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VW-Finanztochter peilt Rekord an

Volkswagen Financial Services könnte 2021 den höchsten Gewinn der Unternehmensgeschichte einfahren. Um an der Spitze zu bleiben, will der Konzern seine Struktur umbauen.

VW-Finanztochter peilt Rekord an

kb Frankfurt

Coronakrise und Halbleitermangel bieten auch Chancen und überraschend extreme Gewinnsteigerungen wie bei der Finanzdienstleistungstochter des VW-Konzerns, die einen Rekordgewinn für das laufende Geschäftsjahr erwartet. „2021 wird in die Geschichte der Volkswagen Finanzdienstleistungen eingehen. Die positive Entwicklung beim operativen Ergebnis setzt sich mit einem hervorragenden vierten Quartal 2021 weiter fort“, erklärte Lars Henner Santelmann, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen Financial Services AG (VW FS), der Ende Januar auf eigenen Wunsch den Finanzdienstleister verlässt und vom Leiter des Konzernvertriebs, Christian Dahlheim, abgelöst werden soll.

Bereits nach neun Monaten hatte der Finanzdienstleister ein operatives Ergebnis von knapp 3,7 Mrd. Euro eingefahren, das deutlich über dem Ergebnis des gesamten Vorjahres von 2,8 Mrd. Euro lag. Eine ge­naue Zahl für 2021 nannte Santelmann zwar noch nicht, doch dürfte das Ergebnis über dem Ziel von 4 Mrd. Euro liegen, das eigentlich erst ab 2025 gelten sollte.

Finanzvorstand Frank Fiedler führt den rasanten Ergebnisanstieg im Gespräch mit der Börsen-Zeitung auf mehrere Faktoren zurück, wobei das vierte Quartal noch besser gelaufen sei als die ersten drei: die anhaltend hohe Nachfrage nach Ge­brauchtfahrzeugen, deutlich geringere Risikokosten und eine günstige Refinanzierungssituation sowie das vor Jahren begonnene Kostensenkungsprogramm. Weil der Chipmangel den Absatz von Neufahrzeugen bremse, würden viele auf Gebrauchte, insbesondere Leasingrückläufer aus­weichen. VW FS profitiere von den durch die hohe Nachfrage gestiegenen Preisen für Gebrauchte, weil diese über den ursprünglich kalkulierten Restwerten von Leasingrückläufern lägen. Die Fahrzeuge fließen am Ende des Vertrags an den Finanzdienstleister zurück, die er dann mit Ge­winn verkauft. „Das entspricht einem guten vierstelligen Betrag pro Fahrzeug“, unterstrich Fiedler. Hinzu komme, dass die Marge im Finanzierungsgeschäft mit Gebrauchten höher sei als bei Neufahrzeugen. Auf Gebrauchte entfalle weltweit gut ein Fünftel der Neuverträge.

Zudem habe man im operativen Ri­­sikomanagement die Chancen ge­nutzt. War man 2020 noch davon aus­gegangen, dass es 2021 zu zahlreichen Konkursen komme, so sei dies so nicht eingetreten. Ganz im Gegenteil: „Es gibt extrem geringe Ausfälle weltweit“. Ergebnistreibend wirke somit, dass Risikokosten nicht schlagend geworden seien. Dies treffe sowohl für Privat- und Flottenkunden zu als auch für die Händlerseite, die „extrem gut durch die Krise ge­kommen ist“.

Beim seit 2018 laufenden Kostensenkungsprogramm um 1,3 Mrd. Euro bis 2025 kommt VW FS voran. „Bis zu diesem Jahr konnten wir be­reits rund 600 Mill. Euro realisieren“, erklärte Fiedler. Dem stünden allerdings geplante gegenteilige Effekte aus Investitionen in die Digitalisierung gegenüber. Diese Strategie zahle sich aus. So werde VW FS bis Jahresende rund 500000 Verträge on­line abgeschlossen haben, das entspreche einer Verdoppelung zum Vorjahr. Bis 2025 sollen es jährlich 2,5 Millionen Verträge sein.

Drei Vertriebskanäle als Basis

Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs gibt sich Europas größter au­to­mobiler Finanzdienstleister eine neue Organisationsstruktur, um an der Spitze zu bleiben. Statt nach Ländern organisiert soll die Struktur in Europa nun auf den drei Vertriebskanälen Handel, digitales Direktgeschäft und Flottenkunden basieren. Nationale Lösungen seien „Old Economy“, denn das Internet sei grenzüberschreitend. Digitale Angebote und Marketing würden zentral ge­steuert, während die juristischen Einheiten vor Ort bestehen bleiben. „Wir wollen die Brücke bauen zwischen Back Office und Front End“, betonte Fiedler.