Stefanie Drews

Japanisches Fondshaus Nikko strebt nach Deutschland

Die deutsche Managerin Stefanie Drews strebt als Präsidentin der japanischen Fondsgesellschaft Nikko eine globale Expansion an – und schielt dabei auch auf das bisher kleine Geschäft hierzulande.

Japanisches Fondshaus Nikko strebt nach Deutschland

Von Martin Fritz, Tokio

Stefanie Drews, seit April Präsidentin von Nikko Asset Management, setzt auf „integriertes Wachstum und ESG“, um den drittgrößten japanischen Vermögensverwalter hinter Nomura und Daiwa zu einem Global Player zu schmieden. Die verwalteten Vermögen sollen sich binnen zehn Jahren auf knapp 487 Mrd. Dollar verdoppeln. Der Auslandsanteil würde dabei um mehr als das Siebenfache zunehmen – derzeit machen japanische Investoren noch 85 % des verwalteten Vermögens aus. Die Eigenkapitalrendite soll auf 9 % steigen. An diesen Vorgaben halten die Japaner trotz des aktuellen Abschwungs am Finanzmarkt fest.

Ihre ehrgeizigen Ziele will Nikko AM durch organisches Wachstum, Zukäufe und mit Hilfe von Joint-Venture-Partnern etwa bei Aktienindexfonds erreichen. Die Schwerpunkte liegen auf Südostasien, Nordasien und insbesondere China. „Wir haben auch in den USA in sehr kurzer Zeit ein enormes Wachstum erlebt und wollen dieses weiter ausbauen“, berichtet die deutsche Managerin in der Unternehmenszentrale in Tokyo Midtown.

Noch Luft nach oben

Ein weiteres Augenmerk gilt Deutschland, wo die Gesellschaft bisher klein ist. „Dort müssen wir viel, viel schneller wachsen“, erläutert Drews. Wegen des Brexits verlegte Nikko AM das europäische Front Office schon 2019 nach Frankfurt, wo die Gesellschaft heute im Tower 185 nahe der Messe residiert. Die drei Mitarbeiter decken den deutschsprachigen Raum, die Niederlande und Skandinavien ab. Drews kündigte den Ausbau des Büros sowie den Aufbau eines europaweiten Vertriebs an. „Deutschland soll zu einer bedeutenden Größe wachsen“, sagt die Präsidentin. In einigen Regionen werde Nikko mit Drittanbietern kooperieren, um die Reichweite der eigenen Plattform zu erhöhen.

Drews stieg im April als erste Frau und als erste Person aus dem Ausland zur Präsidentin eines japanischen Vermögensverwalters auf. Nach einem sozialwissenschaftlichen Studienabschluss in Oxford absolvierte die Deutsche, die wegen der langen Auslandskarriere ihres Vaters regelmäßig die Schulen wechseln musste und daher keine tiefen Wurzeln in ihrem Heimatland schlagen konnte, einen MBA-Kurs an der Universität Harvard. „Ich wollte ins Banking, dafür brauchte ich den MBA-Abschluss“, erklärt sie ihre berufliche Planung.

Drews arbeitete lange im Private Wealth Management von Barclays und Morgan Stanley in London. Vor acht Jahren wechselte die alleinerziehende Mutter mit ihren drei Kindern, darunter ein Adoptivkind aus Guatemala, in die Tokioter Zentrale von Nikko und durchlief zunächst viele Abteilungen vom Front Office über den Vertrieb bis zum Marketing, ohne dass ihr die Beförderung zur Präsidentin sicher war.

„Ich musste mich wirklich auf die harte Tour hocharbeiten“, gesteht Drews offen. „Aber dadurch habe ich Nikko von innen heraus kennengelernt.“ Nebenbei habe sie auch ihren Arbeitsstil geändert. „In Japan braucht man die Zustimmung einer großen Zahl von Stakeholdern, um eine eigene Idee zu verwirklichen“, berichtet sie. „Aber wenn das geschafft ist, kann man sich schnell vorwärtsbewegen.“

„Global mit asiatischer DNA“

Die Präsidentin beschreibt Nikko als „ziemlich einzigartiges Unternehmen“: „Wir sind stolz darauf, global zu sein, aber mit asiatischer DNA.“ Ihre Strategie fasst die Deutsche in einem Satz zusammen: „Wir wollen bei integriertem Wachstum und ESG an vorderster Front stehen.“ Im Gegensatz zu den Rivalen Nomura und Daiwa, die das Japan- und Auslandsgeschäft voneinander trennen, strebe Nikko ein Wachstum an, das „sowohl unsere Regionen als auch unsere Funktionen wie Vertrieb und Marketing verbindet“. Als Beispiel nennt Drews die Schaffung eines japanischen Feeder-Fonds im europäischen Ucits-Mantel. Als „Full Mesh“, also als ein voll ausgebreitetes Netz, bezeichnet die Managerin das Geschäftsprinzip.

Auch beim Schwerpunkt auf ESG-kompatiblen Anlagen verfolgt Nikko einen eigenen Ansatz, indem man die ESG-Richtlinien selbst einhält. „Wir haben nicht das Recht, von den Unternehmen, in die wir investieren, bestimmte Standards zu verlangen, die wir selbst nicht erfüllen“, erklärt Drews. Daher überarbeitete Nikko ihre Umweltpolitik. Der Strom für die Firmenzentrale stammt aus erneuerbaren Quellen. Alle Webseiten wurden auf Vektor-Grafiken umgestellt, deren CO2-Fußabdruck um bis zu 75% kleiner ist. Wenn Angestellte eine Dienstreise beantragen, müssen sie nicht nur die Reisekosten angeben, sondern mit Hilfe eines speziellen Rechners auch den CO2-Output kalkulieren. Jede Abteilung verfügt für ihre Reisen nur über ein begrenztes CO2-Budget. „Wir können daher darauf verweisen, dass wir im Unternehmen nicht mit zweierlei Maß messen“, erklärt Drews.

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