Alexander Höptner

Krypto­handel soll regulierungs­fest werden

Nach den ersten, rückwärtsgewandten Sanierungsschritten hat Bitmex-Chef Alexander Höptner nun den Schalter umgelegt und ergänzt das Kryptoderivategeschäft um den Spothandel. Eine Schweizer Holding mit bereinigter Aktionärsstruktur soll dann als Vehikel für Zukäufe auch in Deutschland fungieren.

Krypto­handel soll regulierungs­fest werden

Von Björn Godenrath, Frankfurt

Bitmex gehört mit Gründung 2014 zu den Pionieren der Kryptohandelsplattformen. Mit der Spezialisierung auf den Derivatehandel hatte man einen „Sweet Spot“ besetzt, gilt dieses Geschäft mit dem Traden von Kontrakten wie Futures, Optionen und Perpetual Swaps für eine Reihe von Kryptoassets doch als sehr einträglich – was Bitmex-Chef Alexander Höptner im Gespräch mit der Börsen-Zeitung auch unterstreicht: „Bitmex ist hochprofitabel und hat na­hezu null Fremdfinanzierung.“ Damit sieht er sein Haus gut gerüstet für den in Turbulenzen geratenen Kryptomarkt. „Die Korrektur fällt heftiger aus als erwartet, aber der Markt war auch überhitzt. Wenn zweistellige Zinssätze gezahlt werden auf das Deponieren von Kryptoassets, dann sind die Risiken hoch und man weiß, dass es dann einen Knall gibt.“ Zudem habe es Marktplätze gegeben, die teilweise ohne ausreichendes Risikomanagement un­terwegs waren. „Das konnte nicht gut gehen.“

Die großen Handelsplätze seien in solchen Zeiten grundsätzlich besser aufgestellt, weil dort die Liquidität gepoolt werde – und Bitmex sei da solide positioniert mit einem „Institutional Flow“ von 70 % im Stammgeschäft Derivatehandel. Neu aufgesetzt wurde im Mai der Spothandel. „Dort sind wir mit einem Volumen von 10 Mill. Dollar täglich gestartet, und es ging jetzt bis auf 35 Mill. Dollar hoch. Perspektivisch sollen das etwa 300 Mill. Dollar pro Tag werden, damit könnten wir uns gut behaupten.“

Dabei zielt Bitmex im Spothandel auf ein Retailsegment erfahrener und großer Trader, die den Spothandel mit dem Derivatehandel kombinieren wollen. Derzeit arbeite man an einer Schnittstelle, um auch institutionelle Kunden anzubinden. „Ein tägliches Spotvolumen so ab 100 Mill. Dollar in normalem Umfeld, das wäre gesund für Bitmex.“ Dabei sei es auch gar kein Hindernis, ein solches Angebot im Bärenmarkt zu starten, sagt Höptner und verweist auf die Erfahrung mit der Kryptoapp Bison, die von der Börse Stuttgart in einem ähnlichen Umfeld gestartet worden war.

Höptner hatte seinen Chefposten bei der Börse Stuttgart, wo er treibende Kraft für das Kryptoangebot war, im November 2020 aufgegeben, um die Führung der in Schieflage geratenen Bitmex zu übernehmen. Deren Gründer um Arthur Hayes hatten gegen Geldwäschevorschriften verstoßen, weil sie Vorschriften zur Kundenidentifizierung (KYC) nicht be­achtet hatten, was Hayes und zwei weiteren früheren Bitmex-Managern, Ben Delo und Samuel Reed, Bewährungsstrafen eingebracht hat. Zudem räumten sie kürzlich ein, dass sie auf der eigenen Plattform gegen Kunden gehandelt haben – eine Todsünde in diesem Geschäft.

Der Blick nach vorne

Höptner sieht jedoch die Substanz in dem Bitmex-Geschäft, was auch in einem ersten Sanierungsschritt dokumentiert wurde: Im August 2021 einigte sich die Plattform mit den Behörden auf eine Strafzahlung von 100 Mill. Dollar – was man zahlen konnte, ohne das Unternehmen zu gefährden – und darf seitdem wieder nach vorne blicken. Ein zweiter Sanierungsschritt folgte im Februar, als Bitmex sich von 25% der Belegschaft trennte und dabei die Teamgrößen veränderte, wie Höptner erklärt. Im Gegenzug baut Bitmex an anderer Stelle auf, etwa im Spot­handel.

Was im ersten Anlauf nicht funktionierte, war der schnelle Markteintritt in Deutschland über eine Akquisition. Nachdem man sich Mitte Januar schon mit dem Münchener Bankhaus von der Heydt auf eine Übernahme geeinigt hatte, wurde die Transaktion Ende März dann abgeblasen. Es habe eine Einigung mit dem Bankhaus gegeben, dass es so nicht funktioniere, sagt Höptner, der sich zu den weiteren Hintergründen nicht äußern will. Im Markt ist zu hören, dass es zudem hinderlich sei, in der auf den Seychellen registrierten Holding mit Hayes, Delo und Reed Altaktionäre zu haben, die verurteilte Straftäter sind.

Erster Brückenkopf in Europa ist seit Januar die Schweizer Niederlassung. Im Januar hatte Höptner angekündigt, zunächst das lizenzfreie, weil selbstregulierte Geschäft des Brokerage mit Kryptowährungen dorthin zu verlagern. Auch eine Lizenz bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) will das Unternehmen beantragen, sobald man dafür alles zusammen hat. In der Schweiz sollen neue Dienste für Spot, Brokerage, Verwahrung und Marktinformationsprodukte sowie eine Akademie angesiedelt sein, was sich alles im Aufbau befindet. Dafür wird dann eine eigene Holding separat von der Konzern-Holding geschaffen, um auf der Basis das Thema Akquisitionen – mit bereinigtem Cap Table – neu anzugehen.

„Für Kryptoderivate befinden wir uns in Gesprächen mit den Bermudas für eine Registrierung, da sie als einer von zwei Standorten weltweit dafür schon eine Regulierung haben.“ Derivate, das Brot-und-Butter-Geschäft von Bitmex, fallen unter die IOSCO-Regulierung. Genau dafür war Höptner ja bei Bitmex angetreten: die Plattform in eine saubere Spur führen, indem Altlasten beseitigt und regulierungsfeste Strukturen aufgebaut werden, plus die strategische Erweiterung auf den Spothandel sowie die Expansion nach Europa. Erfreut zeigt sich Höptner darüber, dass Deutschland mit dem BMF-Schreiben vom Mai bei der steuerlichen Behandlung von Kryptoassets die Kurve gekriegt habe. Sorge bereitet ihm indes, dass eine zu harte Umsetzung der in der Abstimmung befindlichen EU-Verordnung zur Kryptoregulierung (Mica) das Retailgeschäft abschneiden könnte. Dies könne etwa passieren, wenn die Umsetzung der Travel Rule für Meldedaten von Transaktionen zu kompliziert werde, was die vorliegenden Entwürfe der Verordnung in seinen Augen nahelegen.

Der Gesetzgeber habe noch nicht ausreichend begriffen, dass über Blockchain-Systeme eine Demonopolisierung von Infrastruktur vorgenommen werde, befürchtet Höptner. Wenn man dem nicht den erforderlichen Raum zur Entfaltung gebe, stehe zu befürchten, dass andere Wirtschaftsräume wie Asien oder die USA die Standards setzen. Insgesamt sei das EU-Regelwerk aber ein Sprung nach vorne, da es den Marktteilnehmern Rechtssicherheit verspreche. Und es gebe viele kryptofreundliche Investoren in Europa, die Mittel in digitale Assets allokieren und Brücken von „Traditional Finance“ zur neuen Welt der Kryptoassets bauen wollten.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.