Volatilität

Anleger müssen mit höherer Volatilität rechnen

Höhere Zinsen werden zur immer größeren Gefahr für die Aktienkurse und verändern die Märkte nachhaltig. Wer in Aktien investiert sein will, muss sich wohl auf höhere Schwankungen einstellen.

Anleger müssen mit höherer Volatilität rechnen

Lange Zeit galten Aktien als alternativlos. Begriffe wie TINA – There is no alternative – beschrieben die Verhältnisse an den Kapitalmärkten. Rentenanlagen galten als unattraktiv. Doch seit die Notenbanken bei der Bekämpfung der Inflation Vollgas geben, ist diese Zeit vorbei. Um 3,0% beziehungsweise 4,5% haben die Europäische Zentralbank und die US-Notenbank Fed ihre Leitzinsen seit dem vergangenen Jahr angehoben. Damit haben sie die Renditen für Staats- und Unternehmensanleihen ebenfalls nach oben getrieben – viele Laufzeiten rentieren auf 15-Jahres-Hochs.

Erstmals seit dem Jahr 2008 liegt die zehnjährige Euro-Swap-Rate über der Dividendenrendite des Euro Stoxx 50. Die Zeiten, in denen Dividenden als der neue Zins galten, sind Vergangenheit. Heute gilt: Dividenden sind eine attraktive Alternative zu Zinsen, eine Ertragskomponente aus einer anderen Assetklasse. Nicht weniger, aber eben auch nicht mehr.

In den Vereinigten Staaten werfen langlaufende Unternehmensanleihen mit Ratings am unteren Ende des Investment-Grade-Bereiches aktuell Renditen von gut 6% p.a. ab. Das sich daraus ergebende Renten-KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) liegt unter dem historischen und auch unter dem zukünftig erwarteten KGV des US-Leitindex S&P 500. Oder anders ausgedrückt: Die Anleihenrendite liegt über der Gewinnrendite des Aktienindex.

Dividenden spielen bei US-Aktien traditionell eine geringere Rolle als bei europäischen. Von daher überrascht es nicht, dass zehnjährige US-Staatsanleihen bereits seit 2021 Zinsen oberhalb der Dividendenrendite abwerfen. Allerdings ist dieser Zinsvorsprung so stark angestiegen, dass er nur noch knapp unterhalb des 15-Jahres-Hochs liegt.

Was lässt sich hieraus für die Börsen ableiten? Werfen wir dafür einen Blick auf vorangegangene Phasen, in denen die Notenbanken mit lockerer Geldpolitik für fallende Zinsen gesorgt haben. Im März 2009, auf dem Aktienkurstief der Finanzkrise, und im März 2020, auf dem Aktienkurstief der Covid-19-Krise, lagen die Renditen für Staatsanleihen signifikant unter der Dividendenrendite. In beiden Fällen war es der Auftakt zu einer großen und langanhaltenden Aktienmarktrally.

Umgekehrt überstiegen die Anleihenrenditen die Dividendenrenditen im April 2010 und im Oktober 2018 deutlich, allerdings weniger stark als aktuell. In beiden Fällen ging es für den S&P 500 im direkten Anschluss um 20% nach unten. Speziell der Weihnachtscrash des Jahres 2018, der so angekündigt wurde, ist unvergessen. Der Vix, der Volatilitätsindex des S&P 500, verdreifachte sich in beiden Fällen.

Diese Zahlen mahnen zur Vorsicht. Das Timing ist jedoch einmal mehr schwierig. Denn vor dem 87er Crash, vor dem Platzen der Dotcom-Blase und auch vor der Finanzkrise überstiegen die Anleihenrenditen die Dividendenrendite noch stärker, als dies aktuell der Fall ist. Es bleibt abzuwarten, wie sehr sich diese Differenz in den kommenden Wochen noch ausweiten kann – sei es durch weiter steigende Zinsen oder durch Aktiengewinne, die die Dividendenrendite senken.

Gefahr für Aktien

Höhere Zinsen werden zur immer größeren Gefahr für die Aktienkurse und verändern die Märkte nachhaltig. Wer in Aktien investiert sein will, muss sich wohl auf höhere Schwankungen einstellen. Umgekehrt bieten für all diejenigen, die geringere Ausschläge vorziehen, Renten wieder auskömmliche Renditen. Es gibt wieder Alternativen zu Aktien. Und das ist nicht weniger als eine Zeitenwende.

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