Auftragseingang sinkt stärker als erwartet

Rückschlag für die deutsche Industrie

Großaufträge lassen erneut das Bestellminus der deutschen Industrie etwas weniger mau aussehen. Experten halten die Mai-Daten trotz aller Enttäuschungen für verkraftbar.

Rückschlag für die deutsche Industrie

Rückschlag für die deutsche Industrie

Auftragseingang sinkt stärker als erwartet – Großbestellungen hübschen Zahlen auf – Binnennachfrage schwach

ba Frankfurt

Großaufträge lassen erneut das Bestellminus der deutschen Industrie etwas weniger mau aussehen. Experten halten die Mai-Daten trotz aller Enttäuschungen, die die Details zeigen, für verkraftbar. Die Industrie dürfte sich stabilisiert haben.

Die deutsche Industrie hat zwar im Mai weniger Aufträge eingesammelt, Experten sehen die Stabilisierungstendenzen allerdings weiter intakt. Zumal der Quartalsauftakt deutlich besser ausgefallen ist als zunächst gemeldet. Die erwartete Erholung wird sich fortsetzen, aber eher holprig verlaufen.

Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) fiel der Auftragseingang im verarbeitenden Gewerbe preis-, saison- und kalenderbereinigt um 1,4% im Monatsvergleich. Volkswirte hatten zwar nach den guten Vormonaten einen Rücksetzer erwartet, allerdings nur um 0,1%. Wegen Nachmeldungen im Bereich Automobilindustrie ergibt sich aber eine „vergleichsweise hohe Revision im April“, wie die Statistiker betonen: Das vorläufige Plus von 0,6% wurde auf 1,6% nach oben gesetzt. Die Auslandsaufträge stiegen um 2,9 %. Im Mai erwiesen sich vor allem die Inlandsaufträge (–7,8%) als schwach. Aus dem Ausland gingen 2,9% mehr Neubestellungen ein. Dabei fielen die Aufträge aus der Eurozone um 6,5% zurück, während von außerhalb der Eurozone die Orderzahlen um 9,0% zulegten.

Großaufträge hübschen Zahlen auf

Im Mai besserten erneut die volatilen Großaufträge das Gesamtergebnis auf – bleiben diese außen vor, ergibt sich ein Minus von 3,1%. Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, wertet aber als Trostpflaster, „dass die Auftragseingänge ohne Großaufträge zumindest im Dreimonatsvergleich noch immer 1,9% höher liegen“. Auch wenn mit dem Rückgang im Mai die Zuwächse dieser Kerngröße in den zwei Monaten zuvor teils wieder einkassiert wurden. Insgesamt weist Destatis für die Monate März bis Mai ein Bestellplus von 2,1% zu den drei Monaten zuvor aus.

In der Grundtendenz bleibe die Dynamik daher aufwärtsgerichtet, urteilt das Wirtschaftsministerium.

Für Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, sind die Zahlen „ein Rückschlag für bestehende Konjunkturhoffnungen“. Die Auftragslage sei lax, bleibe aber klar besser als vor einem Jahr. „Das weitere Vorwärtskommen wird stark davon abhängen, ob es Zoll-Deals gibt“, betonte er mit Blick auf die von US-Präsident Donald Trump gesetzte Deadline am 9. Juli. Ohne Einigung könnten dann die Zölle steigen.

LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch verweist hingegen auf die „zuletzt durchaus ansprechend Zahlen aus der Industrie“ – so sei „auch mal der eine oder andere Rücksetzer zu verkraften“. Insgesamt spreche die Mehrheit der Indikatoren derzeit für eine gewisse Stabilisierung der Konjunktur.

Die negativen Impulse kamen laut Destatis aus der Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen. Hier kam es zu einem Minus von 17,7%, nachdem es im April mehrere Großaufträge gegeben hatte. Rückgänge gab es auch in den Bereichen Herstellung von elektrischen Ausrüstungen (–6,2%) und Metallerzeugung und -bearbeitung (–5,1%). Zuwächse gab es in der Herstellung von Metallerzeugnissen (+18,2%) und im sonstigen Fahrzeugbau (+6,8%).

Umsätze geben erneut nach

Ralph Solveen von der Commerzbank verweist auf die schwachen Industrieumsätze – hier weist Destatis ein Minus von 1,9% im Monatsvergleich aus, das einem Rückgang von 1,4 (zunächst: 1,5)% im April folgt. Dies spreche dafür, dass auch die Industrieproduktion im Mai gefallen ist. Ökonomen erwarten bislang, dass Destatis kommenden Montag zumindest ein schmales Plus vermeldet. Ein deutliches Produktions-Minus im Mai würde Solveen zufolge dafür sprechen, dass sich auch die gesamte Wirtschaft deutlich schwächer entwickelt hat als im ersten Quartal. Zum Jahresauftakt gab es ein unerwartet kräftiges Plus von 0,4%.

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