Geldpolitik

Starker Preis­auftrieb erwartet

Die Bank of England hat sich verschätzt. Statt der erwarteten 2,5 % dürfte die Teuerungsrate 4 % erreichen. Doch nur einer der Geldpolitiker wollte bei den Anleihekäufen auf die Bremse treten.

Starker Preis­auftrieb erwartet

hip London

Das geldpolitische Komitee der Bank of England hat Befürwortern einer restriktiven Geldpolitik bei seiner jüngsten Sitzung wenig Anlass zur Hoffnung gegeben. Obwohl die Ökonomen der Zentralbank mittlerweile davon ausgehen, dass die Teuerungsrate im laufenden Jahr auf 4% steigen wird, stimmte das Monetary Policy Committee (MPC) einstimmig dafür, den Leitzins auf dem historischen Tief von 0,1% zu belassen. Das Inflationsziel der Notenbank liegt bei 2,0%. Die Geldpolitiker gehen aber weiterhin davon aus, dass sich der erhöhte weltweite und einheimische Kostendruck als „vorübergehend“ erweisen wird. Mittelfristig werde die Teuerungsrate wieder zum Zielwert zurückkehren.

Einzig Michael Saunders votierte dagegen, das laufende Anleihenkaufprogramm im ursprünglich geplanten Umfang weiterlaufen zu lassen. Der ehemalige Citigroup-Volkswirt hätte das Volumen lieber von 875 Mrd. auf 830 Mrd. Pfund reduziert. Manche Volkswirte hatten vorab erwartet, dass sich vielleicht noch ein weiteres Mitglied anschließen würde. Dazu kam es jedoch nicht. Der ehemalige Chefvolkswirt der Notenbank, Andrew Haldane, der sich mit Blick auf die rasante wirtschaftliche Erholung in den vergangenen Monaten auch für ein Ende der ultralockeren Geldpolitik ausgesprochen hatte, gehört dem Komitee nicht mehr an.

Zögerliche Zinsdebatte

Höhere Zinsen stehen so schnell auch nicht an. Stattdessen ist dem MPC-Protokoll zu entnehmen, dass die technischen Vorbereitungen auf einen negativen Leitzins sowohl intern als auch bei den Geschäftsbanken mittlerweile so weit fortgeschritten seien, dass man, falls erforderlich, die Nulllinie durchbrechen könne. Seit dem zweiten Halbjahr 2020 hatte die Bank of England durchblicken lassen, dass sie die geldpolitischen Zügel mindestens so lange nicht anziehen wird, „bis es Belege für wesentliche Fortschritte bei der Beseitigung der Unterauslastung der Wirtschaft und das nachhaltige Erreichen des Inflationsziels gibt“. Ein Teil der MPC-Mitglieder war der Ansicht, dass zwar bemerkenswerte Fortschritte gemacht, die Bedingungen für eine restriktivere Geldpolitik aber noch nicht erreicht wurden. Andere waren dem Protokoll zufolge der Meinung, dass die in der Guidance aus dem Pandemiejahr genannten Konditionen zwar erfüllt seien. Allerdings habe es sich bei diesen nur um Voraussetzungen für ein Anziehen der Zügel gehandelt, nicht um Wegmarken, nach deren Erreichen Handeln zwingend erforderlich wäre.

„Moderate Verschärfung“

Alles in allem kam man zu dem Schluss, dass „eine moderate Verschärfung der Geldpolitik im Prognosezeitraum wohl nötig sein wird, um das Inflationsziel mittelfristig nachhaltig zu erreichen, sollte sich die Wirtschaft im Großen und Ganzen so entwickeln, wie im Inflationsbericht vom August prognostiziert“. Für das laufende Jahr erwarten die Volkswirte der Notenbank weiterhin, dass das britische Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 7,25% zulegen wird. Für das kommende Jahr haben sie 6 (zuvor: 5,75)% auf der Rechnung, für 2023 dann eine Verlangsamung auf 1,5 (1,25)%. Noch hat das BIP das Niveau des vierten Quartals 2019 nicht wieder erreicht (siehe Grafik). Sollte es demnächst dazu kommen, ist das auch kein Grund zum Feiern, denn dann man hat zwei Jahre verloren, in denen die Wirtschaft ohne Pandemie weiter gewachsen wäre.

Die Bank of England äußerte sich auch dazu, wie sie den seit der Finanzkrise zusammengekauften An­leihenberg wieder abtragen will. Erst wenn der Leitzins auf 0,5% erhöht werden konnte, will sie damit aufhören, die am Laufzeitende der gehaltenen Papiere zurückgezahlten Summen zu reinvestieren. Aktiv verkaufen will sie erst, wenn der Leitzins auf mindestens 1% gestiegen ist. Das ist zwar etwas früher als bislang angedeutet, war aber bereits vor der Sitzung am Markt so erwartet worden. Und so bewegte sich das Pfund nach Veröffentlichung von Protokoll und Zinsentscheid in etwa wieder dort, wo es zuvor gewesen war.