Shein gehört nach Hongkong
London war nur zweite Wahl für den nach Singapur ausgeflaggten chinesischen Einwegmodehändler Shein. Ihm stand der Sinn nach einer Notierung an der Wall Street. Zunehmende handelspolitische Spannungen zwischen dem Reich der Mitte und den USA waren ein Faktor, der diesen Traum zunichte machte. Der zweite Faktor war die Herkunft der verarbeiteten Baumwolle.
Börsengang des Jahres
Shein gehört
nach Hongkong
Von Andreas Hippin
Shein wollte sich auch beim Anlauf auf die London Stock Exchange nicht dazu äußern, ob ein Teil davon aus Xinjiang stammt. In der Region im Westen Chinas werden Zwangsarbeiter, die zur ethnischen Minderheit der Uiguren gehören, für die Baumwollernte eingesetzt. Das Unternehmen verfolge eine „Nulltoleranzpolitik“, wenn es um Zwangsarbeit gehe, verlautbarte es lediglich.
Mit der britischen Aufsicht sei sich Shein nicht einig darüber geworden, wie Risikofaktoren wie das Exposure zu Xinjiang im Prospekt dargestellt werden sollen, berichtet die „Financial Times“. Es spricht für den Regulierer, dass er nicht mit Blick auf die Größe des Initial Public Offerings und dessen mögliche Bedeutung für den Finanzplatz London klein beigegeben hat.
Standhafte Aufsicht
Nun strebt Shein dem Blatt zufolge einen Börsengang in Hongkong an. Mit der China Securities Regulatory Commission (CSRC) dürfte es keine Probleme geben. Schließlich gibt es in Xinjiang offiziell keine Zwangsarbeit. Die Parteiführung in Beijing fordert chinesische Unternehmen ohnehin dazu auf, nicht in New York oder London aufs Parkett zu streben, sondern in der hauseigenen Sonderwirtschaftszone.
Vielleicht hofft Shein auch darauf, die Börsen gegeneinander ausspielen zu können. Ließe sich nicht mit einem von der CSRC abgenickten Prospekt doch noch ein Listing in London bewerkstelligen? Hoffentlich nicht! Solange Shein die Karten nicht auf den Tisch legt, gehört das Unternehmen nach Hongkong, wo die Volksrepublik die Demokratie erstickt hat und Zweifel am Fortbestand der Rechtsstaatlichkeit angebracht sind.
Karten auf den Tisch
London hat einen Ruf zu verteidigen, wenn es um Transparenz und Governance geht. IPO-Kandidaten werden zwar dringend gesucht. Doch müssen sie sich an die Standards halten.