Kapitalmärkte

Dürre an den Primärmärkten

2022 war für die globalen Primärmärkte ein Jahr der Dürre. Am Anleihemarkt fielen die Emissionsvolumen um 30% auf 6,3 Bill. Dollar, am Aktienprimärmarkt auf 580 Mrd. nach 1,65 Bill. Dollar 2021.

Dürre an den Primärmärkten

ck Frankfurt

Das schwierige Anlagejahr 2022 hat auch an den globalen Primärmärkten deutliche Spuren hinterlassen. Sowohl an den Aktien- als auch an den Anleiheprimärmärkten sind die Emissionsvolumen im Vergleich zu 2021 deutlich gesunken. „Das Zeitalter des billigen Geldes ist beendet“, überschreibt der Datendienstleister Dealogic seinen Rückblick auf den Anleihemarkt. Die weltweiten Emissionsvolumen sind demnach im Vorjahresvergleich um 30% auf 6,3 Bill. Dollar abgesackt.

Emittenten ziehen sich zurück

Emittenten hätten sich 2022 in Scharen von den globalen Anleihemärkten zurückgezogen. Da steigende Zinsen zum Ende des Zeitalters der billigen Schuldenrefinanzierung geführt hätten, hätten sie sich dazu entschieden, die Mittelaufnahme zu reduzieren. Auch die von hoher Inflation und der Aussicht auf eine Rezession im Jahr 2023 ausgelöste höhere Volatilität habe auf den Mittelbeschaffungsentscheidungen gelastet.

Den stärksten Rückgang erlebte Nord- und Südamerika mit einem um 34% auf 2,5 Bill. Dollar geschrumpften Volumen. In der EMEA-Region (Europa, Mittlerer Osten und Afrika) und im asiatisch-pazifischen Raum sanken die Volumen um jeweils 25% auf 2 Bill. und 1,8 Bill. Dollar. Vor allem in den Märkten unterhalb des Investment-Grade-Bereichs ging das Anleiheangebot Dealogic zufolge zurück, gedrückt durch anziehende Finanzierungskosten und begrenzten Refinanzierungsbedarf. Nach 909 Mrd. Dollar 2021 stürzte das Emissionsvolumen im Hochzinssegment auf 227 Mrd. Dollar ab. Das entspricht laut Dealogic weniger als der Hälfte des Durchschnitts der zu­rückliegenden zehn Jahre (577 Mrd. Dollar). Im Investment-Grade-Bereich sank das Volumen von rund 8 Bill. auf rund 6,1 Bill. Dollar.

Der Finanzsektor war mit 2,1 Bill. Dollar und einem Drittel der Transaktionen das aktivste Segment, eine Verschiebung im Vergleich zu 2021, als Emittenten außerhalb des Finanzsektors die Nase vorne hatten. Unter den zehn aktivsten Branchen (ohne staatliche Emittenten) reduzierte vor allem der Öl- und Gassektor mit einem Rückgang um 65% auf 59 Mrd. Dollar seine Emissionen. Erhöhte Rohstoffpreise hätten die Notwendigkeit reduziert, auf Schuldenfinanzierung zurückzugreifen. Stark rückläufig war ferner die Aktivität der Immobilienbranche mit 160 Mrd. nach im Vorjahr 310 Mrd. Dollar. Nachdem sie zuvor die ultraniedrigen Anleihenfinanzierungskosten für die Expansion ihrer Portfolien genutzt hätten, hätten sich die Unternehmen angesichts der gestiegenen Kosten aus der Anleihefinanzierung zurückgezogen.

Flaute auch im ESG-Bereich

Auch der Nachhaltigkeitsbereich (ESG) war von der Flaute betroffen. In dem Segment gingen die Emissionsvolumen um 21% auf 692 Mrd. Dollar zurück. Davon entfielen 278 Mrd. auf den öffentlichen Be­reich (Staaten, halbstaatliche Adressen etc.), 210 Mrd. auf Unternehmen und 191 Mrd. Dollar auf den Finanzsektor. Unternehmen haben im kommenden Jahr den höchsten Refinanzierungsbedarf. Von den fällig werdenden Anleihen von mehr als 5,3 Bill. Dollar entfallen 1,9 Bill. Dollar auf Unternehmen.

„Ein Jahr zum vergessen“, lautet die Überschrift der Rückschau auf den Aktienprimärmarkt. Nach rund 1,65 Bill. Dollar im Vorjahr stürzte das Volumen auf rund 580 Mrd. Dollar ab. Über Börsengänge wurden nur noch rund 172 Mrd. Dollar nach 619 Mrd. Dollar erlöst, die Volumen von Kapitalerhöhungen und Wandelanleihen fielen von 834 Mrd. auf 336 Mrd. Dollar und von 197 Mrd. auf 74 Mrd. Dollar. In allen drei Großregionen gingen die Aktivitäten deutlich zurück. Nord- und Südamerika verzeichneten ein Volumen von 167,5 Mrd. Dollar nach im Vorjahr rund 779 Mrd. Dollar. In der EMEA- und der Asien-Pazifik-Regionen sanken die Volumen von 308 Mrd. auf 113 Mrd. Dollar und von 565 Mrd. auf 285 Mrd. Dollar.

Die größte Transaktion war der Börsengang der südkoreanischen LG Energy Solution, die Mitte Januar 10,7 Mrd. Dollar einspielte. Dahinter folgte auf Platz 2 das IPO der Porsche AG mit 8,7 Mrd. Dollar. Eine Kapitalerhöhung des brasilianischen Versorgers Eletrobras vom Juni war mit 6,8 Mrd. Dollar die drittgrößte Transaktion, gefolgt von einer 6,7 Mrd. Dollar schweren, ebenfalls im Juni durchgeführten Kapitalerhöhung der Contemporary Amperex Technology. Den fünften Platz belegt das IPO des Versorgers DEWA (Vereinigte Arabische Emirate), mit dem 6,1 Mrd. Dollar erlöst wurden.

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