Förderprogramm

Finanzspritze für mehr Wettbewerbsfähigkeit

Die EU will private Investitionen in nachhaltige Projekte ankurbeln, doch es sind Hürden zu nehmen, um an Fördermittel zu kommen.

Finanzspritze für mehr Wettbewerbsfähigkeit

Von Björn Bronger und

Veit Sahlfeld *)

Im Zuge der Corona-Pandemie stehen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union unter einem immer stärkeren Wettbewerbsdruck. Mit dem im März 2021 verabschiedeten Förderprogramm „InvestEU“ will die Europäische Kommission daher private Investitionen in der EU ankurbeln. Es ist Teil des 750 Mrd. Euro schweren Aufbaupakets Next Generation EU. Gefördert werden insbesondere ökologische und sozial nachhaltige Projekte. Dass die erste Finanzierung in Deutschland bis August 2022 dauerte, zeigt jedoch, dass einige Fallstricke zu überwinden sind, um erfolgreich an die Fördermittel zu gelangen.

InvestEU ist das Nachfolgeinstrument des Europäischen Fonds für Strategische Investitionen (EFSI), der als Teil eines größeren Investitionsplans der EU angelegt wurde, um Mittel aus dem Privatsektor für strategische Investitionsprojekte zu mobilisieren. Dessen Fortsetzung erfolgte zum einen vor dem Hintergrund, dass der EFSI Ende 2020 auslief. Zum anderen war durch die Covid-19-Pandemie das Bruttoinlandsprodukt in der EU um rund 7,4% zurückgegangen – stärker als während der Finanzkrise 2009 –, so dass den hierdurch entstandenen wirtschaftlichen Schwächen und dem anhaltenden Investitionsstau entgegengesteuert werden musste.

Ziel von InvestEU ist unter anderem, die Wettbewerbsfähigkeit der Union in den Bereichen Forschung, Innovation und Digitalisierung zu stärken. Unter Beachtung ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit sollen das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung gesteigert werden und der Zugang kleiner und mittlerer Unternehmen zu Finanzierungen soll verbessert werden.

Das Förderprogramm InvestEU besteht ähnlich wie EFSI aus drei verschiedenen Instrumenten. Den wichtigsten Baustein bildet der InvestEU-Fonds, der mittels einer über den Haushalt abgesicherten EU-Garantie in Höhe von 26 Mrd. Euro sowie weiterer Beiträge der Durchführungspartner öffentliche und private Investitionen in Höhe von insgesamt 372 Mrd. Euro mobilisieren soll. Hinzu kommt eine Beratungsplattform als zentrale Anlaufstelle zur Unterstützung der Projektträger und Behörden. Beratend wird hier primär die Europäische Investitionsbank (EIB) tätig. Unterstützt werden hier unter anderem Projekte zu De­karbonisierung, Klimaschutz und Digitalisierung. Dritter Baustein ist das InvestEU-Portal, eine als „EU-Online-Marktplatz“ angelegte Projektdatenbank, mit der Unternehmen und Investoren weltweit leichter zusammenfinden sollen.

Strenge Kriterien

Der wichtigste Durchführungspartner des InvestEU-Fonds ist die EIB-Gruppe, bestehend aus der EIB und dem Europäischen Investitionsfonds (EIF), über die zusammen drei Viertel des Fonds umgesetzt werden sollen. Hierfür haben die EIB, der EIF und die Kommission eine Garantievereinbarung abgeschlossen. Das üb­rige Viertel entfällt auf andere von der Kommission ausgewählte Durchführungspartner. Das können andere internationale Organisationen sowie nationale und regionale Förderbanken sein. Privatbanken sind als Durchführungspartner ausgeschlossen, können sich aber als Finanzintermediär an InvestEU be­teiligen.

Die Durchführungspartner werden in einem zweistufigen Verfahren ausgewählt. Zunächst führt die Ge­neraldirektion Wirtschaft und Finanzen der Kommission eine Vorprüfung mittels Eligibility Check durch. Im zweiten Schritt vergewissert sich die Kommission, dass die potenziellen Durchführungspartner bei der Verwaltung von EU-Mitteln geeignet sind, die finanziellen Interessen der EU zu gewährleisten. Dafür müssen die Einrichtungen das sogenannte Pillar Assessment durchlaufen­, das von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer durchgeführt wird. Hierbei werden unter anderem das Finanzproduktportfolio des Bewerbers, die Möglichkeit der Optimierung der Wirkung der EU-Garantie durch Beisteuerung von Eigenmitteln, die inhaltliche Ausrichtung anhand der Ziele von Invest­EU, die geografische Diversifizierung und Risikostreuung beachtet.

Erst wenn ein Bewerber diese aufwendigen Prüfungen positiv abgeschlossen hat, kann er Durchführungspartner werden. Sie finanzieren bzw. investieren dann unter der InvestEU-Verordnung qualifizierte Projekte – entweder direkt oder indirekt über Finanzintermediäre.

Letztere Alternative kommt insbesondere bei Mikrofinanzierungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zum Tragen. Hierbei stellt der Durchführungspartner dem Finanzintermediär etwa ein Durchleitungsdarlehen oder eine eigenkapitalerleichternde Garantie zur Verfügung, mit denen dann KMU finanziert werden können. Finanzintermediäre können Banken, Leasinggesellschaften, Bürgschaftsinstitute, private Beteiligungs- und Risikokapitalfonds sein.

Entscheidend für die Vergabe der Projekte ist der Investitionsausschuss. Dieser prüft die Finanzierungs- und Investitionsvorschläge der Durchführungspartner. Dabei richtet er sich nach mehreren Faktoren: Zum einen muss die vorgeschlagene Finanzierung bzw. Investition den Anforderungen der InvestEU-Verordnung, der Haushaltsordnung und den einschlägigen Investitionsleitlinien genügen. Zum anderen muss sie nach der Bewertungsmatrix der InvestEU-Verordnung förderfähig sein.

Während EFSI breiter und offener angelegt war, was die förderfähigen Projekte und Unternehmen anging, fokussiert InvestEU zielgerichtet auf vier Wirtschaftssektoren: nachhaltige Infrastruktur, Forschung, Innovation und Digitalisierung, KMU sowie soziale Investitionen und Kompetenzen. Innerhalb dieser Bereiche bilden die Klimaziele der EU ein verbindendes Element, gefördert werden etwa emissionsarmer Nahverkehr, energetische Sanierungen, künstliche Intelligenz, Investitionen und Risikofinanzierungen von KMU insbesondere in der Gründungsphase und der Expansion sowie Sozialunternehmen, Gleichstellung, Bildung oder soziale Infrastruktur.

In Deutschland wird als erstes InvestEU-Projekt der Bau von qualitativ hochwertigen und energieeffizienten Sozialwohnungen und bezahlbaren Mietwohnungen in Hannover gefördert. Die EIB gewährt dabei ein unbesichertes Darlehen in Höhe von 60 Mill. Euro. Unterstützt werden dabei gleichzeitig die Bestrebungen der Stadt Hannover, bis 2035 klimaneutral zu werden. Die konkret vorgeschlagenen Finanzierungen und Investitionen müssen dabei den Anforderungen der Haushaltsordnung genügen sowie im Einklang mit den politischen Zielen der Union stehen. Hierzu gehört etwa, dass die Finanzierung einem der vier ausgewiesenen Wirtschaftssektoren zugeordnet werden kann. Die Details sind dabei in den Investitionsleitlinien und der InvestEU-Verordnung ver­ankert. Zu den Voraussetzungen unter InvestEU kommen daneben noch die Anforderungen des jeweiligen Durchführungspartners, Finanzintermediärs bzw. der zwischen diesen geschlossenen vertraglichen Vereinbarungen.

Zur Sicherstellung dieser An­forderungen werden in den Ver­trägen weitreichende Überwachungs- und Informationspflichten verankert. Kommt es zu einem Verstoß gegen die Voraussetzungen zur Förderung unter InvestEU, ist der Finanzintermediär verpflichtet, das Projekt aus dem Portfolio der InvestEU-Projekte­ zu nehmen, die Mittel zurückzufordern oder eine andere geeignete Maßnahme zu ­treffen.

Chance für Nachhaltigkeit

Das Projekt in Hannover zeigt, dass sich durch InvestEU die Chancen­ erhöhen, innovative und nachhaltige Projekte in Deutschland zu realisieren, die im angespannten Finanzierungsumfeld ohne Förderung nur schwer realisierbar wären. Gerade Projekte zur Umsetzung der Energiewende, die durch die aktuelle Energiekrise im Zuge des russischen Kriegs gegen die Ukraine an Bedeutung gewonnen hat, lassen sich über InvestEU anschieben und auch langfristig finanzieren.

*) Dr. Björn Bronger ist Counsel der Europäischen Investitionsbank (EIB). Der Beitrag gibt ausschließlich die persönliche Ansicht des Verfassers wieder. Veit Sahlfeld ist Partner von Norton Rose Fulbright in Hamburg. Er hat die EIB beim ersten InvestEU-Projekt in Hannover beraten.

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