Spicken beim EU-Nachbarn
Spicken beim EU-Nachbarn
Von Detlef Fechtner, Frankfurt
Ganz Europa tut sich schwer mit der Anlage an den Kapitalmärkten. Ganz Europa? Nein. In vielen Ländern der Europäischen Union finden sich ausgezeichnete Beispiele dafür, wie Vertrauen der Bürger ins Wertpapiersparen aufgebaut werden kann. Da lohnt es sich, mal über die EU-Binnengrenzen hinweg zu spicken. Oder andersherum: Es sind nicht nur die Amerikaner und deren Altersvorsorge über 401k, von denen man in Sachen Kapitalmarktkultur etwas lernen kann. Sondern auch die Schweden und deren staatlicher Pensionsfonds AP7. Oder die Niederländer und deren von allen Tarifparteien engagiert gestützte betriebliche Altersvorsorge. Aber auch die Franzosen mit ihrem staatlichen Anlagekonto für Bürger oder die Dänen, deren Renteninformationen sehr anschauliche Hinweise auf den erwartbaren Kaufkraftverlust enthalten − in Form von weniger Eiskugeln, die man sich für einen fixen Betrag später wird leisten können.
Bundesbank will Austausch über Europa fördern
Über alle diese und noch andere Beispiele hat Bundesbank-Vorständin Sabine Mauderer mit der obersten europäischen Versicherungsaufseherin Petra Hielkema am Montag in einem Pavillon direkt vor dem Eingang der deutschen Währungsbehörde in Frankfurts Bankenviertel diskutiert. Der Auftritt des Duos bildete den Startschuss zu einer ganzen Veranstaltungsreihe, mit der die Bundesbank den Austausch über Europa fördern möchte. Auf den Folgeveranstaltungen in den kommenden Tagen geht es natürlich um das Kernthema der Notenbank, nämlich Geldpolitik. Aber auch darum, wie man Nachhaltigkeit in die Bankenaufsicht integriert bekommt. Oder was Arbeitgeber tun müssen, um attraktiv für Bewerberinnen und Bewerber zu bleiben − und warum das etwas mit Vielfalt zu tun hat. Krönender Abschluss ist dann am Europatag, dem 9. Mai, der in Brüssel der „Heilige Schuman“ genannt wird, ein „Unplugged“-Event mit Poetry-Slammerin und Künstlerkollektiv.
Kapitalmärkte sind Bürgersache
Mauderer erläuterte zum Auftakt eindringlich, warum die Überwindung der Fragmentierung nationaler Finanzmärkte auch ein Thema für die Bundesbank ist. Schließlich seien die Tiefe des Kapitalmarkts und die Qualität der Finanzinfrastruktur eng verknüpft mit der Kapazität, Wachstum zu finanzieren. Über das Engagement für finanzielle Bildung bemühe sich auch die Notenbank, das Bewusstsein der Bundesbürger dafür zu schärfen, dass − Stichworte Vermögensbildung und Altersvorsorge − Kapitalmärkte auch für sie etwas anbieten.
Hielkema wirbt für Nachverfolgungssysteme
EIOPA-Chefin Hielkema nutzte die Gelegenheit, um für „Nachverfolgungssysteme“ für die Rentenansprüche zu werben. In sieben Ländern der EU gebe es bereits solche „Tracking Systems“, die den Bürgern schnell und anschaulich einen Eindruck vermittelten, welche Rente sie oder er im Alter erwarten könne. Vier weitere Staaten sondierten derzeit den Aufbau solcher Informationsservices − und auch seitens der EU-Kommission gebe es Überlegungen, entsprechende Vorschläge der Versicherungsaufsicht aufzugreifen. Das alles sei aber nur in enger Zusammenarbeit mit der Finanzwirtschaft möglich.
In Sachen Kapitalmarktkultur kann man nicht nur von den Amerikanern etwas lernen.