Chinas Zauberlehrling wird zum Meister
BYD
Zauberlehrling
wird zum Meister
Von Gerhard Bläske
Die chinesische BYD ist innerhalb nur weniger Jahre zum weltweit drittgrößten Autohersteller aufgestiegen. Dabei erzielt das Unternehmen, das ausschließlich Elektro- und Hybridfahrzeuge produziert, bisher mehr als 90% seiner Verkäufe in China. Noch!
Nachdem BYD die Marktanteile der deutschen Autobauer in der Heimat dezimiert hat, wird nun die Festung Europa ins Visier genommen. Mit dem gerade in Rom vorgestellten Kleinstwagen Dolphin Surf gehen die Chinesen direkt ins Volumengeschäft. Allein in diesem Jahr sollen zudem gleich drei neue Werke – in Kambodscha, in Brasilien und in Ungarn – in Betrieb gehen. Zwar bietet BYD in Europa mittlerweile bereits zehn Modelle an. Für eine überzeugende Strategie fehlte es bislang aber noch an einer wettbewerbsfähigen Kundenbetreuung. Jetzt wird ein großes Händlernetz aus dem Boden gestampft und ein umfangreiches After-Sales-Netzwerk aufgebaut. Mit einer gewaltigen Investitions-Offensive will BYD in kürzester Zeit aufholen, was europäische Autobauer über Jahrzehnte aufgebaut haben.
Günstig, aber kein Schnäppchen
Dass die Modelle selbst wettbewerbsfähig sind, sollte außer Frage stehen. Der Einstiegspreis für den Dolphin Surf, der in fast identischer Form auch in Südamerika und China angeboten wird, liegt mit 22.990 Euro deutlich unter dem vergleichbar ausgestatteten Fiat 500e, der auf knapp 30.000 Euro kommt. Auch in anderen Fahrzeugklassen wird BYD, die ihre eigenen Batteriezellen fertigt, Europas Hersteller preislich vor sich hertreiben. Den Fehler, den Newcomer zu unterschätzen, haben haben Europas Autobauer schon in China gemacht. Dort ist der Zauberlehrling von Mercedes-Benz längst zum Meister geworden und am einstigen Marktführer VW vorbeigezogen. In Europa sollte sich das nicht wiederholen.
Selbstbewusstes Auftreten
Dass es BYD nicht an Selbstbewusstsein mangelt, zeigt das Unternehmen mit der Premiummarke Denza. Vor weniger als einem Monat hat BYD in Mailand den ersten Entwurf für ein Oberklassemodell vorgestellt, das schon sehr bald auf den Markt kommen soll. Damit werden Mercedes-Benz, Audi, BMW und Co. direkt ins Visier genommen. Zwar ist die Markentreue der Kunden gerade in diesem Segment groß. Das sollte aber niemanden in der Branche beruhigen. BYD hat mit dem hochprofitablen China-Geschäft im Rücken sicher einen langen Atem.
Europas Autohersteller haben die chinesische Konkurrenz schon in deren Heimatmarkt lange unterschätzt.
Das sollten sie nicht wiederholen.