Erster Rückgang seit März 2023

Verschnaufpause bei den Insolvenzen

Im Mai verzeichnet das Statistikamt Destatis den ersten Rückgang der beantragten Regelinsolvenzen seit mehr als einem Jahr. Und auch bei den Insolvenzanträgen hat die Dynamik nachgelassen, wie die Amtsgerichte melden.

Verschnaufpause bei den Insolvenzen

Verschnaufpause bei Firmenpleiten

Erster Rückgang der beantragten Regelinsolvenzen seit März 2023

ba Frankfurt

Im Mai verzeichnet das Statistikamt Destatis den ersten Rückgang der beantragten Regelinsolvenzen seit mehr als einem Jahr. Und auch bei den Insolvenzanträgen hat die Dynamik nachgelassen, wie die Amtsgerichte melden. Zu den besonders betroffenen Branchen zählen Verkehr und Lagerei sowie Bau und Automotive.

Die Konjunktur zieht an und es gehen weniger Firmen pleite: Die Mai-Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) zeigen, dass sich das Insolvenzgeschehen tatsächlich beruhigt. Experten mahnen allerdings, dass es auch wegen der strukturellen Probleme der deutschen Wirtschaft im weiteren Jahresverlauf wieder zu steigenden Fallzahlen kommen wird.

Destatis zufolge ist die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen um 0,7% zum Vorjahresmonat gesunken. „Das war der erste Rückgang dieses Frühindikators im Vorjahresvergleich seit März 2023“, betonen die Wiesbadener Statistiker. Damals hatten sie ein Minus von 3,4% im Jahresvergleich gemessen. Da die Anträge erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in die Statistik einfließen, kommt es zu einer Verzögerung von annähernd drei Monaten. Aktuelle Daten liegen daher erst für März vor. In diesem Monat meldeten die Amtsgerichte ein Wachstum der beantragten Unternehmensinsolvenzen um 10,6% im Vergleich zum Vorjahr auf 1.993. Die Dynamik hat also abgenommen, denn im Februar gab es noch einen Zuwachs von 15,9%. Die damit einhergehenden Forderungen der Gläubiger betrugen im März rund 6,3 Mrd. Euro. Im Jahr zuvor waren es rund 4,4 Mrd. Euro. Die Verbraucherinsolvenzen legten im März um 4,1% auf 6.277 zu.

Experten bleiben Entspannt

„Die Unsicherheiten an den nationalen und internationalen Märkten wirken sich nicht unmittelbar auf die Insolvenzzahlen aus“, heißt es beim Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID). „Steuerentlastungen und Infrastrukturinvestitionen werden den Markt stabilisieren, auch wenn einzelne Branchen weiterhin unter Druck stehen.“ Die Rahmenbedingungen für Unternehmen zeigten derzeit in eine vorsichtig positive Richtung. Die steuerlichen Entlastungen würden Anreize für Investitionen schaffen und die europäische Binnennachfrage anregen. Vom Infrastrukturpaket der Bundesregierung in Höhe von 500 Mrd. Euro verspricht sich der Berufsverband deutliche Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum. Daher sei in naher Zukunft kein dramatischer Anstieg der Insolvenzzahlen zu erwarten. „Vielmehr gehen wir davon aus, dass die Insolvenzzahlen weiterhin auf einem moderaten Niveau verbleiben werden“, betont der VID-Vorsitzende Christoph Niering.

Im gesamten ersten Quartal kletterten die beantragten Unternehmensinsolvenzen um 13,1% im Vergleich zum Vorjahresquartal auf 5.891. Die damit einhergehenden Forderungen der Gläubiger liegen bei rund 19,9 Mrd. Euro. Im Jahr zuvor waren es rund 11,3 Mrd. Euro. Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen stieg im ersten Quartal binnen Jahresfrist um 6,3% auf 18.573.

Hohe Zahl auch im Bau

Im ersten Quartal gab es bezogen auf 10.000 Unternehmen insgesamt 17,0 Insolvenzen. Die meisten gab es im Wirtschaftsabschnitt Verkehr und Lagerei mit 29,4 Fällen, folgt von den sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen, zu denen auch Zeitarbeitsfirmen gehören, mit 26,1 Fällen. Im Baugewerbe kam es zu 25,4 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen. Der VID sieht weiter den Automotive-Bereich wegen des strukturellen Wandels hin zu einem E-Mobilitätsmarkt als besonders von der Krise betroffen. Ein ungeordneter Niedergang der gesamten Branche sei aber nicht zu erwarten.

Der IWH-Insolvenztrend wiederum zeigt für Mai besonders hohe Fallzahlen in den Branchen Bau, Han­del sowie im verarbeitenden Gewerbe. „Diese lagen über dem bereits hohen Durchschnitt der vergangenen zwölf Monate“, hieß es beim Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Im Bau­gewerbe sei sogar der bisherige Höchststand aus dem März 2025 nochmals leicht übertroffen worden. Im Bausektor, aber auch bei den unternehmensnahen Dienstleistungen waren zudem überdurchschnittlich viele Arbeitsplätze betroffen – namentlich durch die Insolvenzen der Holdinggesellschaften der Res­taurantkette Sausalitos und des Automobilzulieferers Schlote. Dies war „verbunden mit dem höchsten Stand betroffener Arbeitsplätze in dieser Branche seit Beginn der Erhebung im Januar 2020“.

Minus für Juni erwartet

Die vom IWH erhobenen Frühindikatoren lassen auch für Juni leicht sinkende Insolvenzzahlen erwarten. Im Mai ist die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften zwar um 9% zum Vormonat auf 1.478 gesunken. „Dennoch werden wir in Deutschland auf absehbare Zeit mehr Firmenpleiten erleben als im vorigen Jahr“, sagt Steffen Müller, Leiter der IWH-Insolvenzforschung. Das Niveau sei trotz des Rückgangs immer noch „deutlich erhöht“.