SPD-Beschluss

Klingbeil wird Vizekanzler und Finanzminister

SPD-Co-Parteichef Lars Klingbeil wird neuer Finanzminister. Viel Zeit zum Einarbeiten bleibt dem 47-jährigen Niedersachsen nicht.

Klingbeil wird Vizekanzler und Finanzminister

Lars Klingbeil wird Vizekanzler und neuer Finanzminister

Von Andreas Heitker, Berlin

Trotz des historisch schlechten Ergebnisses der Sozialdemokraten bei der jüngsten Bundestagswahl übernimmt der daran mitverantwortliche Co-Parteichef der SPD, Lars Klingbeil, das machtvolle Finanzministerium in der neuen Regierung und wird zudem neuer Vizekanzler. Nach wochenlangen Spekulationen bestätigte Generalsekretär Matthias Miersch am Mittwoch die entsprechenden Personalien. Das SPD-Präsidium habe Klingbeil beauftragt, die Posten zu übernehmen, gab er in Berlin bekannt.

Klingbeil, der dem konservativen Seeheimer Kreis innerhalb der SPD-Fraktion angehört, hatte bislang wenig mit Finanz- und Haushaltspolitik zu tun. Auch sein 2004 in Hannover abgeschlossenes Studium hatte eine andere Ausrichtung: Politikwissenschaft, Soziologie und Geschichte. Klingbeil wird nachgesagt, sich rasch in Themen einarbeiten zu können. Viel Zeit hierfür bleibt dem 47-Jährigen allerdings nicht.

Keine große Zeit zum Einarbeiten

Bereits in der Woche nach seiner geplanten Vereidigung wird er erstmals zu Eurogruppe und Ecofin reisen. Am Folgetag beginnt die wichtige Steuerschätzung und dann nur wenige Tage später steht ein Treffen mit seinen anderen G7-Finanzministerkollegen in Kanada an. Und das große Thema für den anstehenden Sommer ist natürlich, einen Bundeshaushalt für 2025 zu verabschieden und zumindest einen Etatentwurf für 2026 aufzustellen. Nebenher muss noch dafür gesorgt werden, dass das neue Sondervermögen auch kompatibel mit den neuen EU-Fiskalregeln ausgestaltet wird.

Wer den verheirateten Vater eines 2024 geborenen Sohnes bei diesem Ritt als Staatssekretär unterstützen soll, ist noch unklar. Ohnehin wird sich Klingbeil vor seinem Start im Finanzministerium erst einmal auf die heikle Besetzung der übrigen sechs Kabinettsposten der SPD konzentrieren müssen.

Gezielter Griff nach mehr Macht

Diese Personalien sollen am nächsten Montag verkündet werden. Dabei wird vor allem der Umgang mit Co-Parteichefin Saskia Esken im Fokus stehen, der das Wahldebakel vom Februar in der Öffentlichkeit eher angehängt wird als Klingbeil. Dieser hatte bereits am Abend der Bundestagswahl gezielt nach dem Fraktionsvorsitz gegriffen. Die Kritik an diesem Vorgehen aus den eigenen Reihen („Selbstermächtigung oder gar Bonapartismus“) änderte nichts daran, dass Klingbeil die SPD in den Koalitionsverhandlungen mit der Union anführte. Dem designierten Bundeskanzler und CDU-Chef Friedrich Merz stand der Niedersachse so fast auf Augenhöhe gegenüber – und das nicht nur wegen der Körpergröße: Klingbeil ist 1,95 Meter groß, Merz 1,98 Meter.

Lange Parteikarriere

Klingbeil führt die SPD zusammen mit Esken seit Dezember 2021. Zuvor war der Niedersachse vier Jahre lang Generalsekretär seiner Partei gewesen. Im Bundestag sitzt der künftige Finanzminister, der auf Interims-Minister Jörg Kukies (SPD), Christian Lindner (FDP), Olaf Scholz (SPD), Interims-Minister Peter Altmaier (CDU) und Wolfgang Schäuble (CDU) folgt, seit 2009 – nach einem kurzen Zwischenspiel schon seit 2005. Bei den Jusos war Klingbeil vier Jahre stellvertretender Bundesvorsitzender gewesen.

Für seine Hobbys dürfte Klingbeil in den nächsten Jahren wenig Zeit haben. Bekanntermaßen spielt er gerne Gitarre und war auch schon Sänger und Gitarrist einer Rockband („Sleeping Silence“). Seit drei Jahren ist der Bayern-München-Fan auch noch Mitglied des Verwaltungsbeirates des Vereins.

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