VÖB-Präsident Eckhard Forst

„Ich sehe die deutschen Banken nicht als gefährdet an“

VÖB-Präsident Eckhard Forst sieht auf die Banken in der aktuellen Energie- und Wirtschaftskrise zwar zusätzliche Wertberichtigungen auf die deutschen Banken zukommen, sieht diese aber als verkraftbar an.

„Ich sehe die deutschen Banken nicht als gefährdet an“

Von Andreas Heitker, Brüssel

Der Präsident des Bundesverbands Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB), Eckhard Forst, hat die EU-Gesetzgeber aufgefordert, bei der laufenden Umsetzung des Basel III-Regelwerks vorsichtig vorzugehen und die aktuelle Krise nicht außer Acht zu lassen. „Wir sollten darüber nachdenken, ob die Auswirkungen von Basel III nicht volkswirtschaftliche Folgen haben, die politisch in keiner Weise gewünscht sind“, warnte Forst im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Die Überlegungen, die zu Basel III geführt haben, hält der Vorstandschef der NRW.Bank zwar grundsätzlich weiterhin für richtig. Wichtig sei aber, dass den Instituten ausreichend Zeit zur Umsetzung eingeräumt werde, stellte er klar. „Wir brauchen die ganze Kraft der Banken für die Bewältigung der aktuellen und kommenden Herausforderungen.“

Neue Belastungen erwartet

Die Gesetzgebung zur Basel-Umsetzung läuft voraussichtlich noch ein halbes Jahr. Die EU-Staaten haben sich zwar in der vergangenen Woche schon auf eine gemeinsame Position verständigt, die die Vorlage der Europäischen Kommission leicht abschwächt. Im Europaparlament lässt eine Einigung auf die neue Regulierung aber weiterhin auf sich warten. Der VÖB hatte bereits im Kompromiss der EU-Länder bemängelt, dass keine Lösung für den drohenden starken Anstieg der Kapitalanforderungen im Durchleitungsgeschäft der Förderbanken gefunden worden sei.

„Für die Förderbanken würden die neuen Basel-Regeln wesentlich höhere Eigenkapitalbelastungen bedeuten, was die Förderkredite, die über die Hausbanken an die Unternehmen gehen, deutlich teurer machen würde“, erläutert Forst nun die Lage. „Dies passt nicht in die aktuelle wirtschaftliche Lage.“ Der VÖB-Präsident plädierte dafür, dass die Banken in der aktuellen Krise auch die Puffer nutzen könnten, die seit der Finanzkrise aufgebaut worden seien. „Wann, wenn nicht in dieser Ausnahmesituation?“ In der jetzigen schwierigen Phase bräuchten die Unternehmen bräuchten mehr Un­terstützung durch die Banken und zusätzliche Kredite. „Der regulatorische Rahmen muss dafür sorgen, dass Banken diese wichtige Rolle auch ausfüllen können.“

Guidance aus Berlin nötig

Die Banken selbst werden nach Einschätzung des VÖB-Präsidenten angesichts der Krise in der nächsten Zeit mehr Wertberichtigungen verbuchen müssen. Dies sei sicherlich „eine realistische Erwartung“, sagte er in dem Gespräch. „Die Banken werden das aber verkraften. Ich sehe die deutschen Banken nicht als gefährdet an.“

Die aktuelle Energiekrise hat nach Einschätzung von Forst zur schwierigsten wirtschaftlichen Lage in Deutschland der letzten Jahrzehnte geführt. Die Banken stünden aber heute gesund da, was nicht nur auf die zurückliegend lange Phase des wirtschaftlichen Wachstums zurückzuführen sei, sondern insbesondere auch auf die Anstrengungen der Institute, ihre Eigenkapitalbasis zu stärken und sich insgesamt robuster aufzustellen, so der VÖB-Präsident. „Der Aufbau der verschiedenen Puffer, Reservefonds und der Einlagensicherung war natürlich eine Belastung für die Branche – aber da wir fast eineinhalb Jahrzehnte Wachstum hatten, war das leistbar.“

Hinzu komme, dass auch viele Unternehmen – nicht zuletzt wegen der Unterstützungsmaßnahmen in der Corona-Pandemie – aktuell recht stabil dastünden. Es werde jetzt aber auch einiges davon abhängen, welche Hilfsmaßnahmen für die Wirtschaft die Politik beschließe. „Wenn es umsetzbare und wirkungsstarke Unterstützung aus Berlin gibt und diese dann auch aus Europa begleitet wird, dann werden die Wirtschaft und die Banken die aktuellen Herausforderungen meistern“, zeigte sich Forst optimistisch.

Der genaue Beitrag, den die öffentlichen Banken und insbesondere die Förderbanken – die in Krisenzeiten ja immer eine besondere Rolle gespielt haben – zu Bewältigung der aktuellen Energie- und Wirtschaftskrise leisten können, steht nach den Worten des VÖB-Präsidenten noch nicht fest. Aktuell verfeinerten die Förderbanken weiter ihre Basisstrategie für den Mittelstand und für Start-ups, die ohnehin auch schon die grüne Transformation im Fokus habe, sagte er und verwies darauf, dass die NRW.Bank gerade erst die neue Förderung „Weg vom Gas“ aufgelegt habe.

„Aber was wir gegen die Energieversorgungskrise noch zusätzlich on top tun werden, können wir erst in den kommenden Wochen und Monaten entscheiden“, sagte Forst. Dafür brauche es „eine klare Guidance aus Berlin“, auch was die Umsetzung angehe. Erst dann sei klar, wo noch zusätzliche Unterstützung nötig sei. „Da, wo der Doppelwumms direkt hilft, brauchen die Förderbanken nicht mit neuen Programmen aktiv werden.“

Für den VÖB-Präsidenten und NRW-Bank-Chef bleibt neben der Energiekrise die Nachhaltigkeit das große Thema, das auch die Politik nicht vergessen dürfe. Dabei geht es auch darum, handwerkliche Fehler in der aktuellen Regulierung mit Hilfe von neuen Auswirkungsanalysen zu korrigieren, betonte er unter Verweis etwa auf fehlende ESG- beziehungsweise Taxonomie-Quoten im Mittelstand, also den Förderbank-Kunden.

Neue deutsche Leitindustrie

Forst verwies in dem Gespräch darauf, dass im Zuge der grünen Transformation vieles erst noch er­funden und auf den Markt gebracht werden müsse. Viele Technologien seien noch gar nicht so ausgereift, dass sie industriellen Maßstäben ge­nügten, zum Beispiel im Wasserstoff-Bereich. „Ich sehe darin auch eine Chance für die nächste deutsche Leitindustrie“, betonte der VÖB-Präsident. „Lange waren die Chemie- und die Autobranche an der Spitze. Jetzt brauchen wir dringend eine neue Leitindustrie im Bereich der Nachhaltigkeit.“ Hierzu sei nun deutsche Ingenieurleistung gefragt. Denn klar sei auch:  „Wenn wir das nicht machen, werden es andere tun.“

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