Automobilanleihen

Spin-off macht Bonds von Daimler attraktiver

Bei den Anleihespreads war die Autobranche seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie den größten Turbulenzen ausgesetzt. Bereits Ende März 2020 wurden die Höchststände verzeichnet mit einer Ausweitung des Asset Swaps (ASW) des iBoxx Autos auf...

Spin-off macht Bonds von Daimler attraktiver

Von Frank Biller*)

Bei den Anleihespreads war die Autobranche seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie den größten Turbulenzen ausgesetzt. Bereits Ende März 2020 wurden die Höchststände verzeichnet mit einer Ausweitung des Asset Swaps (ASW) des iBoxx Autos auf 320Basispunkte, was einer Differenz zum iBoxx Non Financials von 132 BP entspricht. Ein Jahr nach dem Ausbruch der Pandemie liegen die Spreads wieder auf Vorkrisenniveau. Seit Jahresbeginn fiel der ASW des iBoxx Autos auf 86 BP und damit stärker als der Gesamtmarkt. Der iBoxx Non Financials engte sich im Vergleich hierzu nur um 6BP auf 65 BP ein. Die Differenz der beiden Indizes liegt damit nur noch bei 21 BP, dem niedrigsten Stand seit Juni 2018.

Obgleich die Risiken aus der Branchentransformation hin zum elektrischen und voll vernetzten Fahrzeug weiter bestehen und auch Einschränkungen durch Covid-19 oder die Knappheit an Halbleiterbauteilen zu befürchten ist, hat sich das Chance-Risiko-Verhältnis für po­tenzielle Bondinvestoren deutlich verbessert. Dies ist auch abzulesen am Credit Default Swap (CDS), der als Gradmesser für das aktuelle Marktrisiko dient. Bei BMW, Daimler und Volkswagen stieg dieser mit Laufzeit fünf Jahre in der Spitze auf 170 BP, 224 BP bzw. 268 BP und liegt nun mit 50 BP, 60 BP bzw. 75 BP wieder auf dem Niveau von Anfang Februar 2020.

Neben den optimistischen Aussagen zum laufenden Geschäftsjahr dürfte der Grund für die Spreadeinengung in den guten Zahlen für das Geschäftsjahr 2020 liegen. Da sich das Geschäft der Automobilhersteller im vierten Quartal deutlich besser als ursprünglich geplant entwickelt hat, konnten die Jahresziele übertroffen werden. Dies gilt sowohl für das Ergebnis als auch für den Free Cash-flow. So stiegen die freien Cash-flows des Automobilgeschäftes von BMW, Daimler und Volkswagen im Geschäftsjahr 2020 kumuliert auf rund 18 Mrd. Euro gegenüber 15 Mrd. Euro im Vorjahr. Durch die hohen Mittelzuflüsse wuchs die Nettoliquidität zum Jahresende um gut 13 Mrd. Euro auf rund 63 Mrd. Euro.

Kreditqualität steigt

Auch der Start ins neue Jahr sieht für die Branche gut aus. Nach einem deutlichen Rückgang um 14% im Vorjahr wuchs der weltweite Automobilabsatz in den ersten beiden Monaten des laufenden Jahres laut Datenanbieter LMC Automotive um 6,8% auf rund 12,4 Millionen Fahr-zeuge. Damit bestätigten sich die Aussagen der Hersteller, welche im Rahmen ihrer Jahresberichterstattung von einer fortgesetzten Dynamik aus dem vierten Quartal berichteten. Aktuelle Einschränkungen durch geschlossene Händlerräume oder niedrigere Fahrleistungen angesichts hoher Homeoffice-Quoten scheinen die Automobilindustrie damit wenig zu belasten.

Mit der Bekanntgabe des Plans, die Nutzfahrzeugaktivitäten abzuspalten und noch in diesem Jahr in einer eigenen Gesellschaft an die Börse zu bringen, stellte sich Daimler Anfang Februar in den Fokus der Kapitalanleger. Die Aktie verteuerte sich in der Spitze um fast 10%. Wir sehen aber auch für Bondinvestoren positive Effekte aus dem geplanten Spin-off, obgleich sich diese noch nicht in einer weiteren Spreadeinengung gezeigt haben. Nutzfahrzeuge besitzen aufgrund der konjunkturellen Abhängigkeit von Transportleistungen eine hohe Zyklizität, während sich Pkw und vor allem Premiumfahrzeuge auch in Krisenzeiten deutlich stabiler entwickeln. Damit besteht für die Daimler AG nach Abspaltung des Nutzfahrzeuggeschäftes die Chance auf eine Verbesserung des Risikoprofils sowie eine bessere Ratingeinstufung.

Während die Grundsatzentscheidung für eine Aufteilung des Daimler-Konzerns in die Pkw- und Lkw-Aktivitäten bereits getroffen ist, stehen Details vor allem hinsichtlich der Kapitalausstattung der neuen Unternehmen noch aus. Sowohl für die Daimler AG, welche später in Mercedes-Benz AG umbenannt werden soll, als auch für die Daimler Truck AG wird ein eigenes Rating im soliden Investment Grade angestrebt. Die Ratings bilden die Basis für den späteren Kapitalmarktzugang für die jeweiligen Investitionsbedarfe der einzelnen Unternehmen.

Aktuell liegt das Rating von Daimler bei Moody’s mit „A3“ gleichauf mit Volkswagen, jedoch unterhalb von BMW, die mit „A2“ eingestuft werden. Da die Nettoliquidität des Industriegeschäftes von Daimler mit 17,9 Mrd. Euro in einer ähnlichen Größenordnung wie bei BMW (18,5 Mrd. Euro) liegt und das Ebit 2020 mit 6,6 Mrd. Euro sogar höher als bei BMW (4,8 Mrd. Euro) lag, halten wir eine Ratingverbesserung von Daimler nach der Abtrennung der Nutzfahrzeugaktivitäten für gut vorstellbar, zumal allein bei Mercedes-Benz Cars & Vans ein Ebit von 5,2 Mrd. Euro erzielt wurde. Bayerische

Volvo als Benchmark

Bei der Einstufung von Daimler Truck halten wir einen Vergleich mit Volvo für angemessen. So liegt das Rating von Volvo bei Moody’s mit „A3“ in der gleichen Ratingkategorie wie Daimler, wobei Moody’s für Daimler einen negativen und für Volvo einen stabilen Ausblick gibt. Im Geschäftsjahr 2020 lag die operative Marge von Volvo Trucks (inklusive Busse) bei 7,4% bei einem Umsatz von rund 23 Mrd. Euro und die von Daimler Trucks & Buses bei 1,5% bei einem Umsatz von rund 35 Mrd. Euro. Für 2021 strebt Daimler Trucks & Buses eine deutliche Margenverbesserung auf 6 bis 7% an. Die Bruttoverschuldung von Daimler lag zum Geschäftsjahresende bei rund 146 Mrd. Euro und damit leicht unter dem Volumen des Finanzierungs- und Leasingportfolios von rund 150 Mrd. Euro. Dabei entfielen etwa 20% bzw. rund 30 Mrd. Euro auf die Nutzfahrzeugaktivitäten. Ohne das Finanzdienstleistungsgeschäft wies Daimler eine Industrie-Bruttoverschuldung von rund 9 Mrd. Euro aus. Gleichzeitig lag die Nettoliquidität des Industriegeschäftes bei fast 18 Mrd. Euro. Damit dürfte die Daimler Truck AG unseres Erachtens kaum eine Industrieverschuldung zu tragen haben. Gleichzeitig erwarten wir im Gleichlauf mit dem Übergang des Finanzierungsportfolios von der Daimler AG schrittweise Refinanzierungsbedarfe bei der Daimler Truck AG.

Für die Finanzierung nutzt Daimler regelmäßig den Euro-Bondmarkt. Aktuell stehen 187 Bonds mit einem Gesamtvolumen von rund 75 Mrd. Euro und einer durchschnittlichen Laufzeit von 3,8 Jahren aus. Seit Jahresbeginn emittierte Daimler neue Bonds in einem Volumen von rund 1,8 Mrd. Euro, wobei 1 Mrd. Euro auf einen Green Bond entfiel. Dieser notiert derzeit mit einem Spread von 64 BP rund 10 BP unter den konventionellen Bonds mit vergleichbarer Laufzeit. 2021 und 2022 stehen Fälligkeiten von rund 12 Mrd. Euro bzw. rund 14 Mrd. Euro an. Für den weiteren Jahresverlauf erwarten wir aufgrund der hohen Nettoliquidität von Daimler, die laut Unternehmensaussage teilweise zurückgeführt werden soll, kaum größere Neuemissionen. Der Fokus der Anleger sollte sich daher vor allem auf bereits notierte Bonds konzentrieren. Mit der Abspaltung des stark zyklischen Nutzfahrzeuggeschäftes werden diese unseres Erachtens risikoärmer.

*) Frank Biller ist Senior Analyst für Automotive Research der Landesbank Baden-Württemberg.