Im BlickfeldFusionen unter Banken in Deutschland

Konsolidierung in Dauerschleife

Jahr für Jahr verschwinden hierzulande Dutzende Banken durch Zusammenschlüsse. Unter den Landesbanken bleiben Fusionen aus, aber die Arbeitsteilung schreitet voran. Seltenheitswert hätte eine säulenübergreifende Fusion von Helaba und Aareal.

Konsolidierung in Dauerschleife

Bankenkonsolidierung in Dauerschleife

Jahr für Jahr verschwinden in Deutschland Dutzende Banken durch Zusammenschlüsse. Unter den Landesbanken bleiben Fusionen aus, aber die Arbeitsteilung schreitet voran. Seltenheitswert hätte eine säulenübergreifende Fusion von Helaba und Aareal.

Von Tobias Fischer, Frankfurt

Ziemlich genau sechs Jahre ist es her, als sich der damalige Commerzbank-Chef und der oberste Sparkassen-Präsident auf offener Bühne einen kuriosen Schlagabtausch lieferten. Er wolle eine Sparkasse kaufen, um die Konsolidierung im Finanzsektor voranzutreiben, bekundete Martin Zielke bei einer Banken-Veranstaltung in Frankfurt. Und schob augenzwinkernd hinterher, dass Helmut Schleweis davon wohl wenig begeistert sei. Woraufhin der trocken antwortete: „Bei Sparkassen werden wir uns nicht einig, aber bei Landesbanken können wir darüber reden.“

Mittlerweile ist die Commerzbank selbst Objekt der Begierde der italienischen Unicredit, und das Lieblingsprojekt des früheren DSGV-Präsidenten, ein Sparkassen-Zentralinstitut zu schmieden, beginnend mit der Verschmelzung von Helaba und Deka, ist vom Tisch. Hin und wieder flackert die Diskussion auf, etwa im Januar, als Helaba-CEO Thomas Groß erklärte, er erwarte eine Verringerung der Zahl der Landesbanken auf zwei. Aktuell gibt es wie zu Schleweis` Zeiten vier große Institute – LBBW, BayernLB, Helaba und eine geschrumpfte Nord/LB –, ferner die SaarLB, deren Bilanzsumme der einer größeren Sparkasse entspricht. Die Berliner Landesbank existiert nur noch dem Namen nach und fungiert als Sparkasse.

Helaba liebäugelt mit Aareal Bank

Gegenläufig zum Schleweis`schen Szenario findet nun eine Landesbank Gefallen an einer Privatbank. Zwar ist es nicht die Commerzbank, für die sich die Helaba erwärmen kann, sondern die Aareal Bank, wie seit Wochen gemunkelt wird. Käme es dazu, würde das eine etwaige Landesbanken-Konsolidierung noch verkomplizieren, könnte aber auch die Stellung der Helaba im Landesbanken-Ranking verbessern. 2024 war die gemessen an Größe und Gewinn die Nummer drei hinter den süddeutschen Landesbanken.

Seltene Übernahme

Es ist ein Beleg dafür, dass Bankenkonsolidierung in Deutschland bisweilen auch säulenübergreifend möglich sein kann. Fusioniert wird ja üblicherweise innerhalb der eigenen Bankenfamilie, also im Sparkassen-, genossenschaftlichen und Privatbanken-Lager. Eine aktuelle Ausnahme ist da der Kauf der ABK Allgemeinen Beamten Bank durch die Berliner Volksbank. Die Übernahme der kleinen Privatbank ist im Januar unter Dach und Fach gebracht worden.

Die Konsolidierung des Landesbankensektors ist zwar nicht im großen Stil vorangeschritten, doch einiges hat sich in den vergangenen Jahren schon getan. Seitdem 2022 die einst unter dem Dach der Landesbank Berlin Holding befindliche Berlin Hyp an die LBBW übergegangen war, wird an der Auflösung der komplizierten Holdingstruktur gearbeitet. Die Landesbank Berlin Holding sei mittlerweile „entoperationalisiert“, heißt es auf Anfrage vom DSGV, und halte lediglich die Anteile an der Berliner Sparkasse. Mit dem Verschwinden der Holding sei in ein bis drei Jahren zu rechnen.

Kompetenzbündelung

Bedeutsamer ist, dass die Landesbanken in den vergangenen Jahren untereinander Geschäftsbereiche verschoben und so die Arbeitsteilung innerhalb der Finanzgruppe vorangetrieben haben. So hat beispielsweise die Helaba das dokumentäre Auslands­geschäft, den Auslands­zahlungs­verkehr für Sparkassen und das Sorten- und Edelmetallgeschäft von der LBBW übernommen. Die wiederum bekam das Zins-, Währungs- und Rohstoffmanagement für Sparkassenkunden von den Frankfurtern zugeschlagen.

Ob irgendwann wieder Bewegung in die Landesbanken-Frage kommt, hängt laut Nikola Glusac, Partner bei der Beratungsgesellschaft Bain und Leiter der Praxisgruppe Banken im deutschsprachigen Raum, von einer Vielzahl von Faktoren ab. So vom politischen Willen und von der Beantwortung der Frage, ob ein klarer Mehrwert geschaffen werden kann, für Kunden wie Eigentümer.

Veränderte Eigentumsverhältnisse

Die Eigentumsverhältnisse der Landesbanken sind höchst unterschiedlich. Halten die Länder den Großteil der Anteile bei BayernLB (80%), Nord/LB (64%), LBBW (inklusive Stadt Stuttgart: 60%) und SaarLB (75%), so stellen bei der Helaba die Sparkassen die Mehrheit. Auf Druck der Regulierer haben Helaba und BayernLB ihr Eigenkapital neu strukturiert, mit Auswirkungen auf die Eignerstruktur. Weil sich die EBA daran stieß, dass stille Einlagen wie hartes Kernkapital behandelt wurden, hat das Land im Austausch für zwei seiner Förderprogramme als stille Einlage insgesamt 1,5 Mrd. Euro als Bareinlage in die Helaba gepumpt und von ihr eine AT1-Anleihe über 500 Mill. Euro erworben. Das Land vervierfachte im Zuge dessen den Anteil an der Helaba von 8,1% auf 30,1%. Die Sparkassen gaben ordentlich Anteile ab, bleiben aber mit 66% nach einst 88% größte Eigner.

Auch bei der BayernLB störten sich die Kontrolleure an der Ausgestaltung einer stillen Einlage des Landes. Am Ende fand sich eine Regelung, die den Anteil des Freistaats an der BayernLB von 75% auf etwa 80% steigen ließ.

Fusionstempo gedrosselt

1.368 Banken zählte die Bundesbank zum Jahresende 2024, das waren 35 weniger als im Jahr zuvor. Damit habe sich die Konsolidierung im deutschen Bankensektor „mit verlangsamtem Tempo“ fortgesetzt, waren es doch 2023 noch 55 Institute weniger gewesen. Das gedrosselte Tempo wertet Jens Oesterle, Associate Partner bei Bain, dahingehend, „dass viele der naheliegenden, organisatorisch eher unkomplizierten Fusionen inzwischen vollzogen sind“. Die verbleibenden, größeren und strategisch bedeutsameren Zusammenschlüsse benötigten mehr Zeit, und hätten höheren Abstimmungs- und Planungsbedarf.

Konsolidierung als strategisches Instrument

Darüber hinaus zeichnet sich ihm zufolge ein verändertes Verständnis von Konsolidierung ab: „Sie wird nicht mehr ausschließlich als Reaktion auf Kostendruck oder regulatorische Anforderungen verstanden, sondern verstärkt als strategisches Instrument genutzt – etwa um bestehende Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln oder gänzlich neue Ansätze zu verfolgen.“

Der Konsolidierungstrend wird sich nach Einschätzung des Bankenexperten in den nächsten Jahren grundsätzlich fortsetzen, zumal Deutschland im europäischen Vergleich der am stärksten fragmentierte Bankenmarkt sei. So vereinten die zehn größten Banken rund 60% der gesamten Bilanzsumme des Sektors auf sich, wohingegen in anderen Ländern die Konzentration wesentlich höher sei: in den Niederlanden 99%, in Italien und Frankreich jeweils rund 80%.

Gerade der genossenschaftliche Sektor weise noch Fusionspotenzial auf, heißt es in der jüngsten Bain-Bankenstudie. Die durchschnittliche Bilanzsumme dort beträgt demnach 1,7 Mrd. Euro verglichen mit 4,4 Mrd. Euro bei den Sparkassen.

Binnen 20 Jahren halbiert

22 Fusionen von Kreditgenossenschaften gab es 2024 – deutlich weniger als 2023 mit 39 Verschmelzungen. Am generellen Trend ändert das jedoch nichts. Jahr für Jahr verschwinden zwei, drei Dutzend Volks- und Raiffeisenbanken. Binnen 20 Jahren hat sich der Bundesbank zufolge die Zahl der Kreditgenossenschaften auf 661 glatt halbiert. Die Gesamtzahl der Banken in Deutschland ist in diesem Zeitraum um 43% geschrumpft. Fünf Sparkassen sind im vergangenen Jahr fusionsbedingt verschwunden, aktuell gibt es noch 342. Allein im ersten Halbjahr 2025 kam es zu fünf Zusammenschlüssen, darunter eine Fusion von drei Banken.

Von acht auf fünf Landesbausparkassen

Dass im öffentlich-rechtlichen Lager darüber hinaus rege fusioniert wird, zeigt sich auch bei den Landesbausparkassen, deren Zahl seit 2023 von acht auf fünf gesunken ist. LBS West und LBS Nord verschmolzen zur LBS Nordwest, LBS Ost und LBS Schleswig-Holstein-Hamburg zur LBS Nordost und LBS Bayern und LBS Südwest zur LBS Süd. Letztere wird aufgrund ihrer Bilanzsumme von 38 Mrd. Euro direkt von der EZB beaufsichtigt.  

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) rechnet damit, dass sich die „moderate Fusionsbewegung“ der vergangenen Jahre fortsetzen wird. Als Haupttreiber hat er „die überbordenden aufsichtsrechtlichen Anforderungen“ ausgemacht, da bürokratische Aufwände insbesondere kleinere Häuser stark belaste. Als weiteren Grund führt der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) den Fachkräftemangel an, der es gerade Instituten jenseits der Metropolen schwer mache, Personal zu finden.