DLT-Kolumne

Wenn Bitcoin und Blockchain zum Karriererisiko werden

Für Manager aus der Finanzbranche, die bei den Themen Kryptowährung und Distributed Ledger Technology bislang abgewunken haben, wird die Untätigkeit spätestens seit dem Einstieg von Elon Musk beim Bitcoin gegebenenfalls zum Risiko.

Wenn Bitcoin und Blockchain zum Karriererisiko werden

Bei der US-Großbank J.P. Morgan ist aktuell ein beeindruckender Schwenk zu beobachten. Noch 2017 bezeichnete Jamie Dimon, Chef des Geldhauses, Bitcoin als Betrug. Im Dezember 2020 prognostizierte dasselbe Bankhaus dann auf einmal einen Bitcoin-Preis von bis zu 650000 Dollar. Viele Kryptofans kritisieren Dimon für den Umschwung heftig. Doch man kann auch anderer Meinung sein: Zeigt es nicht vielmehr Größe, Fehler einzugestehen und seine Meinung zu gewissen Sachverhalten zu verändern? In der Tat zeigt sich in der täglichen Beratungspraxis und beim Stöbern in entsprechender Fachliteratur, dass – meist je höher man die Hierarchie erklimmt – das Wissen über Bitcoin und Blockchain signifikant ab- und die ablehnende Haltung gegenüber dem Thema gleichfalls zunimmt. Mit dem anstehenden IPO des Handelsplattform-Betreibers Coinbase, aber natürlich auch dem fulminanten Einstieg von Elon Musk werden sich nun aber auch immer mehr Top-Manager ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen müssen.

Mehr wert als Großbanken

So wird die Marktkapitalisierung von Coinbase auf Basis des FTX-pre-IPO-Preises vom 25. Januar 2021 auf rund 70 Mrd. Dollar geschätzt. Hiermit wäre Coinbase auf einen Schlag größer als die Deutsche Bank und Credit Suisse zusammen. Ohne kostenträchtiges Filialnetz, dafür aber mit modernster IT und einer Nutzerstruktur, die sich aus überproportional gut gebildeten Besserverdienern zusammensetzt. Natürlich handelt es sich bei der Bewertung noch um Spekulation, und es bleibt abzuwarten, wie diese wirklich aussehen wird. Nichtsdestotrotz zeigt die Hochrechnung eindrucksvoll, wohin die Reise gehen kann.

Dabei handelt es sich bei Coinbase noch nicht einmal um die größte Kryptobörse der Welt. Und zugleich ist das klassische Finanzsystem ja noch gar nicht richtig durch Anbieter disruptiver Technologien attackiert worden. So steht beispielsweise die Ausgabe von tokenisierten Wertpapieren in großem Umfang ja erst noch bevor. Das Gesetz zum elektronischen Wertpapier zeigt eindrucksvoll, was noch alles zu erwarten ist.

Banker in Erklärungsnot

Für Manager aus der Finanzbranche, die bei den Themen Bitcoin und Blockchain bislang abgewunken haben, wird die Untätigkeit spätestens seit dem Einstieg von Elon Musk gegebenenfalls gar zum Karriererisiko. Wie will man beispielsweise als Banker oder Assetmanager seinen Aktionären, Gesellschaftern oder Kunden erklären, warum man nicht stärker auf das Thema gesetzt hat? Gerade hier hätte man durch frühzeitigen Wissensaufbau punkten und sehr gutes Geld verdienen können.

Strategy first

Obgleich der Blockchain-Zug den Bahnhof demnach schon längst verlassen hat, sollten Marktteilnehmer gleichfalls vermeiden, nun durch zu hektisches Vorgehen strategische Fehler zu begehen. Vielmehr sollte das Thema unter Berücksichtigung der spezifischen Unternehmenslage holistisch betrachtet und in diesem Zuge das Denken in alten Silostrukturen verhindert werden. Wer dabei einen Berater beauftragt, sollte unbedingt darauf achten, ob Interessenkonflikte vorliegen. Die Frage, ob sich der Berater auch in Bitcoin bezahlen lässt, kann zudem äußerst aufschlussreich sein. Würden Sie jemandem in der Beratung trauen, der kein „Skin-in-the-Game“ hat?

Sven Hildebrandt ist CEO der Blockchain-Spezialberatung DLC Distributed Ledger Consulting. Seine DLT-Kolumne erscheint monatlich.