Trump sät Unruhe in Amerikas Landwirtschaft
Trump sät Unruhe
in der US-Landwirtschaft
Der Handelskrieg mit China zieht große Planungsunsicherheit für Amerikas Bauern nach sich. Zugleich streicht US-Präsident Donald Trump Landwirtschaftsprogramme zusammen. Das stellt auch börsennotierte Maschinenbauer vor Probleme.
Von Alex Wehnert, New York
Über den Feldern Amerikas braut sich während der diesjährigen Aussaat ein Sturm zusammen. Denn während US-Präsident Donald Trump sich als großer Unterstützer der Landwirtschaft positioniert, hat seine Administration bereits Milliarden Dollar aus Programmen gestrichen oder eingefroren, die in ländliche Gemeinden investieren, die Lieferung lokaler Lebensmittel an Schulen und Tafeln fördern oder Bauern Investitionen in erneuerbare Energieprojekte erleichtern. Die vom Präsident vorangetriebene Aushöhlung des Department of Agriculture (USDA) reißt gerade auf kleineren Höfen finanzielle Lücken auf, die ihre Betreiber schon jetzt kaum zu schließen wissen – zugleich ächzen Groß-Farmer unter der Unsicherheit durch den vom Republikaner losgetretenen globalen Handelskrieg.
Risse im vorläufigen Frieden
Denn nach der jüngsten vorläufigen wirtschaftlichen Waffenruhe zwischen Washington und Peking, in deren Zuge die beiden Staaten ihre gegeneinander verhängten Strafzölle temporär reduziert haben, zeichnen sich schon wieder Risse ab. So wirft China den Vereinigten Staaten kaum eine Woche nach den Gesprächen zwischen US-Finanzminister Scott Bessent sowie dem Handelsbeauftragten Jamieson Greer und hochrangigen Vertretern der Volksrepublik um Vizepremier He Lifeng in Genf Verstöße gegen die dort erzielten Vereinbarungen vor. Durch eine Warnung an die amerikanische Industrie vor der Nutzung chinesischer Chips – insbesondere Prozessoren der Linie Huawei Ascend, die wohl in Missachtung gegen US-Exportkontrollen entwickelt worden seien – unterminiere Washington das vorläufige Handelsabkommen zwischen den führenden Wirtschaftsnationen.
Landwirtschaftsvertreter betrachten eine mögliche neue Eskalation in dem Konflikt mit großer Sorge, ist China nach Kanada und Mexiko doch der drittgrößte Importeur von US-Nahrungsmittelrohstoffen. In einigen Bereichen ist die Volksrepublik gar der größte Abnehmer: Im vergangenen Jahr gingen 54% der amerikanischen Sojabohnen-Ausfuhren ins Reich der Mitte – obwohl dieses seine Abhängigkeit von Amerika gegenüber anderen Zulieferern andersherum bereits seit der ersten Trump-Präsidentschaft bedeutend reduziert hat.
Vergangener Handelskrieg wirkt noch nach
Bauern im pazifischen Nordwesten, vor allem im Bundesstaat Washington, führen üblicherweise sogar mehr als 90% ihres angebauten Weizens nach Japan, Südkorea, auf die Philippinen und in andere Länder jenseits des Ozeans aus. Auch die Beziehungen zwischen den USA und diesen Ländern sind infolge von Trumps Strafzoll-Wirrwarr stark angespannt – dabei haben sich viele Höfe nach Angaben von Farmern kaum von den handelspolitischen Verwerfungen der ersten Amtszeit des Republikaners erholt.

In anderen Regionen wie dem Mittleren Westen wehen noch immer zahlreiche Trump-Flaggen über den Ställen und Scheunen – doch hinter verschlossenen Türen machen Bauern ihren Sorgen Luft, dass der Präsident sie in den Ruin treiben wird. Denn sie können steigende Kosten für langfristige Investitionen in Maschinen, Grund, Saat, Ackerbau und Vieh laut dem Illinois Farm Bureau nur äußerst eingeschränkt als Preiserhöhungen an ihre Abnehmer weitergeben.
Bereits 2024, vor Beginn des Handelskriegs, gingen die US-Farmeinnahmen auf 139 Mrd. Dollar zurück, nachdem sie im Vorjahr noch bei 147 Mrd. Dollar gelegen und 2022 einen Rekordwert von 182 Mrd. Dollar erreicht hatten. Prognosen des USDA, gemäß denen sie 2025 wieder auf 180 Mrd. Dollar schnellen dürften, ziehen Analysten bereits erheblich in Zweifel. Vermutlich, betont der auf die Landwirtschaft spezialisierte Analysedienst Terrain, komme dieser Wert nicht organisch, sondern durch staatliche Überbrückungshilfen zusammen – im Folgejahr sei dann mit einem erneuten Einbruch auf 139 Mrd. Dollar zu rechnen.
Deere kürzt Prognose
Die Unsicherheit stellt dabei auch börsennotierte Landmaschinenbauer vor Herausforderungen. Der führende Traktorenhersteller Deere hat im ersten Quartal mit seinem Nettogewinn von 1,8 Mrd. Dollar zwar die Erwartungen der Wall Street übertroffen, gegenüber dem Vorjahr bedeutete dies aber bereits einen Rückgang um ein Viertel. Nach deutlichen Absatzrückgängen – die Erlöse aus dem Verkauf von Land- und Baumaschinen fielen um 20% – und angesichts anhaltend erhöhter Zinsniveaus stellt Deere nun einen trüberen Ausblick: Im Gesamtjahr rechnet das Unternehmen mit einem Nettogewinn von 4,8 bis 5,5 Mrd. Dollar, zuvor hatte es noch mindestens 5 Mrd. Dollar in Aussicht gestellt.
Konkurrenten suchen derweil über die aktuellen Verwerfungen hinauszublicken. „Die Weltbevölkerung wächst und mit ihr die Nachfrage nach Getreide und pflanzenbasierten Nahrungsmitteln“, sagte Gerrit Marx, CEO des multinationalen Konzerns CNH Industrial, beim Investorentag des Unternehmens an der New York Stock Exchange Anfang Mai. Zugleich sei die Fläche an urbarem Land global limitiert – Investitionen in moderne und effiziente Landmaschinen seien damit notwendig, um die Produktivität strukturell zu steigern.
Anpassungen in der Lieferkette
Im laufenden Jahr werde der Sektor wohl ein Tal durchlaufen. „Der Großteil der Zölle ist ja nicht völlig unerwartet gekommen“, betont Marx. Die Basisannahme des Unternehmens habe auf „Tariffs“ von 10% gegen alle US-Handelspartner gelautet – wie Trump sie auch tatsächlich verhängte – sowie höhere Strafmaßnahmen gegen bestimmte Länder. „Wir waren darauf vorbereitet, leichte Anpassungen in der Lieferkette vornehmen zu müssen, und haben in Vorbereitung auf Kostenanstiege zu Jahresbeginn moderat die Preise erhöht“.

CNH – die gerade einen ambitionierten strategischen Geschäftsplan vorgestellt halt und die im ersten Quartal um 610 Basispunkte auf 5,4% eingebrochene bereinigte operative Marge im Landwirtschaftsgeschäft bis 2030 auch durch höhere Kosteneffizienz auf 16 bis 17% steigern will – sieht jüngste Deals zwischen den USA und Handelspartnern wie Großbritannien grundsätzlich positiv. Allerdings betont das Unternehmen, die Produktion bereits stark lokalisiert zu haben. „Für rund 70% der in den USA gebauten Maschinen beziehen wir auch die Teile aus den USA“, sagt Marx. Der für die Fertigung benötigte Stahl komme gar zu 90% aus den Vereinigten Staaten.
Für Firmen wie CNH, die an der Nyse gelistet ist, in London und Amsterdam sitzt und in Italien designt und produziert, könne die Politik Washingtons sogar Vorteile mit sich bringen. So trachten Trumps ökonomische Berater nach einer strategischen Abwertung des Dollar, um die Exportwirtschaft zu stärken. Für Unternehmen mit globalem Geschäft, die im Greenback berichten, zieht dies auf dem Papier positive Währungseffekte nach sich. Eine zu rapide Abwertung des Dollar, räumt auch Marx ein, könne aber auch größere Anpassungen im Geschäftsmodell notwendig machen.
Kaufkraft unter Druck
Denn eine solche Entwicklung würde die ohnehin schon gesunkene Kaufkraft der US-Bauern weiter einschränken. Zudem betont der CNH-CEO, dass für die Landwirtschaft nicht nur bereits beschlossene Zölle gegen US-Handelspartner zum Problem würden, sondern die durch Trumps Handelswirrwarr ausgelöste Verunsicherung über potenziell noch anstehende Maßnahmen. „Bauern warten nun in Ungewissheit darauf, wie sich der globale Rohstoffhandel in den kommenden Monaten entwickelt und was sie im nächsten Jahr überhaupt aussäen können“, sagt Marx. Trump sät vor allem Wind – und wird laut Analysten Sturm ernten.