Finanzaufsicht

BaFin warnt vor Zinsrisiken

Die BaFin hat die Gefahren durch einen abrupten Zinsanstieg im Fokus, da bei vielen Häusern Bewertungsreserven aufgebraucht seien. Auch angesichts drohender Kreditausfälle sorgt sich die Behörde.

BaFin warnt vor Zinsrisiken

wbr Frankfurt

Für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist ein weiterer Zinsanstieg derzeit eines der größten Risiken für die Banken. Schon jetzt belasten Verluste in Wertpapierportfolios die Profitabilität vieler Institute, hieß es am Montag anlässlich der Veröffentlichung des Risikoberichts 2023 von der Behörde. Ein weiterer plötzlicher und starker Zinsanstieg könne für manche Institute zu einer starken Belastung werden, sagte BaFin-Präsident Mark Branson. Im März 2022 vorgelegten Bericht standen noch die Risiken aus dem Niedrigzinsumfeld im Fokus. „Eines der größten finanziellen Risiken für die Finanzbranche ist das seit langem niedrige Zinsniveau“, hieß es damals.

Das vergangene Jahr habe mit seinem plötzlichen Zinsanstieg gezeigt, wie schnell sich das Risikoumfeld ändern könne, so Branson heute. „Die abrupt steigenden Zinsen be­deuten für viele Kreditinstitute aber auch steigenden Stress.“ Die Wertpapiere in ihren Beständen hätten durch den Zinsanstieg aktuell stark an Wert verloren. Das drücke kurzfristig auf die Profitabilität der betroffenen Banken – vor allem der kleineren Institute. Bei ihnen sei den ersten neun Monaten die vor Steuern berechnete Cost-Income-Ratio von rund 70 auf 96 % gestiegen. „Nach Steuern entstand so im Durchschnitt ein negatives Ergebnis. Bis zum Ende des Jahres 2022 konnten aber fast alle Institute die Verluste noch durch ihre Bewertungsreserven auffangen“, sagt Branson. Allerdings gelte auch:  „Die erste Verteidigungslinie ist weggefallen.“

Weitere Risiken für die Finanzstabilität und die Integrität des deutschen Finanzsystems sieht die Behörde den Angaben zufolge im Anstieg der Kreditausfälle. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, die deutsche Wirtschaft und die Banken seien immun gegen Kreditausfälle, so Branson. Fakt sei aber, dass das Risiko für Insolvenzen gestiegen sei und damit auch die Gefahr, dass Kredite an deutsche Unternehmen ausfielen. „Die aktuelle Risikovorsorge ist niedrig“, stellt Branson fest. Allerdings sieht auch er, dass die Institute zunehmend höhere Risikoprämien und mehr Sicherheiten einfordern.

Knapp an der Krise vorbei

Das vergangene Jahr habe der BaFin auch gezeigt, wie plötzlich sich Risiken materialisieren können. „Ein vielleicht unterschätztes Risiko geht dabei, global gesehen, von den Non Bank Financial Institutions (NBFIs) aus – auch Schattenbanken ge­nannt.“ Dieser Sektor sei in den vergangenen Jahren auch über ein hohes Leverage stark gewachsen. Noch sei das Finanzsystem aber nicht „komplett aus dem Takt geraten, nur die Kryptomärkte“, so Branson. Allerdings sei man bei den britischen Pensionskassen nur knapp an einer Krise vorbeigeschrammt, als die Häuser Ende September kurzfristig den in ihren Anlagestrategien enthaltenen Leverage abbauen mussten. „Wir dürfen diese Risiken nicht verharmlosen, nur weil es bisher nicht zur Katastrophe kam.“

Weiterhin besorgt ist die Finanzaufsicht über „Risiken aus Cyberattacken mit gravierenden Auswirkungen“. Unternehmen des Finanzsektors selbst oder deren Dienstleister können betroffen sein. „Dass Finanzdienstleister zunehmend Prozesse und Daten auf Dritte auslagern, macht sie noch verwundbarer“, sagte Branson. Es gebe mehr angreifbare Schnittstellen, und die Dienstleister müssen angemessen gesteuert und kontrolliert werden. „Wenn ein Auslagerungsunternehmen für viele Unternehmen des Finanzsektors tätig ist, kann bei einer Störung auch die Finanzstabilität in Gefahr geraten“, so die BaFin. Fielen solche Mehrmandantendienstleister aus, seien ihre Dienstleistungen kurzfristig nur schwer ersetzbar. Können wichtige Dienstleistungen plötzlich nicht mehr abgerufen werden, sei die Finanzbranche unter Umständen nicht mehr funktionsfähig. Dieses Risiko fasst die Aufsicht auch unter „geopolitische Umbrüche“, ein Trend, der neben Digitalisierung und Nachhaltigkeit erstmals im Risikobericht aufgenommen wurde.