürften sich die Auswirkungen der Inflation laut den Studienautoren 2022 noch wenig auf das Haushaltssaldo der EU ausgewirkt haben. In der Simulation der EZB nehmen die negativen Effekte mit der Zeit jedoch zu und für 2024 prognostizieren sie eine Verschlechterung des Haushaltssaldos um fast 0,5% des Bruttoinlandsprodukts.