Nachhaltigkeit

Offene Immobilienfonds zu 90 Prozent grün

Die meisten offenen Immobilienfonds haben ihre Anlageprozesse umgestellt. Nur zwei Wohnfonds und ein Nahversorgungsfonds sind noch als konventionelle Produkte eingestuft.

Offene Immobilienfonds zu 90 Prozent grün

wbr Frankfurt

Die meisten offenen Immobilienfonds haben ihre Anlageprozesse umgestellt und berücksichtigen ESG-Merkmale bei ihren Anlageentscheidungen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Ratingagentur Scope. Die Analysten befragten Assetmanager mit einem Immo­bilienvermögen von zusammen 300 Mrd. Euro zu ESG. Die Studie zeigt, dass Nachhaltigkeit mittlerweile fast durchgängig ein Teil der Unternehmensstrategie ist. Scope erhielt für 28 Immobilienfonds Angaben zur ESG-Klassifizierung nach der Offenlegungsverordnung. Demnach erfüllten 25 Fonds (89%) die Mindestanforderungen nach Artikel 8. Nur zwei Wohnfonds (Industria und ZBI) und ein Nahversorgungsimmobilienfonds (Habona) waren als konventionell nach Artikel 6 eingestuft.

Die Klassifizierung nach Artikel 8 reicht für einen Fonds allerdings nicht aus, um an Anleger verkauft zu werden, die ein nachhaltiges Investment wünschen. Dazu muss er weitere Kriterien erfüllen. Das schreibt die Finanzmarktrichtlinie Mifid II seit dem 2. August vor. Von den Artikel-8-Fonds wiederum berücksichtigten 20 Fonds weitergehende ESG-Kriterien, in der Regel eine Betrachtung der wichtigsten nachteiligen Auswirkungen (Principal Adverse Impact/ PAI) auf die Wirtschaft. Ist ein Zusatzkriterium erfüllt, können die Fonds im Rahmen der neuen Anlageberatung als ESG-Produkte verkauft werden.

Eine weitergehende Einstufung als Artikel 9 der Offenlegungsverordnung, bei der Ziele und Wirkungsweise im Mittelpunkt stehen, werde von den Fonds nicht angestrebt, so Scope. Artikel-9-Fonds finden sich aber bei Immobilienspezialfonds sowie im Bereich von Infrastrukturfonds. Die höhere Klassifizierung ist nur sinnvoll im Neubaubereich, wenn Energieeffizienz und soziale Kriterien sehr viel stärker berücksichtigt werden können, meint Scope-Analystin Sonja Knorr. „Einen Artikel-9-Bürofonds braucht niemand. Wichtig ist stattdessen die Revitalisierung von Bürobestandsimmobilien in den Fonds.“

Die Umfrage zeigt, dass nur ein Anbieter auf eine Nachhaltigkeitsstrategie auf Unternehmensebene verzichtet. 60% erstellen detaillierte ESG-Berichte, die sie den Anlegern zur Verfügung stellen. Maßgeschneiderte Berichte auf Kundenwunsch bieten acht Gesellschaften.

Bis zu 3 Prozent Rendite

Bei der Performance von grünen Immobilienfonds förderte die Studie Bemerkenswertes zutage. Etwas mehr als die Hälfte der Befragten seien der Auffassung, dass ihre Anleger bereit sind, für ESG-Faktoren auf Rendite zu verzichten, berichtet Scope­. Andererseits werden Auswirkungen von ESG auf die künftige Anlageperformance von den meisten Anbietern positiv eingeschätzt. „Die höheren anfänglichen Kosten bieten langfristig Schutz gegen Wertverluste“, schreibt die Ratingagentur. Knorr rechnet damit, dass die Fonds das laufende Jahr mit 2,5 bis 3% Rendite abschließen.

Die Krise wirke dabei in unterschiedliche Richtungen. Beispielsweise seien die Liquiditätsanlagen nunmehr kein Kostenfaktor mehr, so Knorr. Andererseits belastet zumindest längerfristig das von der Krise geprägte Marktumfeld die Mieter und die Objektpreise. Positiv wiederum sei, dass die Finanzierungsquote der offenen Immobilienfonds vergleichsweise gering sei und damit die höheren Zinsen kaum ein Problem darstellen würden.

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