Nur noch anderthalb Wochen
US-Zölle
Noch anderthalb Wochen
Von Detlef Fechtner
Noch anderthalb Wochen sind es bis zum 1. August. Noch anderthalb Wochen bis zum möglichen Inkrafttreten horrender US-Zölle auf EU-Exporte. Dafür, dass eine erzwungene Schockstarre der europäischen Ausfuhrwirtschaft immer näher rückt, herrscht in Deutschland und der EU noch bemerkenswerte Gelassenheit. Medienwissenschaftler sprechen vom Palästina-Effekt – von der Gewöhnung des Publikums an ständig neue Hiobsbotschaften, die zur Gleichgültigkeit gegenüber dem Thema führt.
Dabei geht es um sehr viel. Im Falle des Ausbleibens einer Verständigung drohen potenziell dramatische Folgen für die Konjunktur. Die schlechte Nachricht der zurückliegenden Tage lautet: Womöglich drohen dramatische Folgen sogar dann, wenn doch noch ein Deal zustande kommt.
Denn auch wenn man höllisch aufpassen muss, was so alles kolportiert wird: Glaubt man dem diplomatischen Geflüster, dann beharrt Donald Trump mittlerweile auf 15%, wenn nicht gar 20% Zölle – plus allerlei Zusatzaufschläge für einzelne Sektoren. Ein Deal auf dieser Basis würde bereits riesigen Schaden anrichten. Nicht nur kurzfristig konjunkturell, sondern auch mittelfristig handelspolitisch. Die Aufräumarbeiten, um dann wieder Vertrauen aufzubauen, die Basis aller Handelsbeziehungen, dürften viele Jahre dauern.
Es ist ein schwacher Trost, dass die Auswirkungen womöglich die USA am Ende härter treffen würden als Europa. Viele Volkswirte gehen davon aus, dass die Zolleinnahmen schlussendlich nur zum kleinen Teil von europäischen Exporteuren gezahlt werden – vielmehr in der Hauptsache von Joe Sixpack, dem amerikanischen Verbraucher. Zumal die US-Inflationsrate schon im Herbst spürbar anziehen dürfte.
Insofern gilt: In den nächsten anderthalb Wochen ist Geschlossenheit gefragt – und der Mut, überzeugend zu demonstrieren, dass die EU zu Gegenmaßnahmen bereit ist. Sie muss – nicht zu jedem Preis, aber mit aller Kraft – versuchen, Zölle von 20% oder 30% doch noch abzubiegen. Denn wenn es dazu käme, wäre der transatlantische Handel, so wie wir ihn kennen, am Ende.
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