Pensionsfonds

Harsche Vorwürfe gegen britische Aufsicht

Die Aufarbeitung der Pensionsfondskrise, die zur Intervention der Bank of England am Staatsanleihenmarkt führte, ist einen Schritt weiter. Die Aufsicht habe Risiken nicht erkannt, kritisiert das House of Lords.

Harsche Vorwürfe gegen britische Aufsicht

Die britischen Aufseher haben nicht erkannt, welche Risiken von Pensionsfonds ausgehen, die auf Pump in riskante Assets investieren. Zu diesem brisanten Ergebnis kommt eine Untersuchung des Ausschusses für Industrie und Regulierung des House of Lords. Im Herbst vergangenen Jahres musste die Bank of England Stützungskäufe am Markt für britische Staatsanleihen (Gilts) tätigen, nachdem Pensionsfonds in Bedrängnis geraten waren, die auf gehebelte LDI-Strategien (Liability-Driven Investment) gesetzt hatten. Dabei wollten die Geldpolitiker der Notenbank eigentlich mit dem Abverkauf des seit der Finanzkrise zusammengekauften Anleihenbestands beginnen.

„Die von uns gehörten Aussagen deuten auf überwältigende Weise darauf hin, dass der Einsatz von LDI-Strategien die Intervention der Bank of England auslösten“, sagte der Ausschussvorsitzende Clive Hollick, unter dessen Führung der „Daily Express“ einst zum Fürsprecher von Tony Blairs New Labour wurde. „Wären keine gehebelten LDI eingesetzt worden, hätte es vielleicht etwas Volatilität und eine Marktkorrektur gegeben und keine Abwärtsspirale am Markt für Staatsschulden, der die finanzielle Stabilität Großbritanniens bedrohte und zu signifikanten Verlusten führte, weil Pensionsfondsassets verkauft werden mussten, um LDI-Erfordernissen nachzukommen.“ Das entspricht nicht der populären Sichtweise, der zufolge der nicht gegenfinanzierte Wachstumsplan von Ex-Premierministerin Liz Truss und ihrem Schatzkanzler Kwasi Kwarteng für das Chaos am Rentenmarkt verantwortlich war.

Obwohl das Finanzstabilitäts­komitee der Bank of England weitere Informationen gefordert habe, hätten die Aufsichtsbehörden der Branche die systemischen Risiken nicht schnell genug erkannt, die vom konzentrierten Besitz inflationsgeschützter Staatsanleihen bei Pensionsfonds und deren zunehmender Nutzung komplexer, bankähnlicher Strategien ausgegangen seien, heißt es in einem Schreiben des Ausschusses an City-Minister Andrew Griffith und Rentenministerin Laura Trott.

Mit Hilfe von LDI-Strategien können Pensionsfonds ihren Finanzierungsstatus verbessern – viele britische Fonds sind unterfinanziert. Zudem kann man Mittel für renditeträchtigere Anlageklassen wie Private Equity oder Immobilien freisetzen, indem man seinen Staatsanleihen­bestand beleiht. Das Problem bei solchen Derivatgeschäften ist jedoch, dass schnell hohe Nachschussforderungen fällig werden können.

Die zuständige Aufsicht, The Pensions Regulator, müsse gesetzlich oder durch ministerielle Weisung dazu verpflichtet werden, die Folgen von Vorgängen in der Branche auf das Finanzsystem insgesamt zu berücksichtigen, fordert der Oberhausausschuss.

Die Regierung müsse zudem prüfen, ob die derzeitige Art der Bilanzierung von Altersvorsorgeplänen in Unternehmensbilanzen angemessen sei oder ob sie ein System einführen wolle, das kurzfristigem Denken keinen Vorschub leiste. „Die Auswirkungen von Bilanzierungsstandards und die weit verbreitete Übernahme von gehebelten LDI-Strategien haben Pensionsfonds von langfristigen Institutionen in solche verwandelt, die sich hauptsächlich auf kurzfristige Preis- und Zinsvolatilität konzentrieren“, kritisierte Hollick. Die Regierung müsse dringend dafür sorgen, dass Investmentberater der Branche der Aufsicht unterstellt werden. Sie müssten für ihre Empfehlungen haftbar gemacht werden können. Zudem solle sie darüber nachdenken, Pensionsfonds der Bankenaufsicht zu unterwerfen.

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