Notiert inCharlotte

Über den USA braut sich der perfekte Sturm zusammen

Ein riesiges Sturmsystem hält die US-Ostküste in eisernem Griff. Die aktuellen Gewitter bieten einen Vorgeschmack auf künftige durch den Klimawandel ausgelöste Krisen.

Über den USA braut sich der perfekte Sturm zusammen

Notiert in Charlotte

Der perfekte Sturm

Von Alex Wehnert

An Gate A32 des Charlotte Douglas International Airport harren zu später Stunde nur noch die größten Optimisten und verzweifeltsten Geschäftsreisenden aus. Doch als ein greller Blitz nahe am Terminal einschlägt, müssen auch sie hinnehmen, was wenig später die Anzeigetafel verkündet: Weder Delta-Airlines-Flug 5048 noch die nachfolgende Maschine werden an diesem Abend im Juli nach New York-LaGuardia aufbrechen. Denn ein riesiges Sturmsystem hält die US-Ostküste im Griff, allein am vergangenen Mittwoch waren in Charlotte 500 Flüge verspätet, über 130 wurden ganz gestrichen.

Schlechtes Wetter verfolgt Passagiere

Die Maschine, die eigentlich am späten Nachmittag Richtung New York starten sollte, muss auf dem Hinweg vom Flughafen John F. Kennedy zur „Queen City“ wetterbedingt außerplanmäßig in Raleigh landen, wo sie dann auch stecken bleibt. Den letzten hoffnungsvollen Passagieren an Gate A32 bleibt nichts anderes übrig, als sich Zimmer für die Nacht zu organisieren und es am nächsten Tag erneut zu versuchen.

Wer es schließlich nach New York schafft, den verfolgt das schlechte Wetter. In der laufenden Woche müssen die Bewohner der Empire City und New Jerseys gegen Sturzfluten ankämpfen, U-Bahn-Stationen stehen unter Wasser – was nach den jüngsten Ereignissen in Texas auf besonders angespannte Nerven trifft. In dem Südstaat kamen Stand Dienstag 133 Menschen ums Leben, nachdem der Guadelupe River Anfang Juli infolge heftiger Regenfälle über die Ufer trat. Während die Aufarbeitung des Desasters noch läuft und deutlich wird, dass die am schwersten betroffenen Landkreise über eine unzureichende Krisenprävention verfügten, bahnen sich schon die nächsten Fluten im texanischen Bergland an.

Ein Desaster nach dem anderen

Auch über die aktuelle Sturmsaison hinaus müssen sich zahlreiche Regionen der USA infolge des Klimawandels auf eine erhöhte Frequenz an Naturkatastrophen gefasst machen. Dürre und heftige Winde begünstigen Großbrände wie jene, die im Januar in Kalifornien Verheerungen anrichteten; Hurrikans, die sich im Golf von Mexiko zusammenbrauen, verwüsten Staaten wie Louisiana, und langfristig trägt das Abschmelzen von Gletschern zu einem veränderten Wasserdruck in tektonischen Verwerfungszonen bei, der das Erdbebenrisiko erhöht.

Wenngleich es angesichts der verbundenen Existenzbedrohungen und Gefahren für Menschenleben zynisch erscheinen mag, die Folgen der Desaster nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten: Die großen Finanzkrisen der Zukunft dürften verstärkt auf Klimarisiken zurückzuführen, sein, die politische Entscheidungsträger in republikanisch kontrollierten Bundesstaaten wie Texas und Vertreter der Administration von US-Präsident Donald Trump allzu gerne ausblenden. Denn infolge von Naturkatastrophen werden die ohnehin unter Druck stehenden Häuserpreise in bestimmten US-Gegenden noch massiv einbrechen, während die Versicherungskosten durch die Decke schießen.

Versicherer und Banken ziehen sich zurück

In einigen Regionen wird es, wie Jerome Powell, der Vorsitzende der Federal Reserve, bereits im Februar warnte, unmöglich sein, noch eine Hypothek zu bekommen. Nach Versicherern werden sich also auch Banken aus vielen Gegenden zurückziehen – damit drohen ganze Bevölkerungsschichten den Anschluss an das Finanzsystem verlieren. Die Gewitter, die im Juli durch North Carolina, New York und Texas fegen, sind also nur Vorboten eines perfekten Sturms.

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