Deirdre Cooper

„Wir müssen über den Fleischkonsum nachdenken“

Der Ninety One Global Environment Fund hat sich der Dekarbonisierung verschrieben. Managerin Deirdre Cooper sucht unter anderem nach Unternehmen, die fleischfreie Konsumprodukte herstellen.

„Wir müssen über den Fleischkonsum nachdenken“

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Die Teilnehmer der UN-Klimakonferenz haben die Rolle der Finanzwirtschaft besonders thematisiert. Zu den Fonds, die sich dem Thema Dekarbonisierung bei Unternehmen als Anlagestrategie verschrieben haben, zählt der Ninety One Global Environment Fund. Fondsmanagerin für das Produkt ist Deirdre Cooper, die seit 2018 bei Ninety One arbeitet und aus ihrer Zeit bei Ecofin und Morgan Stanley einschlägige Erfahrungen mitgebracht hat.

Insgesamt managt der Vermögensverwalter Ninety One mit Börsennotierung in London und Johannesburg ein Volumen von rund 162 Mrd. Euro. Der vor drei Jahren lancierte Fonds hat mittlerweile über 2 Mrd. Dollar eingesammelt. „Die Strategie dreht sich darum, was in der globalen Wirtschaft und in den Unternehmen passieren muss, um die Treibhausgasemissionen in Richtung Netto-Null zu bringen“, sagt Cooper und gibt zu bedenken, dass der Output der Unternehmen auf eine globale Erwärmung von mehr als 3 Grad zusteuert – und nicht von 1,5 Grad, wie im Abkommen von Paris festgeschrieben. Für die Fondslenkerin geht es darum, Firmen zu identifizieren, die sich auf dem Pfad der Dekarbonisierung befinden beziehungsweise das Thema mit ihrer Tätigkeit voranbringen.

Weltweit ist das Universum für den Fonds mit 1200 Unternehmen ausreichend groß. „Wir verfolgen allerdings eine sehr konzentrierte Strategie und investieren nur in 25 Aktien. Gerade im Bereich der Dekarbonisierung bietet sich eine aktive Strategie mit einem hohen Tracking Error an. Die Chancen von einzelnen Unternehmen sind sehr hoch“, führt Cooper aus.

Reife und unreife Branchen

Bei einer am CO2-Fußabdruck orientierten Anlagestrategie fallen einige Branchen durch das Raster. „Einer der reifen Sektoren mit starkem Fokus auf die Klimathematik ist die Elektrizitätsversorgung. Hier gibt es fortschrittliche Unternehmen mit einem breiten Angebot an Produkten und Dienstleistungen.“ Nachhaltigkeit bedeute im Portfoliomanagement, einen Blick für Themen wie Energienetze, Speicherung von Energie bis hin zum Wasserstoff zu haben; wichtig sei auch das Thema Energieeffizienz. Eines der Top-Unternehmen im Fonds ist die S&P-500-Firma Nextera Energy, die der weltgrößte Erzeuger von Solar- und Windkraftenergie ist.

Etliche Branchen haben es naturgemäß schwer beim Thema Dekarbonisierung. Sicherlich gebe es erste Entwicklungen im Bereich „grüner Stahl“, aber diesbezüglich blieben viele offene Fragen. Komplex sei auch die Thematik bei der Luftfahrt, denn die Entwicklung alternativer Treibstoffe sei extrem schwierig.

Bei ihrem Besuch in Deutschland war Cooper auch bei Siemens, einem ihrer Favoriten. „Attraktiv ist die Halbleiterbranche. Elektroautos brauchen fünf- bis zehnmal so viele Halbleiter im Vergleich zu konventionellen Verbrennern.“ Das zeige das Potenzial der E-Mobilität für den Bereich Technologie allgemein und speziell für Halbleiter. „Halbleiter wurden im Zusammenhang mit dem Thema Dekarbonisierung bisher völlig unterschätzt.“

Eine größere Herausforderung als in der Technologiebranche sei das Investment im Bereich der Nahrungsmittelhersteller. „Wir müssen in erster Linie über den Fleischkonsum nachdenken. Man wird das Ziel der Emissionsreduktion kaum erreichen, wenn die Bevölkerung weltweit in gleichem Umfang Fleisch isst wie bisher. Da ein Verbot politisch nicht durchsetzbar ist, wird man viel mehr Alternativen schaffen müssen.“ Cooper sucht Unternehmen, die in diesem Bereich führend sind und entweder Konsumprodukte oder Zulieferprodukte produzieren könnten.

Taxonomie unterstützt

Wie andere Klimaexperten in der Fondsbranche zeigt sich Cooper der Regulierung gegenüber aufgeschlossen. „Wir unterstützen mit großer Überzeugung die Ziele der Taxonomie.“ Allerdings mache Regulierung ihre Arbeit schwieriger, da es neue Hürden für Investments in Schwellenländern gebe. „Dort bestehen die Voraussetzungen etwa hinsichtlich Transparenz oft nicht. Als Investoren leisten wir oft Aufklärungs- und Entwicklungsarbeit, damit die Firmen die entsprechenden Regularien und Reportings einführen.“ An den Schwellenländern zeige sich, dass es einen sehr starken Zusammenhang zwischen Wachstum und Treibhausgasemissionen gebe, mit einer Korrelation von 90%. „Das gilt es zu brechen.“ Unabhängig davon findet Cooper in den Emerging Markets viele attraktive Kandidaten für das Portfolio. Daher sei der Schwellenländer-Anteil im Fonds deutlich höher als bei anderen Produkten.

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