Fondsformat Eltif

Das hässliche Entlein

Lange verschmähte die Fondsbranche den European Long-term Investment Fund (Eltif) – das Regelwerk des paneuropäischen Fondsformats war angeblich zu streng. Doch ein immenser Anlagedruck privater Anleger führt zu einem Sinneswandel.

Das hässliche Entlein

Wer hätte gedacht, dass die EU-Kommission mit ihrer Prognose für das Fondsformat Eltif womöglich doch noch Recht bekommt. Einen Fonds für ein „breites Publikum“ sah sie bereits 2015 voraus, ein Produkt, das wahrscheinlich auch für Privatleute reizvoll sei. Doch jahrelang ignorierte die Investmentbranche das Format des „European Long-term Investment Fund“ weitgehend, fast niemand legte den paneuropäischen Sachwertefonds auf. Die deutsche Fondsbranche schimpfte über den „Rohrkrepierer“ und machte zu strenge Regeln aus. So ist etwa die Höhe der Investition eines gewöhnlichen Privatanlegers auf maximal ein Zehntel des Vermögens beschränkt, was den Vertrieb erschwert. „Eltif zündet nicht“, schrieb die Börsen-Zeitung im Jahr 2015.

Doch wie das hässliche Entlein aus Hans Christian Andersens Märchenwelt entwickelt sich vermutlich auch der Eltif zu einem stolzen Schwan. Die Zahl der Neuauflagen gewinnt europaweit an Fahrt, allein das vergangene Jahr brachte 25 neue Fonds hervor und damit mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr. Mehr als 7 Mrd. Euro liegen bereits in dem Segment. Vor allem in Italien bietet die Finanzbranche den privaten Anlegern Eltifs an, doch auch deutsche Häuser entdecken ihre Liebe: Seit 2020 vermarktet die Commerz Real  mit dem „Klimavest“ offensiv einen Fonds für erneuerbare Energien. Die Zeichen der Zeit – und der nahenden Regulierung zur nachhaltigen Geldanlage – hat die Commerzbank-Tochter dabei erkannt. Union Investment wiederum bietet im Schulterschluss mit Blackrock einen Fonds an, der in Private Equity, Private Debt und Infrastruktur investiert. Auch Goldman Sachs sieht sich im Assetmanagement das Eltif-Format an. Weitere Anbieter dürften folgen.

Der Sinneswandel ergibt sich aus einem immensen Anlagedruck durch Privatleute. So erzielte die Fondsbranche im vergangenen Jahr einen Absatzrekord, doch der Boom zeigt sich auch in anderen Segmenten: Gold-Anbieter kommen mit der Lieferung kaum nach, Bitcoins erregen die Gemüter, Derivate und CFDs werden munter gehandelt, Immobilien sind so teuer wie nie. Die Zeit für neue Sachwertefonds ist gekommen, auch wenn primär wohlhabende Privatleute und weniger Kleinsparer erreicht werden. Krieg und Sanktionen müssen kein Hindernis sein, die hohe Inflation ist für viele Menschen vielmehr ein Argument für Sachwerte.

Wenn das Entlein bald sein Spiegelbild erblickt, sieht es vermutlich einen wunderschönen Schwan. Hoffentlich erleben auch die Anleger ein Happy End.

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