Valerie Schüler

„Es gibt keine grundlegenden Unterschiede“

Die Diskussion um die EU-Regulierung von sozialen Kriterien rückt das Thema Diversity nach vorne. DWS-Fondsmanagerin Valerie Schüler erläutert den Ansatz eines Frauenfonds und die Bedeutung von sozialen Faktoren im Portfoliomanagement.

„Es gibt keine grundlegenden Unterschiede“

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Die Debatte um die EU-Regulierung von sozialen Kriterien im Assetmanagement nimmt immer häufiger Diversity, Frauen und Gleichstellung ins Visier. Anders als bei Umweltthemen wie CO2-Emissionen gilt die Datenlage aber als schwierig. „Leistung von Unternehmen mit Blick auf soziale Faktoren zu messen, ist herausfordernder als in den Bereichen Umwelt und Corporate Governance“, sagt DWS-Fondsmanagerin Valerie Schüler.

Schüler ist zuständig für einen neuen ESG-Fonds des Hauses, der Frauen im Fokus hat. Soziale Themen im Assetmanagement seien mehrdimensional zu betrachten. „Wir unterscheiden hier zwei Ebenen. Zum einen schauen wir auf Produkte und Dienstleistungen, inwieweit diese einen sozialen Nutzen stiften. Die andere Ebene ist die operative Ebene des Unternehmens, also zum Beispiel die Wirkung auf Mitarbeiter, Kunden und die Gesellschaft.“ Wichtig ist der DWS bei sozialen Fragen der Umgang mit Mitarbeitern, der auch im Geschäftsmodell verankert sein müsse. Als Basis für die Bewertung nutzt das Haus spezielle Scores, die Arbeitsbeziehungen, Arbeitsbedingungen, aber auch Weiterbildung und Chancengleichheit abbilden.

Schwer messbar

In dem von der DWS ESG Women for Women genannten Produkt achtet Schüler verstärkt auf Chancengleichheit, Geschlechtergleichheit, Frauen in Führungspositionen, flexible Arbeitsmodelle und Kinderbetreuungsmöglichkeiten. „Man muss aber berücksichtigen, dass es keinen reinen quantitativen Ansatz gibt, weil die sozialen Kriterien relativ schwer messbar sind.“

Die DWS kombiniert soziale Faktoren mit der Fundamentalanalyse und verlässt sich nicht allein auf das S. „Nur weil ein Unternehmen zum Beispiel starke Ambitionen im Bereich Diversity hat, ist die Aktie noch kein Kauf.“ Beim Thema Diversitiy schließt die Fondsmanagerin grundsätzlich keine Aktie aus. Auch nicht, „wenn in einem Unternehmen der komplette Vorstand männlich besetzt ist. Das ist für uns noch kein K.-o.-Kriterium.“ Nur wenn ein Un­ternehmen gar keine sozialen Aspekte und Diversityziele in die Strategie aufnehmen will, fällt es durch das Raster.

Es gehe nicht nur um die Chefetage, sondern um die verschiedenen Ebenen im Unternehmen und um die Entwicklung im Zeitablauf. „Statt einer Frauenquote sollte der Druck eher vom Kapitalmarkt ausgehen“, mit Schüler, die bei der DWS außerdem noch Nebenwerte managt. „Die Einführung einer Quote zu einem bestimmten Stichtag ist nicht hilfreich.“ Heute sind Genderfragen in den meisten Unternehmen präsent. Man sollte Diversity auch nicht nur auf Männer und Frauen reduzieren, denn es gehe um eine breite Spanne, zum Beispiel auch beim Alter und der Herkunft, sagt Schüler.

Mühsame Regulierung

In dem derzeit diskutierten EU-Bericht zu einer sozialen Taxonomie spielen Frauen und Diversity eine wichtige Rolle. Dabei geht es unter anderem um Vorgaben für eine Vielfalt in den Leitungsorganen der Un­ter­nehmen, die Schaffung von Ar­beitsplätzen für Frauen sowie Gleichstellung der Geschlechter. „Die auf der Regulierungsseite gestartete Diskussion ist sehr wertvoll und wichtig“, sagt Schüler. Es zeige sich aber, dass die Operationalisierung der Kriterien und das Setzen von Standards sehr schwierig sei. „Von daher rechne ich damit, dass es noch lange dauert, bis es im sozialen Bereich vergleichbare Standards geben wird, wie wir sie heute bereits im Bereich der Umwelttaxonomie haben“, so die DWS-Managerin.

Lange umstritten war in der Investmentbranche der Einfluss von Vielfalt in Unternehmen auf die Performance. Mittlerweile sind die meisten Beobachter der Ansicht, dass es positive Effekte gibt. „Wir sind davon überzeugt, dass Unternehmen mit einem Fokus auf Diversity bessere Entscheidungen treffen.“ Es gebe Belege dafür, dass breit aufgestellte Teams überlegen sind. „In Studien zeigt sich sogar, dass soziale Faktoren von den drei ESG-Faktoren den stärksten Performancebeitrag liefern.“

Wenig geändert hat sich in den vergangenen zehn Jahren an der Beteiligung von Frauen im Assetmanagement. Studien von Citywire und Morningstar zeigen, dass 8 bis 10% der Fondsmanager Frauen sind. „Klar ist es unser Wunsch, dass der Frauenanteil im Portfoliomanagement steigt. Wenn in einem Team alle in die gleiche Richtung denken, bringt das Nachteile mit sich“, so Schüler. Es gehe aber weniger darum, ob ein Mann oder eine Frau einen Fonds managt, sondern darum, dass man in einem gemischten Team arbeite.

Das bestätigt auch eine Untersuchung von Goldman Sachs bei 500 US-Aktienfonds. Demnach sind gemischte Managementteams überlegen. „Aus meiner Sicht gibt es keine grundlegenden Unterschiede, was die Fähigkeiten von Männern und Frauen im Fondsmanagement angeht“, sagt die studierte Betriebswirtin, die nach der Ausbildung 2007 direkt bei der DWS angefangen hat. „Jeder hat seine Stärken und Schwächen und man sollte Leistung nicht auf das Geschlecht reduzieren.“

Frauen als Investoren

Die Fondsgesellschaft der Deutschen Bank will aber nicht nur mehr Frauen als Managerinnen gewinnen, sondern auch mehr Frauen als Investorinnen. Das Haus stellt fest, dass 80% der Frauen sparen, aber nur jede achte Frau am Aktienmarkt aktiv sei. „Man sieht, dass Frauen Risiken bei der Geldanlage eher vermeiden“, sagt Schüler. Sie bräuchten zudem länger, um Vertrauen in die Produkte aufzubauen. Das liege auch an der mangelhaften Finanzbildung in der Schule. Mit dem neuen Fonds habe man ein Produkt auf den Markt gebracht, das darauf abzielt, „Frauen direkter anzusprechen, weil es nur von Frauen gemanagt wird.“

Dass man für den Frauenfonds ein reines Frauenmanagementteam gewählt habe, sei kein Nachteil in Sachen Diversity. „Wir integrieren die gesamte Expertise der DWS-Aktienplattform, die auf den Einschätzungen unserer weiblichen und männlichen Kollegen basiert“, sagt die Fondsmanagerin.

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