Immobilien

Banken und Sparkassen winken Zusatzerträge

Um die Klimaziele zu erreichen, sind in Deutschland Sanierungen bestehender Gebäude im größeren Ausmaß nötig. Das birgt Ertragschancen für die Finanzbranche.

Banken und Sparkassen winken Zusatzerträge

fir Frankfurt

Banken und Sparkassen hierzulande können sich zusätzliche Erträge durch den hohen Bedarf an energetischen Immobiliensanierungen erhoffen. Auf ein vorsichtig geschätztes jährliches Kreditneugeschäftsvolumen für entsprechende Sanierungen von Privathäusern in der Größenordnung von 8 Mrd. bis 10 Mrd. Euro kommt die Beratungsgesellschaft ZEB in einer Studie. Berücksichtigt werden dabei die etwa 16 Millionen Ein- und Zweifamilienhäuser und eine angenommene jährliche Sanierungsquote von 2% und mittelfristig 3%, also der Anteil der pro Jahr sanierten Gebäude am gesamten Gebäudebestand.

„Für die Kreditwirtschaft bietet die anstehende Sanierungswelle durchaus relevante Geschäftspotenziale aus energetischer Sanierung“, sagt Marc Buermeyer, bei ZEB für Retail Banking zuständiger Partner, zur Börsen-Zeitung. „Verschiedene Faktoren des Umfelds haben hier natürlich große Auswirkungen, insbesondere die Energiepreisentwicklung, die allgemeine Inflation und Finanzsituation der Haushalte oder Förderprogramme“, ergänzt er.

Engere Kundenbindung

Das zusätzliche potenzielle Kreditneugeschäft für Wärmedämmungen, Austausch von Fenstern und Erneuerungen von Heizungsanlagen würde mehr als ein Zehntel des im vergangenen Jahr erzielten Kreditneugeschäfts der Sparkassen mit privaten Wohnungsbaukrediten, das 73,4 Mrd. Euro umfasste, erreichen. Die direkten Zinseinnahmen aus den Sanierungsfinanzierungen mögen sich noch verhältnismäßig überschaubar ausnehmen. Doch wichtiger sei etwas anderes, sagt Senior Consultant Andreas Eder, der die Studie zusammen mit Buermeyer sowie Philip Gerlach ausgearbeitet hat. „Aus unserer Sicht entscheidender als zusätzliche Erträge sind verstärkter Kundenkontakt und -bindung.“ So könnten sich aus dem Immobilienbezug heraus weitere Geschäfte ergeben, zum Beispiel mit Wertpapieren.

Bedarf bei Wohngebäuden

Wenn es nach der Europäischen Union geht, sind bis 2050 alle Wohngebäude klimaneutral. Zwei Drittel der 19 Millionen Wohnhäuser in Deutschland sind der Studie zufolge vor 1979 gebaut, bevor die erste Wärmeschutzverordnung in Kraft trat. Demnach sind sie gar nicht oder unzureichend gedämmt. Damit verfüge rund die Hälfte der deutschen Haushalte über Immobilienbesitz und von diesen wiederum etwa die Hälfte – insgesamt knapp 10 Millionen – über laufende Immobilienfinanzierungen. Führende Banken hätten sich zum Abbau der CO2-Emissionen aus diesem Portfolio um 40 bis 60% bis 2030 verpflichtet.

Der Beitrag energetischer Sanierungen für die ökologische Transformation der Gesellschaft ist demnach nicht zu unterschätzen. Schließlich haben Wohngebäude einen bedeutenden Anteil am Gesamtenergiebedarf und an Emissionen von Treibhausgasen. So seien sie Ursache für rund 18 % der in sogenannten CO2-Äquivalenten (CO2e) ausgedrückten Treibhausgase. Dies ist eine Maßeinheit für die Auswirkungen aller Treibhausgase aufs Klima, umgerechnet in CO2 (siehe Grafik). Sie stehen demnach zudem für 27 % (633 Terawattstunden) des gesamten hiesigen Endenergieverbrauchs. Bis zum Jahr 2050 sind der Analyse zufolge allein rund 19 Millionen neue Heizungen vonnöten, davon etwa drei Viertel im Rahmen von Modernisierungen und ein Viertel wegen Neubauten (siehe eingeblockten Text).

Um die ökologische Sanierung von Immobilien voranzutreiben und daraus resultierende Ertragschancen zu nutzen, sollten Banken sich nach der Empfehlung von ZEB als umfassende Problemlöser in Stellung bringen, im Idealfall als Teil ganzer Ökosysteme, auf deren Dienste die Kunden zugreifen können. Die Zahl der Institute, die sich als fortgeschrittener Partner ihrer Wohnimmobilienkunden in der grünen Transformation empfehlen, sei hierzulande noch überschaubar. Bislang böten sie, wenn überhaupt, Basisdienste wie Sanierungschecks und Hilfe bei Förderkrediten an.

Etwas weiter seien bereits einige Banken im europäischen Ausland, zuvorderst in den Niederlanden, wo in Einzelfällen vielfältige Unterstützungsangebote offeriert würden, die teils weit über Finanzierungen und Banking hinausgehen. Das Angebot reicht von Empfehlungen und Vermittlungen von Handwerkern und Fachberatern und der Funktion als Anlaufstelle für sanierungsbezogene Problemlösungen bis hin zu Ökosystem-Ansätzen, die etwa Joint Ventures oder Direktinvestitionen in Firmen beinhalten können oder administrative Dienste, so mit Bezug zu Versicherungsleistungen oder zum Energieausweis.

Als Hemmschuh erweise sich dabei nicht nur die Verfügbarkeit von Handwerkern, sondern auch von anderen Experten. „Man darf nicht aus den Augen verlieren, dass die Abhängigkeit von Energiespezialisten ein limitierender Faktor werden dürfte“, gibt Eder zu bedenken. Im nahen Ausland seien Finanzinstitute dahingehend schon weiter, weiß Buermeyer zu berichten: „Manche niederländischen Banken haben im eigenen Haus Kundenberater zu Energiespezialisten ausgebildet. Darüber hinaus greifen sie auf Partnerschaften mit externen Energieberatern zurück.“

Druck auf Banken wächst

So wie es bereits Zinsvorteile für klimafreundliche Finanzierungen gibt, sei in umgekehrter Richtung zu erwarten, dass Zinsaufschläge für Finanzierungen bei schlechter Energieeffizienz einer Immobilie gängige Praxis werden, heißt es. „Das Klimaprofil eines Hauses beeinflusst zunehmend die Konditionengestaltung bei Finanzierungen, auch wenn wir hier noch am Anfang stehen“, sagt Buermeyer. Um das Net-Zero-Ziel zu erreichen, also bis spätestens 2050 Netto-null-Emissionen, und angesichts der Tatsache, dass Immobilienfinanzierungen einen großen Teil der Bankenbücher ausmachen, „nimmt der Druck auf Banken zu, von positiven Verstärkern wie vorteilhafteren Zinssätzen für grüne Hypotheken zu negativen Verstärkern überzugehen, also Zinsaufschlägen für Immobilien, die modernen energetischen Standards nicht entsprechen“, ergänzt Eder. „Das sehen wir schon.“

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