Konjunktur

Preisdaten erhöhen Druck auf EZB

Die Inflation im Euroraum sorgt auch zu Jahresbeginn weiter für negative Überraschungen. Damit wächst vor der Sitzung des EZB-Rats am Donnerstag der Druck auf die Notenbanker, ihre Geldpolitik zu straffen.

Preisdaten erhöhen Druck auf EZB

ms Frankfurt

Die Inflation im Euroraum sorgt auch zu Jahresbeginn weiter für negative Überraschungen. In Deutschland und anderen Ländern ging die Teuerungsrate nach EU-harmonisierter Berechnung im Januar zwar etwas zurück, aber nicht so stark wie gemeinhin erwartet. Damit dürfte die Inflation Euroland-weit zum Jahresauftakt nicht so deutlich gesunken sein wie auch von der Europäischen Zentralbank (EZB) erhofft. Wenige Tage vor der Sitzung des EZB-Rats am Donnerstag wächst so der Druck auf die Notenbank, ihre Geldpolitik zu straffen.

Die Inflation war auch in Euroland im Jahr 2020 rasant angestiegen – sogar bis auf das Rekordhoch von 5,0% im Dezember. Grund dafür waren vor allem Basis- und Sondereffekte im Kontext der Corona-Pandemie. Der Anstieg fiel aber deutlich stärker aus und hielt länger an als er­wartet. Die große Frage war und ist, ob die Inflation 2022 rasch und deutlich nachgibt. Die neuen Daten schüren nun Sorgen, dass das sehr viel länger dauern könnte und die Teuerung gar nicht so weit nachgibt wie gedacht. Das gilt umso mehr, als der Preisdruck auf vorgelagerten Stufen sehr hoch ist.

Die EZB setzt bislang mehrheitlich weiter darauf, dass die hohe Inflation nur temporär ist, und macht allenfalls zaghafte Schritte zur Normalisierung ihrer Geldpolitik. Allen voran EZB-Präsidentin Christine Lagarde weist deshalb eine rasche Zinswende à la US-Notenbank Fed immer wieder zurück. Allerdings nehmen auch in Notenbankkreisen die Inflationssorgen zu, und die Märkte spekulieren auf frühere Zinserhöhungen, wo­möglich schon 2022. Zudem wächst der öffentliche Druck, vor allem in Deutschland.

In Deutschland lag die Teuerungsrate nach EU-harmonisierter Rechnung (HVPI) im Januar nun bei 5,1%, wie Destatis am Montag in einer ersten Schätzung mitteilte. Das ist zwar merklich unter den 5,7% vom Dezember (November: 6,0%). Doch der Wert liegt deutlich über den 4,3%, die von Bloomberg befragte Ökonomen erwartet hatten. Auch in nationaler Rechnung (CPI) fiel der Rückgang geringer aus als prognostiziert. Nach 5,3% im Dezember lag die Teuerung jetzt bei 4,9%. Volkswirte hatten mit 4,4% gerechnet.

Für den Rückgang dürfte vor allem der Basiseffekt aus der Rücknahme der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung, der die Verbraucherpreise 2021 angeheizt hatte, verantwortlich sein. Die Commerzbank schätzt, dass ohne diesen Effekt die Teuerung sogar angezogen hätte. Wesentlicher Treiber der Inflation waren erneut die Energiepreise, die um 20,5% zum Vorjahr zulegten. Die Wiesbadener Statistiker verwiesen zudem auf die Lieferengpässe weltweit als Kostentreiber.

„Die Inflation ist im Januar zwar gesunken, aber der Preisdruck hat weiter zugenommen“, sagte Nils Jannsen, Leiter Konjunktur Deutschland am IfW Kiel. „Die deutsche Inflation geht im Januar zurück, aber nicht genug für eine echte Entlastung“, sagte auch Carsten Brzeski, Globad Head of Macro bei der ING. Die Deutsche Bank revidierte am Montag aufgrund der neuen Daten sogar ihre Inflationsprognose für das Gesamtjahr deutlich von zuvor 2,9% auf 4,2% (gemessen am CPI).

Neben Deutschland haben bislang Spanien, Belgien und Portugal Inflationszahlen für Januar vorgelegt. Diese lagen allesamt über den Erwartungen. Bislang hatten Volkswirte im Konsens erwartet, dass die Euro-Teuerung von 5,0% auf 4,4% sinken werde. Der Rückgang könnte jetzt aber auch geringer ausfallen. Jörg Angelé, Senior Economist des Asset Managers Bantleon, erwartet aufgrund der bisherigen nationalen Daten sogar einen Wert zwischen 5,0% und 5,2% – also womöglich sogar ein weiteres Anziehen. Am Mittwoch veröffentlicht Eurostat eine erste Schätzung.

„Der Druck auf die EZB, die Zinsen in absehbarer Zeit anzuheben, ist mit den heutigen Daten kaum geringer geworden“, sagte Jörg Zeuner, Chefvolkswirt bei Union Investment. Er erwartet aber wie viele andere, dass die EZB vorerst daran festhält, die Leitzinsen 2022 nicht zu erhöhen.

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