Anlageausblick

Metzler gibt Aktien den Vorzug

Das Bankhaus Metzler glaubt, dass Aktien langfristig ein höheres Wertaufholpotenzial haben als Anleihen. In kurzfristiger Sicht ist das Institut bezüglich Dividendenpapieren noch vorsichtig.

Metzler gibt Aktien den Vorzug

ck Frankfurt

„Die Weltwirtschaft ist im Umbruch: Langfristige Trends am Arbeitsmarkt, bei der Globalisierung und der Inflation kehren sich um – exogene Schocks wie die Corona-Pandemie oder der Ukraine-Krieg wirken dabei verstärkend.“ Das sagte Emmerich Müller, für das Geschäftsfeld Private Banking verantwortlicher Vorstand des Bankhauses Metzler, am Donnerstag anlässlich der Veröffentlichung der Investment-Strategie 2023 des Institutes. Angesichts dieser Entwicklungen und der drohenden Rezession der Weltwirtschaft sei es kaum überraschend, dass auch die internationalen Börsen in diesem Jahr heftige Kursrückgänge verzeichnen.

Hohe Inflation ein Schock

„Es könnte sein, dass es einen Strukturbruch gibt“, sagte Carolin Schulze Palstring, Leiterin Kapitalmarktanalyse bei Metzler Private Banking. In den vergangenen 40 Jahren seien die US-Konjunkturaufschwünge durchschnittlich 8,6 Jahre lang gewesen, die Wachstumsraten dabei gering. Dafür stehe der Begriff „The Great Moderation“, die große Verlangsamung. Diese Phase sei nicht normal gewesen. Vor 1980 sei das Wachstum dynamischer gewesen. Der aktuelle sehr dynamische Aufschwung, der vor mehr als zwei Jahren begonnen habe, werde sich als ein sehr kurzer Aufschwung erweisen. Seit Mitte der 80er Jahre bis kurz vor der Pandemie sei die Inflation immer niedriger geworden, was es den Zentralbanken ermöglicht habe, die Leitzinsen immer weiter zu senken. Dass die Notenbanken immer zu Hilfe gekommen seien, wenn es Probleme gegeben habe, sei nicht selbstverständlich, sondern der niedrigen Inflation zu verdanken. Die hohe Inflation sei für die Marktteilnehmer nun ein Schock.

Palstring geht zwar von einem Rückgang der Inflationsraten aus. Sie verwies aber auf strukturelle Veränderungen, die ihrer Einschätzung nach dazu beitragen werden, dass die Inflation höher sein wird als vor der Pandemie, darunter die demografische Entwicklung. Die geburtenstarken Jahrgänge des Babybooms seien um 1980, in etwa zeitgleich mit dem Beginn der „Great Moderation“, in den Arbeitsmarkt eingetreten, das Reallohnwachstum in den USA sei vor 1980 einen ganzen Prozentpunkt höher gewesen als nach 1980. Im Umkehrschluss bedeute das, dass der dämpfende Effekt auf die Löhne schwinde, wenn die Babyboomer in Rente gehen. „Die Demografie dürfte in der Zukunft über ein höheres Lohnwachstum preistreibend wirken.“ Palstring verweis ferner auf die Deglobalisierung, darunter die Restrukturierung der Lieferketten, sowie auf die Dekarbonisierung als inflationär wirkende Umbrüche.

Palstring zufolge wird es für die Zentralbanken zunehmend schwierig, eine expansive Geldpolitik zu fahren. Die Regierungen würden eine stärkere Rolle spielen, aber in Zeiten steigender Zinsen sei der Fiskalspielraum begrenzt. Es werde schwieriger, glättend einzugreifen. Die Konjunkturzyklen würden volatiler. „Wir gehen davon aus, dass wir das Umfeld der ,Great Moderation‘ verlassen werden.“

Potenzial für Anleihen gering

In langfristiger Sicht sieht Metzler in diesem Umfeld Aktien gegenüber Anleihen im Vorteil. Sofern die Inflation nicht außer Kontrolle geraten sei, hätten Aktien in der Vergangenheit auch bei höheren Teuerungsraten real an Wert gewonnen, so Michael Mayer, Kapitalmarktanalyst des Instituts. Bei Inflationsraten zwischen 3 und 5% habe die jährliche Wertentwicklung bei nahezu 6% gelegen, was nicht schlecht sei. „Sollte die Inflation in den kommenden Quartalen sinken, bekommen Aktien wieder Wertaufholpotenzial. Allerdings dürften es hoch bewertete und spekulative Aktien bei den gestiegenen Inflationsraten und Zinsen schwer haben.“ Anleihen haben Mayer zufolge angesichts der hohen Inflation ein sehr geringes Wertaufholpotenzial. Der Realzins liege durch die explodierende Inflation auf einem rekordniedrigen Niveau von minus 8%, was die Misere am Anleihemarkt bzw. für nominale Werte zeige.

Unabhängig von der langfristigen Bevorzugung von Aktien ist Metzler aus taktischer bzw. aus kurzfristiger Sicht für Dividendenpapiere noch vorsichtig, wie Frank Endres, Leiter Portfoliomanagement von Metzler, erläuterte. Die Aktienmärkte hätten sich deutlich erholt. Es stelle sich jedoch die Frage, was die Grundlage sei. Treiber der Erholung sei ein ex­tremer Pessimismus und die Hoffnung, dass die Leitzinsen langsamer steigen. Zudem hätten die Bewertungen stark korrigiert. Allerdings basierten diese auf den aktuellen Gewinnschätzungen. Angesichts steigender Kosten, hoher Inflation und einer bevorstehenden Rezession müsse noch ein bevorstehender Rückgang berücksichtigt werden.

In dem bevorstehenden volatileren Umfeld wird Endres zufolge aktives Management wichtiger werden. Zudem werde es bei der Aktienselektion auf hohe Qualität ankommen, neben der Bilanz und der Profitabilität sei auf Wettbewerbsfähigkeit und Preissetzungsmacht zu achten, zudem auf vernünftige Bewertungen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.