Nachhaltiges Investieren

DIN-Regelwerk für Finanzanalyse erhält ESG-Zusatz

Die Regelwerke zur Nachhaltigkeit sind künftig um ein Element reicher: Am Deutschen Institut für Normung (DIN) liegt nun ein Entwurf vor, der die Finanzberatung zur Nachhaltigkeit standardisieren soll.

DIN-Regelwerk für Finanzanalyse erhält ESG-Zusatz

jsc Frankfurt

Die DIN-Norm für eine Basisfinanzanalyse für Privathaushalte soll künftig um ein Modul zur Nachhaltigkeit ergänzt werden: Die geplanten Regeln sollen die Finanzbranche auf nahende EU-Vorgaben vorbereiten, die voraussichtlich ab Anfang August eine Abfrage der Nachhaltigkeitsinteressen verpflichtend in den Finanzvertrieb einführen, wie das privatwirtschaftliche Institut für Finanznorm (Defino) mitteilt. Das Regelwerk lehnt an die schon bestehende DIN-Norm 77230 an, die eine umfassende Finanzanalyse für Privathaushalte definiert. Bis zum 6. Juli sammelt das offiziell zuständige Deutsche Institut für Normung (DIN) Stellungnahmen ein, ehe die Ergänzung bis Anfang August auf den Weg gebracht werden soll.

Das Dokument sieht bis zu sieben grundsätzliche Fragen vor, die Finanzberater nacheinander klären müssen (siehe Tabelle). So sollen sie bei Interesse der Anleger etwa fragen, wie hoch die Anteile nachhaltiger Anlagen am Portfolio sein sollen, ob die Kunden bestimmte Ausschlüsse wünschen oder ob Unternehmen, die bisher nicht nachhaltig sind, aufgenommen werden dürfen. Kunden müssen sich entscheiden, ob ihr Investment gemäß Definition einen „Beitrag“ oder einen „wesentlichen Beitrag“ leisten soll oder „lediglich nachteilige Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren“ berücksichtigen muss. Auch auf konkrete Themen geht das Dokument ein: Sie reichen von Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel über weitere Umweltthemen wie Biodiversität und Wasserschutz bis hin zu grundsätzlichen Sozialthemen wie die Einhaltung von Menschen- und Arbeitsrechten oder die Bekämpfung von Ungleichheiten. Dabei orientieren sich die Empfehlungen an den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen und an der EU-Taxonomie. „Das geplante ESG-Modul soll Verbrauchern Schutz vor manipulativer Abfrage gewähren und ihnen ermöglichen, sich weitgehend unbeeinflusst über ihre Nachhaltigkeitspräferenzen klar zu werden“, lautet der Anspruch von Defino.

DIN 77230 selten genutzt

DIN-Normen werden typischerweise von Branchenvertretern, Verbraucherschützern und unabhängigen Experten entwickelt, um einen branchentypischen Standard zu etablieren. Sie sind allerdings unverbindlich und müssen somit nicht befolgt werden. Die DIN-Norm 77230 ist seit Anfang 2019 gültig. Einige Vermittler und Beratungsprogramme sind bereits von Defino nach dem Standard zertifiziert worden, in der Breite des Finanzvertriebs über die verschiedenen Zweige hinweg hat sich die Norm bislang aber nicht durchgesetzt. Das Regelwerk sieht vor, dass Berater in der grundsätzlichen Analyse alle wesentlichen Finanzthemen erfassen und den Bedarf nach einem einheitlichen Schema ermitteln.

Der neue Baustein zur Nachhaltigkeit hingegen ist als unabhängiges Modul geplant. Er lässt sich also auch ohne die übrige Norm einsetzen. Bereits Anfang 2021 hatte Defino erklärt, eine Norm für die Nachhaltigkeitsberatung zu entwickeln.

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