M&A

Verordnung über Subventionen aus Drittstaaten schafft M&A-Hindernisse

Die EU schafft mit der Verordnung über Subventionen aus Drittstaaten hohe bürokratische Hürden für M&A-Transaktionen. Der Entwurf einer Durchführungsverordnung enthüllt, was auf die Praxis zukommt.

Verordnung über Subventionen aus Drittstaaten schafft M&A-Hindernisse

Von Ulrich Soltész*)

Die neue EU-Drittstaatensubventionsverordnung (DSVO) wird erhebliche Auswirkungen auf die M&A-Praxis haben. Der jetzt veröffentlichte Entwurf der Durchführungsverordnung zeigt, dass sich Kosten und Aufwand bei Transaktionen signifikant erhöhen.

Nach der neuen DSVO kann die EU-Kommission künftig Subventionen überprüfen, die Drittstaaten an ihre nationalen Champions gewähren. Damit will man eine Regelungslücke schließen. Denn bisher gelten die strengen EU-Beihilfevorschriften nur für die EU-Mitgliedstaaten. Drittstaaten konnten hingegen ihre Player grenzenlos unterstützen, auch wenn diese in der EU tätig sind.

Das ändert sich jetzt. Wenn Unternehmen erhebliche Zuwendungen von Drittstaaten – also mehr als 50 Mill. Euro über drei Jahre – bekommen, müssen sie Akquisitionen von Targets mit über 500 Mill. Euro EU-Umsatz von der Kommission genehmigen lassen. Diese Pflicht tritt zur „normalen“ Fusionskontrolle hinzu. Eine Verletzung der Anmeldepflicht („gun jumping“) kann mit hohen Bußen geahndet werden. Obwohl die Zielrichtung der DSVO auf Drittstaaten liegt, werden auch EU-Unternehmen hiervon betroffen sein.

Auch wenn das Grundanliegen vernünftig ist und es auch die EU-Industrie begrüßt, wird es zu viel Bürokratie­ führen. Anfang Februar hat die EU-Kommission den Entwurf einer Durchführungsverordnung zur DSVO veröffentlicht. Die Stakeholder können hierzu bis 6. März Stellung nehmen. Der Entwurf gibt einen Vorgeschmack, was auf die Transaktionspraxis zukommt.

Das neue System wird zu einer sehr lästigen Bürde bei M&A-Deals. Bei den Anmeldeformalitäten hat sich die Kommission stark vom (berüchtigten) Formblatt CO inspirieren lassen, das in der EU-Fusionskontrolle Anwendung findet.

Grundsätzlich müssen die Unternehmen alle finanziellen Zuwendungen von Drittstaaten in den letzten drei Jahren offenlegen. Dies ist eine Herkulesaufgabe. Denn der Begriff der „finanziellen Zuwendungen“ ist extrem weit gefasst. Er umfasst viele Maßnahmen, die mangels Begünstigungscharakter letztlich gar nicht als „Subventionen“ gelten. Das Formular enthält detaillierte Fragen zu Empfänger, Beihilfegeber, Art, Betrag, Vergabe, Bedingungen, Zweck, betroffenem Sektor und vieles mehr.

Zwar soll es gewisse Ausnahmen von der Meldepflicht geben. Dies ist jedoch nur begrenzt hilfreich, denn es entbindet die Parteien nur von der Auflistung einzelner kleinerer Beträge, nicht aber von der aufwendigen Detailprüfung, ob eine Anmeldepflicht besteht.

Der Informationshunger der Kommission ist kaum zu stillen. Die Parteien müssen Unmengen von Unterlagen und Daten vorlegen: Trans­aktionsdokumente, rechtliche und wirtschaftliche Details, Finanzdaten, Umsatzzahlen in allen Variationen, Kontaktdaten anderer Akteure, Analysen, Berichte, Studien, Erhebungen, Präsentationen, Jahresabschlüsse, Berichte und vieles mehr. Sind diese Unterlagen nicht in einer EU-Amtssprache abgefasst, müssen sie übersetzt werden. Die Parteien können eine Befreiung von der Vorlage bestimmter Informationen beantragen („Waiver“). Dies bewirkt aber allenfalls eine punktuelle Entlastung.

Zudem fordert die Kommission die Parteien zu „Pränotifizierungsgesprächen“ auf der Grundlage von Anmeldungsentwürfen auf. Es ist zu erwarten, dass dies – wie in der Fusionskontrolle – zur De-facto-Regel wird. Solche Kontakte werden immer eine zusätzliche Zeit von mindestens einigen Monaten in An­spruch nehmen, die zum Zeitplan addiert werden muss.

Etwas stiefmütterlich werden im Formblatt die „möglichen positiven Auswirkungen“ abgehandelt, die für eine Positiventscheidung sprechen. Der extrem kurze Abschnitt gibt aber kein einziges konkretes Beispiel dafür, welche Effekte berücksichtigt werden können. Man meint wohl, dass dies der Fantasie der Parteien überlassen bleibt und die Beweislast allein bei ihnen liegt.

Leider äußert sich der Entwurf auch nicht dazu, wie sich die DSVO zu den zahlreichen Abkommen mit Nicht-EU-Staaten verhält. Es hätte nahegelegen, eine „weiße Liste“ aufzustellen, die die Anwendung der DSVO ausschließt, wenn mit dem Drittstaat ein umfassendes Freihandelsabkommen besteht.

Der neue Entwurf bestätigt, was viele Beobachter bereits erwartet hatten: Das neue System wird die Transaktionskosten in der grenzüberschreitenden M&A-Praxis in die Höhe treiben. Unternehmen sollten sich intensiv vorbereiten und hierzu ein konzernweites Monitoring-System zu (Dritt-)Staatshilfen einrichten.

Bei künftigen Deals müssen die Unternehmenskaufverträge die DSVO-Freigabe als „condition pre­cedent“ berücksichtigen. Die Timeline muss genügend Puffer vorsehen, um ein mehrmonatiges DSVO-Prüfverfahren einschließlich Präno­tifizierungsphase unterzubringen. Schließlich sollten die Parteien in Fällen, bei denen höhere Zuwendungen geflossen sind, bereits vorab eine Verteidigungslinie konzipieren.

*) Dr. Ulrich Soltész ist Partner bei Gleiss Lutz in Brüssel.

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