Notiert inSchanghai

Fudan heiß geliebt – Harvard kalt erwischt

China und die USA gehen immer stärker getrennte Wege. Das sieht man auch in der Behandlung von Eliteuniversitäten.

Fudan heiß geliebt – Harvard kalt erwischt

Fudan darf feiern – Harvard muss leiden

Von Norbert Hellmann

Der historisch angehauchte Campus der hoch angesehenen Schanghaier Fudan-Universität gibt dieser Tage ein Bild des Friedens und der Festlichkeit ab. Die ehrwürdige Institution hat 120 Jahre auf dem Buckel und genießt die ihr allseits zukommende Anerkennung. An der Bundpromenade am Huangpu-Fluss, mit Blick auf die Hochhaustürme der Pudong-Seite, wird das Jubiläum mit einer spektakulären Lightshow begangen. An dem Shanghai Tower und benachbarten Wolkenkratzern laufen Grußparolen mit „I Love Fudan“ samt Herzchen-Icons auf Englisch und Chinesisch die Fassade entlang.   

Harter Kontrast

Staatspräsident Xi Jinping hat gerade feste gratuliert und akademische Exzellenz mit Elogen gepriesen, die in der Staatspresse einen sehr prominenten Platz auf Seite 1 finden. Auf den Seiten dahinter dann die weniger erquicklichen Berichte und Bilder zur Harvard University. Sie soll auf Geheiß von US-Präsident Donald Trump mit allen verfügbaren administrativen Foltermethoden zur Schnecke gemacht werden. Als besondere Strafmaßnahme steht eine Zugangssperre der für Harvards finanzielle Geschicke entscheidenden ausländischen Studenten im Raum. 

Es gilt nicht nur ein Jubiläum zu begehen, sondern auch den Kontrast zu betonen, wie die Präsidenten der beiden führenden Weltmächte mit den renommiertesten akademischen Institutionen im eigenen Land umgehen. In China löst die Harvard-Soap-Opera fast noch mehr Kopfschütteln aus als der vorerst etwas entschärfte Strafzollkrieg. Trotz Gewöhnung an Trumps wirtschaftliche Selbstvernichtungsinstinkte macht der Angriff auf die vielleicht weltbekannteste Universität und die willentliche Zerstörung einer akademischen Aura als globaler Soft-Power-Faktor Chinesen völlig perplex.

Visumsbeschränkung

Ins Feixen über Amerikas akademischen Bedeutungsverlust mischen sich ernste Sorgen. Der Harvard-Bann mit dem tieferen Sinn, Geldhähne als Strafe für liberale Gesinnung abzudrehen, erfährt einen neuen Drall. Die Trump-Administration rechtfertigt Strafen nun mit prochinesischer Gesinnung der Harvard-Universitätsleitung. Das Außenministerium setzt einen drauf und will die Visumvergabe für US-Studienaufenthalte von Chinesen drastisch einschränken.

Schon sind wir wieder bei der Handelspolitik: Washington dämmt Chinas Studentenexport ein. 2024 waren knapp 280.000 vor Ort, während sich nur 900 Amerikaner an chinesische Unis verlaufen haben. Volkswirtschaftlich gesehen bedeutet Chinas „Ausfuhr“ von Studenten jedoch einen Dienstleistungsimport aus den USA.

Glanznummer

Dem riesigen Warenhandelsdefizit mit Exportweltmeister China stand 2024 ein signifikanter Überschuss bei Dienstleistungen von 32 Mrd. gegenüber. Fast ein Drittel stammt aus dem Bildungssektor, mit Ausgaben für Studiengebühren und Lebenshaltungskosten von wissbegierigen Chinesen an US-Hochschulen als Hauptposten. Handelsheld Trump ist gerade dabei, eine seltene US-Glanznummer im Wirtschaftsverkehr mit China abzuwürgen.

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