Rohstoffe

Ölpreise setzen Rally ungebremst fort

Die Internationale Energieagentur will die Ölpreis-Rally durch die Freigabe staatlicher Reserven bremsen. Doch die Maßnahme verpufft angesichts der Sorge vor russischen Lieferstopps wirkungslos.

Ölpreise setzen Rally ungebremst fort

xaw Frankfurt

– Angesichts der Furcht vor Versorgungsunterbrechungen sind die Ölpreise am Dienstag auf den höchsten Stand seit 2014 geklettert. Die Brent-Notierung stieg bis zum Abend um 9% auf 106,74 Dollar pro Barrel. US-Leichtöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) wurde zeitweise zu 105,74 Dollar und damit 10,5% über dem Vortagsniveau gehandelt.

Diskussionen über weitere Sanktionen der Europäischen Union ge­gen Russland, darunter ein möglicher Ausschluss sieben russischer Banken aus dem globalen Kommunikationssystem Swift, nährten die Sorgen vor Lieferstopps aus Russland und einer resultierenden Angebotsknappheit am Ölmarkt. Die Internationale Energieagentur (IEA) reagiert darauf mit der Freigabe von 60 Mill. Barrel Öl aus staatlichen Reserven. Allein die USA wollen davon 30 Mill. Barrel stemmen.

Der Effekt der Ankündigung verpuffte zunächst aber weitgehend. Eine Freigabe staatlicher Ölreserven ist unter Marktstrategen grundsätzlich umstritten. Denn eine solche Maßnahme könne eine Unterversorgung nur kurzfristig lindern – im aktuellen Beispiel ließe sich ein Wegfall des russischen Angebots durch die freigegebenen Mengen nur sechs Tage lang ausgleichen. Unterdessen entstehe bei den Investoren durch das Anzapfen staatlicher Reserven der Eindruck, dass die Situation noch prekärer sei als angenommen. Tatsächlich hat die IEA in ihrer Historie zuvor erst dreimal zu einem solchen Schritt gegriffen, unter anderem während des Zweiten Golfkriegs.

Hinzu kommt in der aktuellen Situation, dass die Opec plus ihre Förderung trotz der aktuellen Ölpreisrally weiterhin nur schrittweise ausbauen will. Das erweiterte Ölkartell kommt am Mittwoch zusammen, um die Produktionspläne für April zu erörtern.

Unterdessen haben mehrere In­vestmentbanken ihre Prognosen für den Ölpreis angehoben. Morgan Stanley rechnet im Basisszenario nun damit, dass Brent zum Ende des zweiten Quartals bei 110 Dollar pro Barrel notieren wird, im bullishen Fall halten die Analysten sogar 125 Dollar für möglich. Zuvor waren sie von einem Preis von 100 Dollar ausgegangen. Indes seien durch eine Rückkehr iranischen Öls an den Weltmarkt ab Mitte des Jahres Rücksetzer möglich. Teheran und die USA verhandeln über eine Wiederaufnahme des internationalen Atomabkommens – kommt es zu einer Einigung, könnten Sanktionen gegen die Islamische Republik fallen. Laut Morgan Stanley besteht diesbezüglich aber noch große Unsicherheit.