Philipp Praeckel und Nils Brinkhoff

DZ Bank startet „Pay per Use“ für Firmen

Mit der Vernetzung der Produktion in der Industrie entstehen neue Plattformen, auf denen Banken mit einer Finanzierungslösung Fuß fassen können. Die DZ Bank macht das Payment mit Hilfe einer Blockchain in einem Pilotprojekt integrationsfähig und ist damit Teil einer Welt vernetzter Datenpunkte.

DZ Bank startet „Pay per Use“ für Firmen

Von Björn Godenrath, Frankfurt

Die Deutschen öffnen sich für neue digitale Geschäftsmodelle, wie sie der Zeitgeist mitbringt. So muss man Dinge nicht unbedingt als Eigentümer besitzen, um sie zu nutzen. Im privaten Bereich kennt man das von Mietwagen und E-Rollern, die sich fix für eine temporäre Nutzung aktivieren lassen und bei denen punktgenau die Daten erfasst und dann per Kreditkarte abrechnet werden können.

Dieses Prinzip des „Pay per Use“ hält nun auch Einzug in das Firmenkundengeschäft der Banken. Mittelständische Unternehmen schauen sich nach dem Leitbild einer umfassend­ vernetzten Produktion („Industrie 4.0“) genau an, welcher Aufwand hinter den Investitions­gütern steht und wie sich die Produktionsstruktur anpassen lässt, wie Philipp Praeckel, Leiter Firmenkunden für den Mittelstand in Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland bei der DZ Bank, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung sagt. „Bei hochpreisigen Gütern besteht zuerst Optimierungsbedarf – und da kommt der Gedanke ins Spiel, sich die hohe Anfangsinvestition mit späterem Abschreibungsbedarf zu sparen und stattdessen Maschinen nur zur Nutzung zur Verfügung­ zu stellen, wo am Ende des Monats individuell abgerechnet wird.“

Die DZ Bank ist demnach dabei, „die Bankenlösung auf einer Indus­trieplattform zu integrieren“, sagt Nils Brinkhoff, der bei der Bank an der Schnittstelle von Transaction Banking und Lösungsmanagement Firmenkunden tätig ist. Mit anderen Worten: Das Management fängt nicht an, eine Bankenlösung aufzubauen, um erst danach zu sehen, für welche Mittelständler das passen könnte, sondern die Bank hat ein Abrechnungsmodell entwickelt, „um die Prozessketten auf Industrieplattformen miteinander zu verzahnen“. Der Prozess laufe in einem sogenannten Track-and-Trace-Modus, die Herstellung sei transparent, sagt Brinkhoff. „Auf Industrie-4.0-Plattformen werden alle Datenpunkte vernetzbar und wir können unsere Lösung da reintragen.“

Zahlung in Echtzeit

Eine Besonderheit: „Im Zahlungsverkehr werden die Transaktionen im Hintergrund über eine Blockchain abgewickelt“, sagt Brinkhoff. „Damit sind wir bisher die einzige Bank in Deutschland.“ Für Mittelständler sei es fast zwingend, die Blockchain zu erkunden, um zu sehen, wie man aus Industrie 4.0 einen Nutzen ziehen kann, ergänzt Praeckel. Dabei wird die Blockchain als Register mit dem klassischen Zahlungsverkehr über eine Trigger-Lösung verbunden, es wird also eine Instant-Payment-Überweisung ausgelöst, um das Netzwerk mit Liquidität auszustatten.

Die Transaktion wird dabei auf der Blockchain verbucht. Über Smart Contracts ist die Abwicklung automatisierbar. Der Aufbau der Blockchain sei recht einfach gewesen, es war kein größeres Investment notwendig. Eine echte Blockchain habe keine Downtime, Excel stürze schon mal ab, erklären die beiden mit Blick auf die Technologieauswahl.

Und wie kommen die Daten auf solche Industrie-Plattformen? „Die Maschinen sind mit Sensoren ausgestattet, und mit den Infos auf der Plattform kann man dann sehen, ob eine Maschine unter Vollauslastung fährt oder ob man im Sinne der Predictive Maintenance eine Werkstatt aktivieren muss“, erklärt Praeckel. Firmenkunden seien jetzt dabei, sich mit der Sensorik an Maschinen auseinanderzusetzen, und dabei rückten das Internet der Dinge (IoT) und die Blockchain als Teil der Infrastruktur in den Fokus. „IoT passiert jetzt, viele Mittelständler gehen heute die ersten Schritte, denn sie befinden sich im Dreieck aus zunehmender Digitalisierung, schwankender Auftragslage und Liquiditätsbedürfnissen“ – und „Pay per Use“ zahle genau darauf ein. „Bis 2025 sollen 75 Milliarden IoT-Geräte miteinander vernetzt sein. Das ist die Zukunft für das Banking im Mittelstand.“

Ein besonderes Merkmal der DZ-Bank-Lösung: Die Bank hat mit der konzerneigenen R+V Versicherung ein Assekuranzelement übernommen, das Mittelständler bei der Anschaffung von Maschinen für ihr Risikomanagement beim Investitionskredit brauchen. Und „Pay per Use“ bietet neben dem Wegfall der Anschaffungskosten eine neuartige Flexibilität für Zeiten schwächerer Auslastung.

Dabei ist die DZ-Bank-Lösung schon marktreif, auch wenn sie an der Finanzierungskomponente noch ein wenig schraube. In der Pilotierung mit Maschinenbauern entwerfe die Bank derzeit ein Modell, das die Bedürfnisse beider Seiten unter einen Hut bringe, sagt Praeckel. „Dabei geht es um den Umfang der Flexibilität bei der Tilgung, wenn eine Maschine wenig läuft.“ Gar nicht tilgen geht nicht, also werde die Bank eine Untergrenze von 40% Tilgung vereinbaren und nach oben für Sondertilgungen auf 140% öffnen. Das gebe Firmen in der Kalkulation die erforderliche Flexibilität.

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