FATF-Bericht

Geldwäschebekämpfung in Deutschland unzureichend

Die Financial Action Task Force bescheinigt Deutschland zwar Fortschritte im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, fordert aber eine stärkere Überwachung von Banken und Unternehmen.

Geldwäschebekämpfung in Deutschland unzureichend

Von David Pasewaldt und

Gerson Raiser*)

Am 25. August 2022 hat die Financial Action Task Force (FATF), das international führende Gremium zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, ihren Be­richt zur Effektivität der Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsbekämpfung in Deutschland veröffentlicht. Dieser Bericht markiert den Abschluss einer etwa zwei Jahre andauernden Prüfung, deren Ergebnisse mit Spannung erwartet wurden – nicht nur wegen der schon im Juni bei einer FATF-Mitgliederversammlung in Berlin vor rund 300 Delegierten aus 39 Staaten geforderten „erheblichen Verbesserungen“.

Besonderes Interesse gilt der Beurteilung zudem, weil Deutschland in jüngerer Vergangenheit zwar wiederholt wegen vermeintlicher Schwächen bei der Geldwäschebekämpfung in die Schlagzeilen geraten war, während der laufenden Prüfung aber selbst die Präsidentschaft über das internationale Gremium innehatte. Skeptiker wollten die Glaubwürdigkeit dieses Vorsitzes deshalb vom Fazit der eigenen Bewertung abhängig machen.

Verbesserungen bestätigt

Die FATF attestiert Deutschland zwar wesentliche Verbesserungen bei der Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung seit der letzten Prüfung im Jahr 2010. Positiv hebt der gut 300 Seiten starke Abschlussbericht etwa die verbesserte Kooperation und Koordination zwischen den zuständigen Behörden auf Bundes- und Landesebene hervor sowie namentlich den gesteigerten Per­sonaleinsatz bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zur Überwachung des Finanzsektors und der Financial Intelligence Unit (FIU). Ferner würdigt die FATF die bisherigen Verschärfungen der Geldwäschestrafbarkeit, die Einführung des Transparenzregisters im Jahr 2017 und das gute Verständnis der zuständigen Stellen über Geldwäscherisiken und -strukturen vor allem in der Immobilienwirtschaft und im Finanzsektor sowie im Zusammenhang mit virtuellen Vermögenswerten.

Trotz dieser Verbesserungen benennt die FATF diverse Schwächen der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Deutschland und verlangt deutliche Nachbesserungen. Ein Defizit bestehe etwa bei der Aufdeckung komplexer Geldwäschestrukturen wegen fehlenden Zugangs zu Finanzinformationen oder unzureichender Ermittlungen, etwa der FIU im Zusammenhang mit Geldwäscheverdachtsmeldungen.

Strafverfolgung ungenügend

Als konkrete Maßnahme zur Abhilfe führt der Bericht eine verbesserte Ausstattung von Behörden zur Verarbeitung und Analyse vorhandener Informationen ins Feld. Dabei sollen zukünftig auch neue Technologien wie beispielsweise künstliche Intelligenz (KI) zur Anwendung kommen. In einigen Bereichen fehle es zudem noch an ausreichender Sachkenntnis, wodurch ein ungenügendes Risikobewusstsein bei den Behörden bestehe, wie beispielsweise im Zusammenhang mit Bargeldzahlungen und beim „Hawala-Banking“, also dem grenzüberschreitenden Bargeldtransfer in Echtzeit über codierte Überweisungssysteme auf Verrechnungsbasis.

Kritisiert wird im FATF-Bericht ferner, dass die tatsächliche Strafverfolgung von Geldwäsche in Deutschland entsprechenden Verlautbarungen auf politischer Ebene hinterherhinke. Dies zeige die im Vergleich zu anderen Ländern geringe Zahl von Anklagen und Verurteilungen wegen Geldwäsche ebenso wie die relativ geringen Beträge eingefrorener oder eingezogener Vermögenswerte. Ge­fordert wird insoweit eine verstärkte Nutzung der im Jahr 2017 erwei­terten Möglichkeiten zur Abschöpfung illegaler Vermögensgegenstände durch gesteigerten Personaleinsatz, beispielsweise im Zusammenhang mit dem grenzüberschreitenden Bargeldverkehr.

Als verbesserungsfähig benennt der FATF-Bericht außerdem die bestehende Aufsicht des Finanzsektors durch die BaFin in Hochrisiko­bereichen außerhalb des Bankensektors. Dazu gehören namentlich Finanzdienstleistungsinstitute und Zahlungsdienstanbieter sowie Ka­pitalverwaltungsgesellschaften und Investmentfonds. Kritikpunkte sind dabei etwa verzögerte Abhilfemaßnahmen bei bekannt gewordenen Verletzungen von Pflichten zur Geldwäscheprävention und eine unzureichende Verhinderung von wiederholten Verstößen, deren Ursache laut FATF vor allem in einer unzureichenden Informations- und Datengrundlage bestehe. Zudem solle die BaFin nicht lizenzierte Zahlungsdienstleister auch außerhalb des Glücksspielsektors verstärkt identifizieren, insbesondere im Bereich von Hawala-Netzwerken.

Deutliche Kritik übt der FATF-Bericht auch an der Geldwäscheaufsicht im Nichtfinanzsektor, insbesondere im Hinblick auf Güterhändler. Im Gegensatz zum Finanz- und Versicherungssektor, der über die BaFin als zentrale Aufsichtsbehörde auf Bundesebene überwacht wird, sind für die Überprüfung des Nichtfinanzsektors nämlich verschiedene Aufsichtsbehörden auf Landesebene zuständig. Der FATF-Bericht bescheinigt hier eine unzureichende Koordination zwischen den verschiedenen Aufsichtsbehörden. Auch die hohe Zahl beaufsichtigter Unternehmen (etwa 1 Million) und eine mangelnde Personalausstattung werden kritisiert.

Gerügt werden von der FATF allerdings nicht nur staatliche Stellen. Verbesserungsbedarf sieht der Bericht auch in den bestehenden Maßnahmen zur Geldwäsche-Compliance, vor allem bei Unternehmen außerhalb des Finanzsektors, wie beispielsweise Güterhändlern im Bereich des Rohstoffhandels, aber auch bei Notaren und Rechtsanwälten. Kritisiert werden dabei namentlich Unzulänglichkeiten bei der Erstattung von Geldwäscheverdachtsmeldungen aufgrund unzureichender Sensibilität für potenziell verdächtige Transaktionen, mangelnder interner Kontrollsysteme oder eines falschen Verständnisses beruflicher Verschwiegenheitspflichten.

Neue Bundesbehörde geplant

Aufgrund dieser Schwachpunkte und des geforderten Handlungsbedarfs wird die Gesamtbewertung Deutschlands durch die FATF als deutliche Kritik wahrgenommen. Keinen guten Eindruck wird auch der Umstand hinterlassen haben, dass während einer knapp dreiwöchigen Vor-Ort-Prüfung im November des Jahres 2021 den Prüfern der FATF keine einheitlichen und aktuellen Informationen aus dem Transparenzregister zur leichteren Identifizierung wirtschaftlich Berechtigter vom Bundesverwaltungsamt als führender Stelle zur Verfügung gestellt werden konnten.

Aus dem Bundesfinanzministerium wurde unterdessen bereits ein Vorstoß bekannt, der gemeinhin als Reaktion auf die im FATF-Bericht genannten Defizite verstanden wird. Geplant ist demnach ein neues Bundesfinanzkriminalamt mit bis zu 1000 Ermittlern, die gezielt verdächtige Zahlungsströme verfolgen („follow the money/der Spur des Geldes folgen“) und so Geldwäsche sowie Terrorismusfinanzierung zentral auf oberster Bundesebene bekämpfen sollen. Zudem soll die FIU als wichtiger Partner der neuen Bundesbehörde in die neuen Strukturen integriert und entsprechend den europäischen und internationalen Vorgaben als unabhängige Analyseeinheit fortgeführt werden.

Verstärkte Digitalisierung

Neben dieser Bündelung von Kernkompetenzen unter einem Dach sind als weitere „Säulen“ die Ausbildung hoch qualifizierter Finanzermittlerinnen und Finanzermittler sowie eine verstärkte Digitalisierung und Vernetzung von Registern mit Informationen zu wirtschaftlich Berechtigten vorgesehen.

Banken und Unternehmen werden angesichts des FATF-Berichts künftig mit einer weiter verstärkten Aufsicht und Ahndung etwaiger Verstöße gegen Geldwäschepflichten sowie strengerer Strafverfolgung rechnen müssen. Besonderes Augenmerk sollte dabei – neben möglichen Änderungen rechtlicher Vorgaben – auf angemessenen Maßnahmen zur Geldwäsche-Compliance liegen, namentlich auf einer ausreichenden Identifizierung von Vertragspartnern und einer unverzüglichen Meldung von Verdachtsmeldungen an die Financial Intelligence Unit als zuständige Zentralstelle.

*) Dr. David Pasewaldt ist Partner und Gerson Raiser ist Counsel in der Praxisgruppe „White Collar, Regulatory & Compliance“ von Clifford Chance in Frankfurt.