Dialogbereitschaft entscheidet

Price Bailey will Kluft zwischen Politik und Wirtschaft überbrücken

Eine Umfrage der Wirtschaftsprüfers Price Bailey zeigt: Britische Politiker und Wirtschaftsvertreter reden zu viel aneinander vorbei. Alastair Campbell führte das live vor.

Price Bailey will Kluft zwischen Politik und Wirtschaft überbrücken

Das große Missverständnis

Price Bailey zeigt, wie britische Politiker und Manager aneinander vorbeireden

von Andreas Hippin., London

Eine britische Studie zeigt, wie Politiker und Manager aneinander vorbeireden. Eine Lösung bietet sie allerdings nicht an.

Der britische Wirtschaftsprüfer Price Bailey hat sich vorgenommen, die Kluft zwischen britischen Politikern und Wirtschaftsvertretern zu überbrücken. Eine Umfrage der Gesellschaft unter Unterhausabgeordneten und Managern kam zu einem erstaunlichen Ergebnis: Die Führungskräfte aus den Firmen waren eher bereit, den Mandatsträgern ein Verständnis dessen zuzusprechen, was britische Unternehmen brauchen, als die Abgeordneten selbst.

Am Mittwochabend fand dazu eine Diskussionsveranstaltung mit Alastair Campbell, dem ehemaligen Spindoktor von Tony Blair, in London statt. Leider war der Kommunikationsberater zu sehr damit beschäftigt, für die amtierende Labour-Regierung zu werben, um auf die Zwischentöne zu achten.

„Traue keinem Konservativen“

Das große Missverständnis seinerseits: Er wähnte sich vor einem feindlich gesonnenen Publikum und brachte gleich zu Anfang den Spruch „Traue nie einem Konservativen“ unter. Dabei waren, wie sich später bei Blitzumfragen herausstellte, unter den rund 200 Besuchern auch reichlich Labour-Anhänger.

„Ich bin eine enttäuschte Labour-Wählerin“, sagte eine Frau, die im sozialen Bereich tätig ist und unter der neuen Regierung keine Verbesserung der Lage der vor ihr Betreuten erkennen kann. Ein Student berichtete, dass alle seine Kommilitonen angesichts der sich ihnen bietenden Perspektiven auswandern wollten.

Abwanderung ins Ausland

Campbell wandte seine PR-Kenntnisse an und tat so, als hätte er so etwas noch nie gehört. Es müsse sich um einen Einzelfall handeln. Bei Berichten über die Flucht von Millionären aus Großbritannien müsse man berücksichtigen, aus welchen Quellen sie stammen, sagte er. Daraufhin erklärten ihm gleich mehrere Mitglieder des Publikums, dass sie in ihrem geschäftlichen Alltag beobachten, wie Kunden ins Ausland abwandern.

Damit bestätigte sich, was in der Umfrage „Bridging the Divide“ anklingt: Es wird zu viel aneinander vorbeigeredet. Das Unverständnis der jeweils anderen Seite zeigte sich in der Studie, als die Teilnehmer befragt wurden, wo eine Steuerreform ansetzen sollte. Abgeordnete nannten vor allem die Gewerbeimmobiliensteuer und die Besteuerung von Dividenden und anderen Ausschüttungen. Doch für die Wirtschaftsvertreter waren das die am wenigsten wichtigen Punkte beim Thema Steuern.

Unterschiedliche Prioritäten

Die Führungskräfte hätten lieber eine Reform der Kapitalertragssteuer gesehen, die sie beim Verkauf von Firmen oder Unternehmensteilen entlastet. An zweiter Stelle rangieren für sie die Sozialabgaben, gefolgt von der Körperschaftssteuer. Alle drei Punkte waren allerdings für die Abgeordneten von nachrangiger Bedeutung. Ähnliche Dissonanzen zeigten sich bei der Frage, welchen Themen die Regierung Priorität einräumen sollte.

Für die Wirtschaftsvertreter hatten niedrigere Zinsen und ein Rückgang der Inflation Vorrang, gefolgt von der Steuerbelastung insgesamt. Für die Abgeordneten standen dagegen Themen wie Beschäftigung, die Erleichterung des grenzüberschreitenden Handels und die Produktivität im Vordergrund.

Brexit und kein Ende

Obwohl Campbell nicht müde wurde, darauf hinzuweisen, was für eine furchtbare Entscheidung das Votum für den Brexit 2016 gewesen sei, schaffte es die Erleichterung des internationalen Handels nicht in die Top 3 der Prioritätenliste der Führungskräfte. Zu immerhin drei Themenbereichen herrschte weitgehend Übereinstimmung zwischen Politikern und Managern: Verbesserung der Verkehrsverbindungen, Qualifizierung und Gesundheit der Arbeitsbevölkerung sowie Investitionsanreize.

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