Börse Tokio

Aktienrückkäufe stützen Nikkei

Japans Aktienmarkt hat sich in diesem Jahr als überraschend widerstandsfähig erwiesen. Die japanischen Indizes schnitten klar besser ab als MSCI World, S&P 500 und Dax 40.

Aktienrückkäufe stützen Nikkei

Von Martin Fritz, Tokio

Japans Aktienmarkt hat sich in diesem Jahr als überraschend widerstandsfähig erwiesen. Der Nikkei 225 verlor im Vergleich zum Jahresanfang nur knapp 6%, der breit gefasste Topix gab um rund 4,5% nach. Damit schnitten die japanischen Indizes klar besser ab als der MSCI World, der S&P 500 und der Dax 40. Allerdings war Japan in den Vorjahren gegenüber US-Aktien weit zurückgefallen.

Der Nikkei 225 handelt aktuell über dem gleitenden 200-Tage-Durchschnitt und soll gemäß einer Bloomberg-Umfrage unter Analysten in den nächsten zwölf Monaten noch um 11% steigen. Der Topix wurde Mitte August mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12,5 unter seinem Zehn-Jahres-Schnitt von 13,8 bewertet. Das zyklisch adjustierte KGV, das Shiller-KGV, liegt laut Vermögensverwalter Woodman nahe einem historischen Tief.

Ausländer verkaufen

Zwar verkauften ausländische Investoren im ersten Halbjahr für netto 2,3 Bill. Yen (16,4 Mrd. Euro) Aktien. Japan ist ein besonders liquider Markt, so dass bei Unruhe am Finanzmarkt schnell viel Auslandskapital abfließt. Zugleich beschleunigte die starke Abwertung des Yen die Verkäufe, da viele Investoren in Dollar rechnen und ihre Verluste begrenzen wollten. Derzeit bewegt sich der Yen weiter nahe einem 24-Jahres-Tief zum Dollar.

Aber parallel steigerten die Unternehmen im Topix 500 ihre Aktienrückkäufe auf 1,86 Bill. Yen (13,3 Mrd. Euro) und glichen damit den Rückzug der Ausländer größtenteils aus. Nach einer Kalkulation von UBS entsprach diese Summe aufs Jahr hochgerechnet 3,8% der Marktkapitalisierung zusätzlich zu einer durchschnittlichen Jahresdividende von 2,4%. Der Hintergrund: Anders als früher üben institutionelle Anleger in Japan mehr Druck auf die Unternehmen aus, ihre Eigenkapitalrendite durch Fokussierung auf Kerngeschäfte und Verkauf von Vermögenswerten zu erhöhen. Dafür hatten Börse und Regierung 2015 einen Corporate Governance Kodex und 2014 einen Investors’ Stewardship Kodex eingeführt.

Höhere Volumina

Das Ende der Fahnenstange ist wohl noch nicht erreicht: Laut Daten des Börsenbetreibers Japan Ex­change Group sind die Aktienrückkäufe bis Mitte August auf nun 2,7 Bill. Yen (19,3 Mrd. Euro) 19 Wochen hintereinander angewachsen. Unter anderem verkündeten Honda, Hoya und Denso neue Rückkäufe. NLI Research erwartet für das bis Ende März 2023 laufende Geschäftsjahr, dass die Rückkäufe den bisherigen Jahresrekord von 8 Bill. Yen übertreffen werden. Jefferies-Analyst Shrikant Kale sagt sogar ein Volumen von über 10 Bill. Yen (71,4 Mrd. Euro) vorher.

Mehr Investitionen

Die Unternehmen setzen ihre höheren Gewinne zum einen für die Steigerung ihrer Investitionen um 16% auf ein Rekordniveau und zum anderen zugunsten ihrer Aktionäre ein. Erstmals seit Jahren verfügen die Gesellschaften auch über genügend Marktmacht, um Preiserhöhungen durchzusetzen, was ihre Umsätze und Erträge stützen sollte. Im zweiten Quartal zwischen April und Juni legten die Gewinne um 9% zum Vorjahr zu. Die wiederkehrende Vorsteuergewinnmarge der Unternehmen erreichte laut Stratege John Vail von Nikko AM im Vierquartalsdurchschnitt ein Rekordhoch. Hier wirkte sich wohl auch die schwache Währung aus, die die Gewinne der Exporteure hochtreibt. Der Break-even-Punkt von Unternehmen mit über 1 Mrd. Yen (7,2 Mill. Euro) Eigenkapital sank gemäß Morgan Stanley MUFG auf saisonbereinigte 60,3% und damit den niedrigsten Stand seit 40 Jahren.

Allerdings ist Japan als offener und besonders zyklischer Markt anfällig für eine weltweite Rezession und leidet als Netto-Energieimporteur stark unter den hohen Energiepreisen. Der Ökonom Richard Katz verweist darauf, dass globale Schocks Japan in der Vergangenheit stärker getroffen haben als den Durchschnitt der OECD-Länder. Jedoch will die Bank of Japan entgegen dem westlichen Trend die Zinsen nicht erhöhen und hält ihre Geldschleusen weit offen. Die Inflation liegt unter 3%. Zudem dürfte Japans Wirtschaft von einer Konjunkturerholung seines wichtigsten Handelspartners China profitieren. Die dortige Notenbank verfügt noch über viel Spielraum für Stimuli.

Sanfte Landung

Falls die Weltwirtschaft eine sanfte Landung hinlegen kann, hat Japan nach Meinung von Daniel Hurley, Portfoliospezialist bei T. Rowe Price, das Potenzial, „von einem attraktiven Niveau aus neu bewertet“ zu werden. Währenddessen bezeichnet UBS die Bewertung des Nikkei 225 als „fair“ und erwartet keine großen Ausschläge, solange steigende Firmengewinne den Ausblick nicht aufhellen. UBS bevorzugt Blue Chips, die Aktienrückkäufe tätigen.

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