„Herr Källenius, was ist Ihr Plan B?“
„Herr Källenius, was ist Ihr Plan B?"
Von Joachim Herr, München
Aus der Sicht von Ola Källenius ist es ganz einfach: „Fokus auf den Kunden, die begehrenswertesten Autos, bahnbrechende Technologien, ein profitables Unternehmen, ein attraktives Investment.“ Darum gehe es für Mercedes, sagt der Vorstandsvorsitzende des Autoherstellers gegen Ende seiner Rede auf der Hauptversammlung. Den Begriff Luxus lässt er aus.
Jedoch spielt die stärkere Ausrichtung von Källenius auf das Top-Segment für die Sprecher von Fondsgesellschaften, die in der virtuellen Veranstaltung zugeschaltet werden, eine wichtige Rolle – wie schon im vergangenen Jahr. Die im Mai 2022 in Monaco vorgestellte Luxusstrategie habe bisher nicht gezündet, moniert Ingo Speich von Deka Investment. „Wunsch und Wirklichkeit des Mercedes-Managements liegen immer weiter auseinander.“
Eine erneuerte Palette
Es sei allerdings zu früh, um die Frage zu beantworten, ob die Luxusstrategie gescheitert sei, fügt Speich hinzu. Moritz Kronenberger von Union Investment blickt weiter voraus: „Herr Källenius, was ist Ihr Plan B, wenn Luxus nicht funktioniert?“ Eine klare Antwort darauf vermeidet Källenius. Stattdessen liest er die für ihn vorbereitete Antwort ab. Darin verweist er auf die drei Sparten vom Einstiegssegment bis zum oberen Ende mit S- und G-Klasse, AMG und Maybach. Im Top-End-Segment sei Mercedes nach wie vor der weltweit führende Anbieter mit einem stabilen Marktanteil. „Und wir wollen hier weiter wachsen.“ Als Beispiel für einen Ansatz nennt er eine erneuerte Modellpalette der AMG-Sportwagen.
Källenius beteuert, Mercedes ziehe sich aus keiner der drei Kategorien zurück. „Wir wollen in jedem Segment das obere Ende definieren.“ 2022 in Monaco hatte sich das noch anders angehört: Den Schwerpunkt für das Wachstum legte der Vorstand um Källenius, der mittlerweile seit sechs Jahren an dessen Spitze steht, damals auf das Top-End. Doch es kam ganz anders: Aus dem angestrebten Wachstum des gesamten Absatzes um etwa 5% im Jahr bis 2026 wurde nichts. 2021 hatte das Unternehmen knapp 2,09 Millionen Pkw und Vans für Privatkunden verkauft. 2024 waren es nur 1,98 Millionen. Im ersten Quartal 2025 ging es um 4% weiter abwärts. Immerhin verringerte sich der Rückgang im Top-End-Segment auf 2% nach 14% im ganzen Jahr 2024.
Keine konkrete Antwort
Källenius hat seine Ambitionen seit 2022 zurückgeschraubt: Bis 2026 sollte der Absatzanteil des oberen und besonders profitablen Segments im günstigen Fall auf 20% steigen. Jetzt gibt sich der 55 Jahre alte Manager mit schwedischer und deutscher Staatsbürgerschaft damit zufrieden, wenn die Quote auf dem Niveau der aktuell 14 bis 15% bleibt. Hendrik Schmidt von DWS Investment fragt nach den Szenarien des Vorstands im Fall einer „Luxusmüdigkeit“. Auch er erhält keine konkrete Antwort. „Wir konzentrieren uns auf Wachstum in Segmenten, die hohe und stabile Renditen versprechen“, sagt Källenius. „Das ist für Mercedes-Benz aus ökonomischer Sicht der beste Ansatz.“ Dann weist er noch darauf hin, dass das Unternehmen vor seiner bisher größten Produktoffensive stehe – vom Top-End über das Kern- bis zum Einstiegssegment.
„Eher schlicht als luxuriös“
Speich von der Deka vergleicht die Entwicklung des Aktienkurses mit der Strategie: „An der Börse präsentiert sich Mercedes eher schlicht als luxuriös.“ Er erinnert daran, dass der Kurs inklusive Dividende im vergangenen Jahr rund 7% verloren habe. Das sei ähnlich schwach wie der Stoxx-Branchenindex Automobil gewesen, aber rund 25% schlechter als der Dax. Speichs Fazit: „Es gibt Luxus zum Schnäppchenpreis.“ Union-Investment-Manager Kronenberger befürchtet, der Stern könnte immer weiter sinken: „Absatz, Umsatz, Marge, free Cashflow und Gewinn und folglich auch Aktienkurs und Dividende sind im Sinkflug.“