Wohn- und Büroimmobilien

Zinswende perlt vorerst am Immobilien­markt ab

Steigende Zinsen bremsen den Preiszuwachs im Immobilienmarkt bisher kaum aus. Allein für Wohnobjekte ging es im zweiten Quartal um weitere 3,5% nach oben, berichtet der Bankenverband VDP. Doch eine Abkühlung zeichnet sich ab.

Zinswende perlt vorerst am Immobilien­markt ab

jsc Frankfurt

Der abrupte Zinsanstieg im Frühjahr hat die Preisentwicklung an den Immobilienmärkten bisher kaum gebremst: Während sich Büroimmobilien ähnlich wie zuvor im zweiten Quartal erneut moderat verteuerten, setzen Wohnobjekte ihren kräftigen Preisanstieg fort, wie der Verband deutscher Pfandbriefbanken (VDP) am Mittwoch berichtete. So stiegen die Preise im Bürosegment im zweiten Jahresviertel im Vergleich zum Startquartal um 0,7% an, während die Werte von Häusern und Wohnungen um 2,5% zulegten. Über den Zeitraum von einem Jahr ergibt sich ein Plus von 4,1% für Büros und 10,1% für Wohnhäuser. „Damit zeigte sich der deutsche Im­mo­bilienmarkt nochmals robust gegenüber den wirtschaftlichen Turbulenzen“, schreibt der Verband zur Entwicklung des Index.

Der Effekt steigender Zinsen deutet sich allerdings auf den zweiten Blick an: Denn als die Zinsen in den zurückliegenden Jahren immer weiter sanken, stiegen die Immobilienpreise deutlich schneller als die Neuvertragsmieten – die Preise legten also relativ zu den vereinbarten Mieten zu. Dieser Trend ließ im Segment der Wohnhäuser im zweiten Quartal auf hohem Niveau etwas nach und drehte sich im Bürosektor um. Damit deutet sich also bereits ein Bewertungseffekt steigender Zinsen an.

Ein Ende der rasanten Preissteigerung sei absehbar, warnt auch der Verband. „Da Verkaufsprozesse von Immobilien üblicherweise einen längeren Zeitraum beanspruchen, ist damit zu rechnen, dass die aktuellen Ereignisse sich perspektivisch auch im Immobilienmarkt niederschlagen“, schreiben die Analysten mit Blick auf den Ukraine-Krieg, Inflation, Lieferkettenprobleme und die Pandemie. Vor allem eine schwere Rezession könnte den Immobilienmarkt demnach prägen. Einen Preisverfall erwartet der VDP gleichwohl nicht. Gerade Wohnobjekte seien knapp, die Nachfrage falle noch immer höher als das Angebot aus. „Künftig dürfte sich die Entwicklung der Wohnimmobilienpreise wieder stärker an den erzielbaren Mieten orientieren“, lautet die Prognose.

Eine Abkühlung des Markts zeichnet sich auch anderswo ab. So meldet das Portal Immoscout24, das anders als der VDP nicht die tatsächlichen Transaktionen, sondern die Schaufensterangebote erfasst, zwar ebenfalls weiter steigende Preise, zugleich aber bereits ein nachlassendes Wachstum und längere Inseratszeiten. Zum Teil passen Verkäufer die Preise nach unten an. Der Kreditplattform-Spezialist Hypoport warnt vor längeren Vermarktungszyklen im Immobilienmarkt. Die Rivalin Interhyp sieht bereits im Durchschnitt sinkende Kaufpreise.

Einzelhandel unter Druck

Während Wohn- und Immobilienpreise bisher noch deutlich steigen, fällt das Segment der Einzelhandelsobjekte weiter ab. Allein im Vergleich zum Startquartal gaben die Preise um 1,1% nach, auf Sicht von zwölf Monaten beträgt der Rückgang 3,5%. Hatten zuvor Coronakrise und Onlinekäufe den Einzelhandel ge­bremst, sieht der Verband nun eine verringerte Kaufkraft wegen einer hohen Unsicherheit und Inflation. Die Preise fielen dabei zuletzt sogar etwas schneller als die Neuvertragsmieten. Fach- und Supermärkte sind laut Verband bei Investoren noch gefragt, doch leiden gerade Waren- und Kaufhäuser in der Innenstadt.

Um die Immobilienwerte zu schätzen, wertet der VDP die Preise tatsächlicher Transaktionen aus, die Banken im Rahmen der Kreditvergabe erfasst haben. Der Effekt etlicher Variablen, etwa des Baujahres, der Lage, der Fläche und der Ausstattung, wird dabei ebenfalls berücksichtigt. Auf diese Weise lässt sich schätzen, wie sich die Preise für vergleichbare Objekte verändert haben.

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